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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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nörgeln. »Der Pater hat gesagt, ich muss gesund werden. Willst du vielleicht ungehorsam sein? Dafür müsstest du gezüchtigt werden. Soll ich dich züchtigen, Agnes?«
    Die Oberin zog entschlossen den Korken aus einem der Fläschchen. Als sie sich zu Sebastian hinunterbeugte, zögerte sie wieder. Sebastian schnappte sich das offene Fläschchen und setzte es an die Lippen. Mit einem Schluck soff er den Inhalt aus und feuerte es auf den Boden.
    »Bäh!«, machte er. »Das schmeckt zum Kotzen. Ich wette, sogar deine Möse schmeckt besser, Agnes.«
    Die Oberin musterte ihn. Sebastian schmatzte und gab angeekelte Geräusche von sich. Ihr Blick wanderte zu demanderen Fläschchen, das unangebrochen in ihrer Hand war.
    »Verdammt, jetzt gib schon her.«
    Pater Silvicola konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, als sie ihm das Fläschchen reichte. Ihre Bewegungen waren jedoch so langsam, dass er ahnte, wie bleich und schweißgebadet sie sein musste. Sebastian setzte auch das zweite Fläschchen an und leerte es in einem Zug.
    »Scheiße, das schmeckt ja noch beschissener!«
    Pater Silvicola wandte sich ab und schlüpfte durch die Tür. Die Zelle der Oberin grenzte direkt an den Krankensaal an. Die schmale Tür war offen, und ein Soldat, gestiefelt, gespornt und mit einem Helm auf dem Kopf, stand darin. Als Pater Silvicola die Zelle betrat, stand er stramm.
    »Ich möchte, dass du folgende Botschaft zu General Königsmarck nach Wunsiedel bringst«, sagte Pater Silvicola. »Setzen Sie Ihr Heer in Marsch auf Prag. Belagern Sie die Stadt, sobald Sie sie erreicht haben. Lassen Sie sich auf keine Verhandlungen mit den Pragern ein. Halten Sie sie mit Angriffen in Atem, bis ich Sie erreicht habe und Ihnen das Zeichen gebe, die Stadt zu stürmen. Dann erst machen Sie ernst. Handeln Sie so, und ich verspreche Ihnen eine Beute, gegen die das Vermögen von General Wallenstein wie ein Almosen aus dem Klingelbeutel wirkt.«
    Der Soldat nickte. Seine Blicke irrten ab, als das Geschrei und das Getrappel von eiligen Füßen aus dem Lazarett ertönten. »Was ist denn da drüben los?«
    »Sag General Königsmarck weiter, dass ich mich noch heute mit der angekündigten Gruppe von Zivilisten unter Bewachung der von ihm zur Verfügung gestellten Männer ebenfalls auf den Weg nach Prag machen werde. Da eine kleine Gruppe schneller vorankommt als ein ganzes Heer, gehe ich davon aus, dass ich fast gleichzeitig mit ihm vor Prag eintreffen werde. Falls seine Truppen auf dem Marschnach Prag zufällig eine einzeln reisende Person namens Alexandra Rytíř gefangen nehmen sollten, so ist sie sofort wieder freizulassen und auf ihrer Reise nicht zu behindern. Verstanden?«
    »Ja.« Der Soldat spähte erneut über die Schulter des Paters. Mörderisches Gebrüll war aus dem Lazarett zu hören. »Meine Güte. Wird da jemand bei lebendigem Leib verbrannt?«
    »Manchmal ist denen, die von uns gehen, kein Abschied in Frieden vergönnt«, sagte Pater Silvicola. »Hast du deinen Auftrag verstanden?«
    Der Soldat salutierte, wiederholte schnarrend seinen Auftrag und stapfte hinaus. Pater Silvicola lauschte den Schreien aus dem Krankensaal, bis sie schwächer wurden und schließlich in ein Quietschen und Hecheln übergingen, das sich nicht anders anhörte als das einer Sau, die zuckend über dem Trog hängt und den letzten Tropfen Blut hinterhersieht, die aus ihrer durchschnittenen Kehle rinnen. Dann wurde es still, und man konnte das Gemurmel hören, mit dem die Nonnen der armen Seele ein letztes Gebet mit auf die Reise gaben.
    Er dachte an die beiden kleinen Becher auf dem Altar der Spitalskirche und fühlte in seiner Tasche nach. Da waren sie, geleert und gesäubert. Die Reise hatte begonnen, und das Einzige, was sie noch aufhalten konnte, wäre sein eigener Tod. Er hatte recht getan, den Inhalt der beiden Becher wegzuschütten und sich nicht der Probe zu unterziehen.
    Er hörte das Pochen des fremden Herzens in seiner Seele und erschauerte, aber als er die Zelle der Oberin entschlossen verließ und hinaus in die Gasse trat, war es verschwunden und kehrte nicht wieder.

11.
    In den Gassen Würzburgs hatte Alexandra ihr Pferd gezügelt, bis die Muskeln an ihren Armen bebten. Der Gaul schien ihre Panik zu spüren und wollte rennen; endlich außerhalb der Mauern, hatte sie sowohl seinem wie auch ihrem inneren Drängen nachgegeben, und sie war mit ihm förmlich über die gefrorene Landstraße geflogen, bis ihr Atem pfiff und schwarze Flecken am Rand ihres

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