Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
Stattdessen drehte sie sich um und ritt weiter.
Malian hatte hinter dem Tor angehalten und blickte hinter sich in den düsteren Flur, der das Letzte war, was sie von der Burg der Winde sah. Ihre Kapuze warf Schatten auf ihr Gesicht, doch Kalan spürte ihre Traurigkeit und ihren Verlust, als Garan und Nerys die Türe zumachten.
» Leb wohl, Burg der Winde. « Malian verbeugte sich tief in ihrem Sattel. Ihre Stimme war weich, doch Kalans scharfe Ohren hörten die Sehnsucht und das Bedauern, mit dem diese Worte gesprochen wurden.
» Leb wohl, Kind der Nacht. « Die Antwort murmelte in Kalans Gedanken – und er nahm an, auch in Malians. Doch niemand anders hörte sie. Er erkannte die Stimme sofort, obwohl sie durch die Entfernung gedämpft war. » Ich werde dich nicht vergessen und auf deine Rückkehr warten. «
Malian richtete sich aus ihrer Verbeugung auf. Kalan sah, wie ihre Hände sich um die Zügel schlossen. » Ich werde dich auch nicht vergessen « , sagte sie. » Ich werde ebenfalls auf den Tag meiner Rückkehr warten. «
» Bald « , sagte die lichterfüllte Stimme, schwacher als ein Echo.
» Was das betrifft « , antwortete Malian, » geschehe der Wille der Neun und nicht meiner. « Sie hob ihre rechte Hand erneut und wandte die Handfläche zum Gruß nach außen. » Leb wohl, Hylcarian. «
Malian der Nacht drehte sich um, und nur Kalan ritt hinter ihr, als sie von der Burg der Winde fortritt, die ihr Zuhause und ihr Erbbesitz war. Sie sah nicht mehr zurück.
TEIL III: JARANSOR
25 Fluss ohne Wiederkehr
Der Wind blies wieder. Er war nicht länger ein ausgewachsener Wallsturm, sondern kam in Böen und brachte Staub und Schotter von den zerklüfteten Gipfeln, die über den Grauen Landen aufragten. Der Wind blies in das Biwak, in dem die kleine Gruppe Flüchtlinge versteckt lag, und kreischte um sie herum. Malian bewegte sich unbehaglich auf dem harten Untergrund und spürte das Gestein unter ihrer Hüfte und einen Kiesel, der sich in ihr Kreuz bohrte. Trotz ihrer Müdigkeit kam sie nicht zur Ruhe. Sie beneidete Kalan, der neben ihr zusammengerollt fest schlief.
Sie waren die Nacht durch gereist und hatten sich tagsüber ausgeruht, um nicht entdeckt zu werden. Malian schlief ein, sobald ihr Kopf den steinigen Untergrund berührte. Sogar das helle Tageslicht hatte sie nicht wachhalten können. Doch jetzt wollten ihre Augen sich nicht schließen. Sie sah Kyr, Lira und Nhairin, die sich am Eingang ihres kleinen Feldlagers eng zusammengekauert hatten. Ihre Stimmen waren durch den Wind kaum zu hören.
Es war der vierte Tag, seit sie aus der Burg der Winde geflohen waren. Sie reisten durch die engen Wege auf dem Wall, während der Sturm über ihnen tobte. Zwei volle Tage hatte es gedauert, bis er sich verausgabt hatte, genau wie Haimyr vorhergesagt hatte. Am Ende des zweiten Tages hatten sie den westlichen Rand des Walls erreicht. Das Abendlicht schien in ihre Gesichter. Kyr zeigte über die steinübersäten Gebirgsausläufer hinweg auf die flache Leere der Grauen Lande. » Dort müssen wir lang « , hatte er gesagt. » Wir werden des Nachts reisen, um neugierigen Augen zu entgehen. Obwohl uns das langsamer vorankommen lässt. «
Sie hatten sich an diesen Plan gehalten und sich einen Weg durch die Gebirgsausläufer gebahnt. Erst als es Nacht war, gingen sie auf die Grauen Lande hinaus. Die steinige Ebene war durchsetzt von unerwarteten Senken und trockenen Flussbetten. Dadurch kamen sie nur langsam voran. Zunächst hatte Malian die Reise Spaß gemacht; der weiche Schritt der Pferde und die Brise hinter ihnen, die kleine Staubteufel auf der Ebene hervorrief. Doch nachdem sie viele Stunden schweigend geritten waren, nur kurze Stopps eingelegt hatten, um schnell ein paar Happen zu essen, wurde der Ritt eine reine Ausdauersache. Nur der blasse Osthimmel hatte schließlich eine Rast signalisiert. Ihr Versteck am ersten Tag war kaum mehr als ein Kratzer in der Oberfläche der Ebene gewesen. Sogar die Pferde hatten sich zum Ausruhen hingelegt. Kyr und Lira hatten eine Abdeckplane von einem Ende der Grube bis zur anderen ausgelegt, die genauso grau und trostlos war wie das Land. Alle hatten sich darunter zusammengekauert und zunächst getrocknete Rationen aus den Satteltaschen verspeist. Dann hatten sie abwechselnd geschlafen. » Nur ein Narr « , hatte Kyr gesagt, » würde in diesen Landen keine Wache aufstellen. «
Dies war ihr drittes kaltes Lager, denn Kyr erlaubte kein Feuer. Obwohl er darauf bestand, dass
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