Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
manchmal ein Pferd hinter dem anderen. Doch sie unterhielten sich nicht. Greifbare Spannung hing in der Luft. Doch obwohl Malian immer wieder nach Verfolgungsgeräuschen lauschte, hörte sie nur den Wind und das gleichmäßige Stampfen der Pferdehufe auf Erde und Stein. Die Nacht war kalt, schwarz und scheinbar endlos, während sie im Sattel mitschwang, um aufrecht zu bleiben.
Dieses Mal hielten sie nicht bei Tagesanbruch an. Sie ritten weiter auf die Hügelkette zu, die sich vor ihnen rau und wild in dem grauen Licht erhob. Die Gebirgsrücken waren viel niedriger als die auf dem Wall der Nacht. Aber auch sie waren sehr zerklüftet. » Wir werden viel mehr Schutz haben, wenn wir erst einmal in den Hügeln sind « , sagte Kyr. » Dann können wir anhalten und einen sicheren Ort zum Rasten finden. « Also ritten sie weiter und erreichten schließlich einen breiten Fluss mit verzweigten Nebenarmen, die zwischen Kiesbänken hindurchflossen. Das Wasser war blass blaugrün und sah kalt aus.
» Der Fluss Telimbras « , sagte Kyr. » Er markiert die Grenze zwischen den Grauen Landen und Jaransor. In der Feste des Westwinds « , fügte er mit ausdruckslosem Gesicht hinzu, » nennen wir ihn den Fluss ohne Wiederkehr. «
Malian warf Nhairin einen schnellen Blick zu und sah, dass das Gesicht der Hofmarschallin versteinert war. Doch sie kommentierte Kyrs Bemerkung nicht. Kalan grinste. » Nun « , sagte er fröhlich, » das ist der richtige Fluss für uns, da es nicht infrage kommt umzukehren. «
Das brachte Lira zum Lachen, und Kyr konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sogar Nhairins Haltung entspannte sich ein wenig. Sie klapperten und planschten durch das Flussbett und warfen glitzernde Wassertropfen auf, als sie durch die tieferen Seitenarme ritten. Dann ging es stetig bergauf über enge Pfade, steinige Kämme und steile Abhänge. Malians Welt beschränkte sich wieder auf den schwarzen Hals ihres Pferdes sowie darauf, sich im Sattel zu halten, die Zähne zusammenzubeißen und weiterzureiten.
Trotz ihrer Müdigkeit bemerkte sie kleine Einzelheiten der sie umgebenden Landschaft. Der aromatische Duft wilden Thymians stieg ihr in die Nase, wenn die Hufe der Pferde die Pflanzen zerdrückten. Kleine gelbe Blumen tanzten zwischen den Felsen. Die höheren Abhänge waren mit einer Mischung aus dunklen, knorrigen Dornbüschen und Grünpflanzen bedeckt, die Kyr auf ihr Nachfragen hin als Weinrose bezeichnete. Zudem sah Malian den grünen Schimmer von Bäumen, die entlang kleiner Bäche wuchsen. Schließlich hielten sie in einer engen Schlucht an. Die Bäume hatten hier ein grünes Dach geformt, und ein Flüsschen rann klar über braune Kiesel. » Nur eine kurze Rast, um zu essen « , warnte Kyr. » Wir müssen noch weiter in die Hügel und nach Süden. «
» Ohne uns oder die Pferde zu töten « , murmelte Lira. Malian fragte sich, wie die Wache sich aufrecht halten konnte, wenn sie doch seit einer Nacht und einem Tag keine Rast gehabt hatte. Sie selbst war steif, und ihr tat alles so weh, dass sie mehr oder weniger aus dem Sattel fiel. Nhairins Humpeln war auch deutlicher. Doch das friedliche Grün war angenehm, und sowohl die Pferde als auch die Reiter tranken dankbar von dem klaren Wasser. Ein großer Felsen mit glatter, flacher Spitze ragte an der steilen Seite des Flussbetts hervor. Alle ließen sich darauf nieder, entweder im Schneidersitz oder mit über den Rand baumelnden Füßen, und kauten müde und schweigend ihre Rationen.
» Zeit für ein Schläfchen? « , fragte Lira, als sie fertig gegessen hatten.
Kyr zuckte mit den Schultern. » Nur kurz. Wir müssen weiter. «
Nhairin stand auf und klopfte sich den Staub von ihrem Umhang. » Ich werde Wache halten « , sagte sie. » Ich glaube, ich bin zu müde für ein Nickerchen. «
Malian beobachtete, wie sie zu einer kleinen, felsigen Anhöhe humpelte, die den Weg, den sie gekommen waren, überblickte. Sie blieb nur kurz stehen, um die Pferde zu tätscheln und mit ihnen zu sprechen. Lira hatte bereits die Augen geschlossen und lag ausgestreckt auf dem sonnigen Felsen. Kyr und Kalan saßen mit dem Rücken an einen Baum gelehnt und starrten vor sich hin. Malian merkte, wie ihre Augenlider schwer wurden, und ließ zu, dass ihr Kopf nach vorne nickte.
Sie erwachte, als die Sonne ein wenig höher am Himmel stand. Kyr rüttelte Lira wach. Malian setzte sich benommen auf und fand, dass sie sich nach einer Stunde Schlaf noch schlechter fühlte als vorher. » Oje « ,
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