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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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auszuschließen ist es nicht. Wenn eine weiße Jury auch nur den leisesten Verdacht hegt, dass Seth mehr von seiner Haushälterin bekommen hat als warmes Essen und gestärkte Hemden, dann werden sie sich ganz schnell gegen Miss Lettie wenden.«
    »Aber sie können schlecht das Sexualleben eines Toten zerpflücken.«
    »Nein, aber Letties. Sie können vermuten, unterstellen, über treiben und sich in Zweideutigkeiten ergehen. Sobald sie den Zeugenstand betritt, und das wird sie tun müssen, ist sie Freiwild.«
    »Sie muss aussagen.«
    »Natürlich. Aber der Hammer ist: Was in diesem Gericht gesagt wird oder wer es sagt, spielt überhaupt keine Rolle. Solange Booker Sistrunk sich vor der Jury aufspielt und seinen schwarzen Hintern schwingt, stehen deine Chancen bei null.«
    »Könnte sein, dass mir das sogar egal ist.«
    »Das darf dir nicht egal sein. Es ist dein Job. Es ist ein großes Verfahren. Und es geht um ein fettes Honorar. Du wirst jetzt nach Stunden bezahlt, das ist eine Seltenheit in unserer Welt, Jake. Wenn diese Geschichte vor Gericht geht und dann in die Revision und so weiter, dann machst du binnen der nächsten drei Jahre eine halbe Million Dollar. Wie viele Fälle von Trunken heit am Steuer müsstest du dafür übernehmen?«
    »An das Honorar habe ich noch gar nicht gedacht.«
    »Jeder andere Hungerleider in dieser Stadt sehr wohl. Es wird großzügig ausfallen. Ein Segen für einen Arme-Leute-Anwalt wie dich. Aber du musst gewinnen, Jake. Und um zu gewinnen, musst du Sistrunk loswerden.«
    »Wie denn?«
    »Ich werde mir was überlegen. Gib mir ein bisschen Zeit. Das verdammte Foto in der Zeitung hat schon einen gewissen Schaden angerichtet, und garantiert wird Dumas nach der nächsten Anhörung den gleichen Ton anschlagen. Wir müssen so schnell wie möglich dafür sorgen, dass Sistrunk entlassen wird.«
    Jake war nicht entgangen, dass Harry Rex »wir« gesagt hatte. Es gab keinen loyaleren Kollegen, niemanden, den er lieber neben sich im Schützengraben gehabt hätte. Außerdem kannte er keinen Juristen, der verschlagener und raffinierter war als Harry Rex. »Gib mir ein oder zwei Tage«, sagte Harry Rex im Aufstehen. »Jetzt brauche ich erst einmal ein Bier.«
    Eine Stunde später, Jake saß immer noch an seinem Schreibtisch, nahm die Sache mit Sistrunk an Brisanz zu. »Da ist ein Anwalt namens Rufus Buckley am Telefon«, kündigte Roxy durch die Sprechanlage an.
    Jake atmete tief durch und sagte: »Okay.« Er fixierte das Blinklicht und zermarterte sich das Hirn, was der Grund für Buckleys Anruf sein mochte. Sie hatten sich seit dem Prozess um Carl Lee Hailey nicht gesprochen, und es wäre beiden recht gewesen, wenn sie sich nie wieder gesehen hätten. Als Buckley ein Jahr zuvor erneut zur Wahl zum Bezirksstaatsanwalt angetreten war, hatte Jake dessen Gegner unterstützt, ebenso wie die meisten anderen Anwälte im zweiundzwanzigsten Gerichtsbezirk. In seiner zwölf Jahre währenden Amtszeit war es Buckley gelungen, praktisch jeden Anwalt in den fünf Countys des Bezirks zu verprellen. Die Rache war süß gewesen. Jetzt saß der früher ebenso ehrgeizige wie knallharte Bezirksstaatsanwalt, der sich schon in der Hauptstadt des Staates gewähnt hatte, eine Autostunde entfernt von Clanton in Smithfield fest, wo er in der Main Street eine kleine Kanzlei führte und Gerüchten zufolge von Testamenten, Urkunden und einvernehmlichen Scheidungen lebte.
    »Hallo, Gouverneur«, grüßte Jake bewusst unverschämt. In den vergangenen drei Jahren hatte sich seine Haltung dem Mann gegenüber nicht im Mindesten geändert.
    »Hallo, Jake«, entgegnete Buckley höflich. »Ich hatte gehofft, wir kämen ohne Beleidigungen aus.«
    »Tut mir leid, Rufus, war nicht so gemeint.« Was natürlich nicht stimmte. Es war noch gar nicht lange her, da hatten ihn viele tatsächlich mit »Gouverneur« angesprochen. »Was treiben Sie so in letzter Zeit?«
    »Ich habe immer noch meine Kanzlei, lasse es aber locker angehen mit der Juristerei. In letzter Zeit mache ich vor allem in Öl und Gas.«
    Na klar. Buckley hatte den überwiegenden Teil seines Erwachsenenlebens damit verbracht, seine Mitmenschen davon zu überzeugen, dass die Familie seiner Frau mit Gasrechten ein Mordsvermögen angehäuft hatte. Was nicht stimmte. Die Buckleys lebten weitaus bescheidener, als sie nach außen hin taten.
    »Wie schön. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe gerade mit einem Kollegen aus Memphis namens Booker Sistrunk gesprochen. Ich glaube,

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