Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
erwacht, ist es wesentlich riskanter, das Tor zu benutzen. Wir wissen kaum etwas über die Macht von Jaransor, aber das Wenige, was wir erfahren haben, liest sich wie eine Litanei aus Unvorhersehbarkeit, Entsetzen und Wahnsinn. Wir könnten davon überwältigt werden. «
» Jaransor stellt eine Gefahr dar « , stimmte Tarathan ihr ebenso ernst zu, » aber sie lässt sich deutlich reduzieren, wenn nur ich das Tor durchschreite, während du deinen Schild an der Grenze zwischen diesem Reich und dem Reich der Träume aufrechterhältst. « Er warf einen kurzen Blick auf das kleine, gut sichtbare Lager. » Es wäre ohnehin gut, wenn wir hier nicht ungeschützt wären. «
Jehane Mors Miene verfinsterte sich. » Wenn ich an der Grenze zwischen den Reichen bleibe, wird das auch die Stärke meines Schildes mindern, wenn du das Tor durchschritten hast. Die Vorstöße des Schwarms sollte ich herausfiltern können, aber was Jaransor angeht … « Sie hob die Schultern, um anzuzeigen, wie wenig sie dazu sagen konnte. » Du wirst vorsichtig sein müssen. «
Er grinste. » Bin ich das nicht immer? Außerdem haben wir doch ein Schicksal zu erfüllen. Ich glaube nicht, dass es mir bestimmt ist, in Jaransor zu sterben. «
Sie schüttelte den Kopf und betrachtete die heller werdende Ebene. » Das Schicksal kann sich ändern, das weißt du so gut wie ich. Aber wir sollten uns besser beeilen, denn weder der Tag noch Jaransor werden auf uns warten. «
Sie aßen rasch etwas, während der Wind zunahm und kälter wurde. Dann sattelten sie ihre Pferde und führten sie tiefer in das kleine Waldstück hinein.
» Es ist am besten, wenn wir uns vor neugierigen Blicken schützen und bereit zum sofortigen Aufbruch sind. «
Tarathans Pferd tänzelte, als es den Wind roch. Er streichelte seinen Hals. » Ganz ruhig, mein mutiges Herz « , sagte er laut. » Obwohl du recht hast. Mir gefällt der Wind auch nicht. «
» Ebenso wenig wie mir. « Jehane Mor runzelte die Stirn und sah hinauf in den Himmel. » Wenn es nicht noch zu früh im Jahr wäre, würde ich schwören, dass er Schnee mitbringt. «
Tarathan nickte. » Er bringt Schnee mit, ein weiterer Grund zur Eile. «
Er breitete seinen langen Umhang unter dichten Baumkronen aus und legte sich hin. Seine beiden Schwerter kreuzte er über der Brust. Jehane Mor setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen neben seinen Kopf. Unter ihrer grauen Kapuze wirkten ihre Augen und ihr Gesicht ruhig.
» Ich bin bereit « , sagte sie mit ruhiger Gedankenstimme.
» Ich auch « , antwortete er. Dann schickte er seinen Geist aus, durch das Tor der Träume hinein nach Jaransor.
28 Flucht
Weit im Norden stand Malian neben ihrem Pferd, dessen Hals ihr Gesicht verbarg, und hielt seine Zügel fest, während Kyr und Nhairin sich stritten. Lira saß etwas abseits, ihre Hände hingen locker über die Knie, ihren Bogen hatte sie bereits über die Schulter geschlungen, der Köcher war voller Pfeile. Zwei Messer hatte sie neben ihr Schwert gesteckt. Ihr sonst so freundliches Gesicht wirkte grimmig, und sie schien den Streit nicht zu beachten, so als sei ihr Geist nur auf das konzentriert, was vor ihr lag.
» Sie weiß, was sie zu tun hat « , dachte Malian, » deshalb überlässt sie es Kyr, sich mit Nhairin zu streiten, die es nicht weiß. «
Die Nacht war nach dem schrecklichen Schrei, den Nhairin als den eines Dämons identifiziert hatte, der mit dem Schwarm jagte, quälend langsam vergangen. Malian hatte gespürt, wie Kalan seinen Schild errichtete und sie mit den Farben und Formen der Nacht umgab, einem Muster, das aus Blättern, Sternen und der nächtlichen Brise bestand. Kein anderer hatte es bemerkt, nur Nhairin hatte Kalan verwirrt angesehen. Sie waren lange wach geblieben und hatten gewartet, ob der Dämon ihre Spuren verfolgen würde. Vielleicht lag es an Kalans Schild, vielleicht hatten sie auch einfach Glück, jedenfalls war kein Schwarmdämon aufgetaucht, und so hatten sie nach einer Weile begonnen, abwechselnd zu schlafen. Nur Kalan war die ganze Nacht wach geblieben. Er hatte Malian zugeflüstert, er habe Angst, der Schild würde sich auflösen, wenn er sich nicht auf ihn konzentrierte.
Kyr hatte sie noch vor Morgengrauen geweckt. » Ich hätte nie gedacht, dass ein Schwarmdämon uns nicht bemerkt « , hatte er gesagt. » Wenn das, was wir gehört haben, wirklich einer war. Aber die Verfolger sind uns sowieso dicht auf den Fersen. Lira und Lady Malian glauben, dass sie den Telimbras
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