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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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ausgebrochen, als die Antwort aus Brünn gekommen war, dass die Geburt komplikationslos verlaufen und Mutter und Kind wohlauf seien. Die Antwort war von Vilém Vlach gekommen, nicht von dem Arzt. Sie war zusammen mit dem Korb wiedergekehrt – keines der Geschenke war angerührt worden.
    »Karina … ist das Leben nicht auf jeden Fall besser als der Tod? Was soll ich denn tun?«
    »Ist das die Vergeltung dafür, dass Andreas deine Hilfe so verachtet?«
    Alexandra begann zu weinen. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Wie kannst du so etwas nur denken …?«
    »Keine Mutter kann in dieser Lage denken«, sagte eine Männerstimme. »Und keine Mutter kann in dieser Lage dem Arzt sagen, was er tun soll. Du musst die Entscheidung allein fällen, Alexandra.«

    Anders als ihre Eltern und ihr Onkel Andrej hatte Alexandra nie einen Grund gehabt, die schmucklos düsteren Mönchskutten zu fürchten, die die sieben Kustoden ausgezeichnet hatten. Der Kreis von sieben Mönchen hatte die Teufelsbibel bewacht, seit weise Männer entschieden hatten, dass es besser war, sie vor der Welt verborgen zu halten. Über Generationen hinweg waren sie dieser Aufgabe nachgekommen, bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem Alexandras Mutter Agnes geboren wurde und die Teufelsbibel zum ersten Mal seit über vierhundert Jahren erwachte. Die sieben Kustoden hatten ihrer Aufgabe und ihrem Abt unbedingten Gehorsamgeschworen – und der damalige Abt, Martin Korytko, war zu schwach gewesen, um der Versuchung zu widerstehen, diese Loyalität auszunutzen. Die Verlockung der Macht, die von der Teufelsbibel ausging, war vielfältig. Abt Martin hatte im Glauben gehandelt, das Gute und Richtige zu tun. In diesem Glauben waren seit Anbeginn der Zeit mehr Menschen gestorben als aus Hass und Niedertracht. Die schwarzen Mönche hatten Andrej die große Liebe seines Lebens geraubt und Alexandras Eltern Agnes und Cyprian um ein Haar das Leben gekostet, so wie sie beinahe halb Prag ausgelöscht hätten. Für Alexandra jedoch waren das nicht mehr als Geschichten, und vielleicht war es deshalb so, dass sie beim Anblick der schwarzen Kutten das Gleiche empfand wie diejenigen, die den Zirkel der Sieben ursprünglich gegründet hatten: Erleichterung, dass es jemanden gab, der sich zwischen die Bosheit der Welt und einen selbst stellte.
    Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie die schwarzen Kutten stets nur an den Mönchen in Raigern gesehen hatte, und deren Oberhaupt war der Mann, dessen Namen sie in höchster Ekstase ins Ohr eines Verfemten gekeucht hatte.
    »Wenzel!«, sagte sie. Unwillkürlich warf sie einen Blick zu ihrer Mutter. Agnes, die der Auseinandersetzung zwischen Alexandra und Karina mit Tränen in den Augen, aber stumm gefolgt war, zeigte die Reaktion, die sie, ihr Mann und ihr Bruder immer zeigten, wenn sie Wenzels in der nachtschwarzen Kutte ansichtig wurden: Sie war einen Schritt zurückgetreten und fuhr sich nun über die Unterarme, als müsse sie eine Gänsehaut unterdrücken.
    Wenzel warf die Kapuze zurück und eilte heran. Er brachte einen Schwall von Kälte mit, die aus seinem Habit strömte, und den entfernten Duft von Kaminrauch, der in die Gassen gedrückt wurde. Seine sechs Begleiter stellten sich stumm entlang der Wand auf, doch die unwillkürliche Düsterkeit ihres Auftritts wurde dadurch abgemildert, dass sie die Kapuzenabstreiften, rot gefrorene Hände in Richtung des heißen Ofens ausstreckten und, in einem Fall, in eine Niesattacke und dann eine Reihe von rotznäsigen Entschuldigungen ausbrachen, die damit endeten, dass ein schwarzer Ärmel geräuschvoll unter einer Nase hindurchgezogen und dann schamhaft hinter dem Rücken versteckt wurde.
    »Ist es Nervenfieber?«, fragte Wenzel, nachdem er einen kurzen Blick auf das glühende Gesicht Lýdies geworfen hatte.
    Alexandra schüttelte den Kopf.
    »Kannst du sie heilen?«
    Keiner ist dagegen gefeit, diese Frage zu stellen, dachte Alexandra. Noch nicht einmal Wenzel, der es gewöhnt ist, um zehn Ecken im Voraus zu denken, um nur ja in meiner Gegenwart nichts Dummes zu sagen. Dabei ist es die schlimmste Frage, die man einer Heilerin stellen kann.
    »Ja!«, sagte sie fest.
    »Mein Gott, Wenzel, sie will …« Karina versuchte sich loszureißen, doch Alexandra hielt sie fest.
    »Ich weiß«, sagte Wenzel.
    »Ich werde das nicht zulassen!«
    Stiefel polterten zur Kammer herein. »Ich hab dem Burschen Geld gegeben, der uns hergeführt hat, und ich … o nein! Karina … steht es

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