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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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so schlimm?«
    Melchior umarmte Agnes flüchtig, dann kniete er sich neben Alexandra und Karina auf den Boden und küsste seine Schwester. »Was ist zu tun, Schwesterchen?«
    »Bring Karina nach draußen, Melchior.«
    »Nein! Ich bleibe hier!«
    »Du willst es nicht sehen.«
    »Aber du darfst das nicht tun!«
    »Karina«, sagte Melchior. »Alexandra kann nicht arbeiten, wenn sie deine Angst zusätzlich zu ihrer eigenen tragen muss.«
    Alexandra starrte ihren jüngsten Bruder an. Sie hätte es selbst nicht besser ausdrücken können. Melchior erwiderte ihren Blick nicht. Er war noch so gekleidet, wie er von draußen gekommen war – Hut, Mantel, Handschuhe, die Stiefel nass von Schnee und Schlamm –, und versuchte sanft, Karinas Hände von Alexandras Armen zu lösen.
    »Komm«, sagte er. »Komm mit nach draußen …«
    Karina brach schluchzend zusammen. »Ihr müsst sie aufhalten!«, stieß sie hervor. »Bei der Liebe Christi … sie darf Lýdie das nicht antun … haltet sie auf …« Sie sank auf den Boden. »Bitte …!«
    Melchior sah Alexandra ins Gesicht. Was in seinen Augen zu lesen war, nahm Alexandra den Atem. »Ich bin mir meiner Sache sicher«, sagte sie und erkannte, dass sie es mehr zu ihm sagte als zu Karina. Rette sie , war die stumme Botschaft von Melchiors Blick gewesen. Alexandra war nicht sicher, ob es Lýdie oder Karina gegolten hatte.
    »Dann …«, sagte Melchior. »Komm mit mir, Karina. Ich bitte dich, komm mit mir.«
    Alexandra wusste nicht, ob es der Klang von Melchiors Stimme war oder eine geheime Botschaft in seinen Worten. Karina blickte plötzlich auf und starrte ihn mit weiten Augen an. Melchior lächelte. Sie ließ sich von ihm in die Höhe ziehen und folgte ihm widerstandslos. Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie aus dem Raum. Alexandra sah von ihnen zu Wenzel und stellte fest, dass er eine Augenbraue in die Höhe gezogen hatte. Ihre Blicke trafen sich. Er zuckte kaum merklich mit den Schultern. Sie hatte das Gefühl, dass das, was in der nackten Angst in Melchiors Gesicht deutlich zu sehen gewesen war, Wenzel schon eine ganze Weile klar gewesen war. Sie unterdrückte ihre Verwirrung. Hochlodernde Gefühle gab es in diesem Raum bereits genug.
    »Hilfst du mir?«
    »Was kann ich tun?«
    »Wasch dir die Hände. Such Eier und Rosenöl und saubere Tücher. Wo ist das Fläschchen mit dem Terpentin? Jemand soll mir ein paar gute Bienenwachskerzen bringen und sie anzünden. Und jemand …«
    » … muss dafür sorgen, dass der Herr des Hauses nicht stören kann, bis du fertig bist«, vollendete Agnes. »Andreas und das Gesinde werden irgendwann von der Christvesper zurückkommen. Meine Herren – nehmen Sie Anweisungen von einer Frau entgegen?«
    Der schwarze Mönch, der den Niesanfall gehabt hatte, kam seinem Oberen Wenzel zuvor. Er zog die Nase hoch und verneigte sich: »Von Ihnen, Frau Khlesl, und einem Lächeln auf Ihren Lippen würden wir uns in die Hölle schicken lassen.« Er hatte eine Piepsstimme und ging Agnes allenfalls bis zum Kinn.
    Trotz der Situation zogen sich Agnes’ Mundwinkel in die Höhe. Sie sah zu Wenzel hinüber.
    »Das haben sie sich selber ausgedacht«, sagte Wenzel und erdolchte den Mönch mit der laufenden Nase mit den Blicken. Selbst Alexandra wusste um die Verehrung, die Wenzel ihrer Mutter entgegenbrachte.
    »Wie ist Ihr Name?«, fragte Agnes.
    »Ich bin Bruder Cestmir.«
    »Dann los, Bruder Cestmir. Ich möchte, dass Sie und Ihre Gefährten meinen Sohn Andreas aufhalten, wenn er das Haus betritt.«
    »Aufhalten ist unsere Spezialität«, sagte Bruder Cestmir.
    »Er sollte nachher noch am Leben sein«, erklärte Wenzel bissig.
    »Mama – schau, ob du irgendwo frische Spinnweben findest. Ich weiß, es ist Winter, aber vielleicht in einem der Lagerräume im Erdgeschoss. Wickle sie auf ein Messer oder etwas anderes, das nicht zu schmutzig ist.« Alexandra kramte in der Tasche, die sie von der Schulter hatte gleiten lassen.Das Terpentin war in einem kleinen, teuren braunen Glasfläschchen. Sie hielt es gegen ein Licht und prüfte, wie voll es war. Agnes folgte den Mönchen hinaus.
    Unvermittelt war Alexandra mit Wenzel und der bewusstlosen Lýdie allein im Raum. Sie bezwang ein plötzliches Zittern in ihren Händen und stellte das Fläschchen härter auf den Boden, als sie gewollt hatte. Wenzel richtete sich auf und wand sich aus seinem Mantel.
    »Hände – Eier – Rosenöl – Tücher«, sagte Alexandra. »Beeil dich.«
    »Du willst die

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