Die Erbin
Witzbold aus Memphis, der natürlich in Mississippi nicht zugelassen ist und uns nur im Weg sein wird. Er kann wirklich überhaupt nichts beitragen, außer mich auf die Palme zu bringen. Können Sie nicht mit Herschel reden, dass seine Schwester und er sowieso in einem Boot sitzen und ich mich allein darum kümmern kann?«
»Ich weiß nicht. Herschel hat seine eigenen Vorstellungen, und Ramona ist nicht leicht zu überzeugen.«
»Sehen Sie zu, wie Sie das hinbiegen. Der Gerichtssaal ist jetzt schon viel zu voll, und ich schätze, Richter Atlee wird bald damit anfangen, die Reihen zu lichten.«
»Und wenn Herschel sich weigert und seinen Anwalt behalten will?«
»Das überlegen wir uns, wenn es so weit ist. Als Erstes aber sollten Sie versuchen, ihn zu überzeugen, dass sein Anwalt nicht vonnöten ist, weil da nicht noch jemand die Finger im Spiel haben muss.«
»Okay, wenn wir schon dabei sind, was haben Sie sich als Honorar vorgestellt?«
»Wir regeln das auf Erfolgsbasis. Ein Drittel des zugesproche nen Erbes. Der Fall ist nicht kompliziert, und der Prozess sollte nicht länger als eine Woche dauern. Normalerweise würden wir fünfundzwanzig Prozent für einen Vergleich vorschlagen, aber dass es dazu kommt, ist meiner Meinung nach höchst unwahrscheinlich.«
»Warum?«
»Hier geht es um alles oder nichts. Entweder das eine oder das andere Testament. Da ist kein Spielraum für Kompromisse.«
Ian dachte darüber nach, konnte aber nicht ganz folgen. Dann kamen die Sandwichs, und sie verbrachten ein paar Minuten damit, das Essen auf ihren Tellern zu sortieren. Lanier sagte: »Wir sind dabei, aber nur, wenn Herschel mit ins Boot kommt. Wir …«
»Sie nehmen also lieber ein Drittel von vierzehn Millionen als ein Drittel von sieben«, fiel ihm Ian ins Wort, doch sein halbgarer Scherz traf ins Leere.
Ohne darauf zu reagieren, biss Lanier in sein Sandwich. Er lächelte ohnehin nicht oft. Nachdem er gekaut und geschluckt hatte, fuhr er fort: »Sie sagen es. Ich kann diesen Fall gewinnen, aber ich habe keine Lust, dass mir irgendein Vollidiot aus Memphis dauernd reinquatscht und die Jury verschreckt. Außerdem müssen Sie verstehen, Ian, dass meine Partner und ich sehr viel zu tun haben. Wir haben Ihnen zugesagt, keine neuen Fälle anzunehmen. Aber meine Partner sehen nicht recht ein, warum die Kanzlei alle Zeit und Ressourcen in die Anfechtung eines Testaments investieren soll. Für nächsten Monat stehen bei uns drei Prozesse gegen Shell Oil an. Bohrinsel-Unfälle.«
Ian füllte seinen Mund mit Pommes, damit er nichts sagen musste. Mit angehaltenem Atem hoffte er, dass der Mann nicht wieder anfing, Anekdoten über seine spektakulärsten Fälle und Prozesse zu erzählen. Die meisten Prozessanwälte hatten diese lästige Angewohnheit, Ian kannte das bereits.
Doch Lanier widerstand der Versuchung und blieb beim Thema. »Und Sie haben recht, wenn wir den Fall übernehmen, wollen wir beide Erben, nicht nur Sie allein. Es ist der gleiche Arbeitsaufwand. Im Grunde ist es sogar weniger Arbeit für uns, da wir uns nicht mit dem Typ aus Memphis herumärgern müssen.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach Ian.
»Wir werden die Ausgaben monatlich abrechnen, und da wird ganz schön etwas zusammenkommen, vor allem für Sachverständige.«
»Wie viel?«
»Wir haben ein Budget kalkuliert. Fünfzigtausend sollten die Auslagen decken.« Lanier sah sich um, obwohl keiner der anderen Gäste mithören konnte. Mit gedämpfter Stimme fuhr er fort: »Außerdem müssen wir einen Privatdetektiv engagieren, und zwar nicht irgendeinen dahergelaufenen Schnüffler. Wir brauchen jemanden, der in Lettie Langs Umgebung im Dreck wühlt. Das ist nicht einfach und wird teuer.«
»Wie viel?«
»Grob geschätzt würde ich sagen: etwa fünfundzwanzig tausend.«
»Ich weiß nicht, ob ich mir diese Klage leisten kann.«
Jetzt lächelte Lanier, wenn auch etwas gezwungen. »Sie werden bald reich sein, Ian, vertrauen Sie mir.«
»Was macht Sie da so sicher? Als wir uns letzte Woche gesehen haben, waren Sie nicht so zuversichtlich.«
Wieder ein grimmiges Lächeln. »Das war unser erstes Ge spräch, Ian. Ein Chirurg ist immer zurückhaltend mit Pro gnosen, wenn er vor einer schwierigen OP steht. Aber die Sache wird allmählich klarer. Ich weiß inzwischen Bescheid. Ich habe die Gegenseite gehört. Und, was das Wichtigste ist, ich habe Lettie Langs Anwälte gesehen, diese Lackaffen aus Memphis. Die sind der Schlüssel zu unserem
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