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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Angreifer zu Boden ging … das irre Entsetzen, als er auf allen vieren zu dem gefallenen Riesen zukrabbelte, Rotz und Wasser heulend und kreischend wie die Verdammten der Hölle … Seine Erinnerungspielte ihm die Szene unbarmherzig vor: wie die Männer von der leblosen Gestalt auf dem Boden abließen, wie sie sich ihm, dem Jungen, zuwandten, Mordlust in den Gesichtern …
    Er hörte die Stimme von damals in seinem Geist widerhallen: Zurück, im Namen Christi, oder ihr seid verdammt! Wollt ihr noch mehr Blut vergießen?
    Der Junge, der er gewesen war, achtete nicht auf die Stimme; alles, was sein Fühlen ausmachte, war das schlaffe, wuchtige Gesicht auf dem Boden, die Platzwunden auf Stirn und Wangen, die blutig geschlagene Nase, die rote Flüssigkeit, die aus dem offenen Mund sickerte, und die gebrochenen Augen, deren Blick den Jungen endgültig verlassen hatte. Er streckte die Hand aus, um das Gesicht noch einmal zu berühren, aber man hob ihn hoch … schleppte ihn fort … er wehrte sich, schlug um sich, ertrank in plötzlichem Hass auf die Männer mit den Knüppeln, die Männer in den schwarzen Mänteln, vor allem aber auf die Frau, ohne deren Ankunft das schreckliche Geschehen nicht über sie gekommen wäre; raste, bis die Erkenntnis, dass der Einsiedler tot war, alles andere überwältigte und er im Arm des Mannes, der ihn gerettet hatte, der ihn festhielt, zusammensackte und ohnmächtig wurde. Oh ja, das war eines der Dinge, die er von dem Alten gelernt hatte: zu fühlen, wie der Schmerz und das Bedauern einen einhüllten, und um das zu weinen, was nie wiederkommen würde.
    Er blinzelte den Boden an; er erkannte, dass er auf dem Bauch lag und versucht hatte, zum Altar zu kriechen. Vom Portal her kamen scharrende Geräusche. Er wälzte sich herum und sah in die Gesichter eines halben Dutzends Klosterschwestern. Eine fasste sich ein Herz.
    »Ist alles in Ordnung, Pater? Wir haben Sie … nun … schreien gehört …«
    »Es ist alles in Ordnung«, krächzte er. »Lasst mich allein. Bitte.«
    Sie zogen sich zurück und schlossen das Portal wieder. Mit weichen Knien kam er auf die Beine, für lange Momente völlig orientierungslos. Gewohnheitsmäßig tastete seine Hand in sein Gewand und fühlte die beiden Fläschchen. Mit ihrer Berührung kam die Orientierung wieder. Er schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Es war nass von seinen Tränen. Seine Finger umklammerten die Fläschchen, während er gegen die Übelkeit in seinem Inneren kämpfte und das Gefühl, dass er beim nächsten Blick in den Spiegel vor seinem Abbild scheuen würde. Nach Pater Nobilis Tod hatte er die Versicherung Gottes gebraucht, dass er auf dem richtigen Weg war. Gott hatte sie ihm gegeben. Nun, da er noch üblere Dinge würde tun müssen, brauchte er sie erneut. Tatsächlich war sie niemals nötiger gewesen.
    Er blickte sich um. Das Portal war weiterhin geschlossen. Fieberhaft holte er die Becherchen aus seiner Tasche, stellte sie auf den Altar, füllte sie, schloss die Augen, vertauschte und vertauschte sie, bis er sicher war, dass er nicht mehr wusste, in welchem davon der Tod war. Dann kniete er vor dem Altar nieder und betrachtete die beiden kleinen Behälter. Sie hätten nicht unschuldiger aussehen können.
    Er streckte eine Hand aus. Sie schwebte über den Bechern. Betroffen erkannte er, dass es ihm schwerfiel, sich für einen zu entscheiden.
    Was würde geschehen, wenn er den Becher mit dem Gift erwischte?
    Er starrte die Becher an. Sein Kehlkopf tanzte krampfhaft. Die Teufelsbibel würde wieder in die Welt kommen. Seine Pläne, seine Taten würden dafür sorgen, dass sie aufwachte – doch es würde niemand da sein, der die Kraft hatte, sie zu vernichten. Er hatte ernst gemeint, was er zu Alexandra gesagt hatte – ihre Sippe war längst von dem Buch korrumpiert. Wenn er das Gift nahm und hier auf diesem Kirchenbodensein Leben aushauchte, dann würde sich niemand mehr zwischen die Teufelsbibel und die Menschheit stellen. Es war nicht umsonst gewesen, dass der alte Einsiedler, der letzte der Kustoden, ihn unter seine Fittiche genommen hatte; er , Giuffrido Silvicola, war der Erbe seines Amtes, er war jetzt der letzte Kustode.
    Eine Stimme aus der Vergangenheit fragte sanft: Wie ist dein Name, Junge?
    Die Stimme wartete, dann sagte sie schließlich: Ich werde dich Gottfried nennen, denn wenn ein Mensch den Frieden Gottes benötigt, dann du, mein Kind.
    Zum ersten Mal fiel ihm auf, wie zerschlagen und

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