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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Gäste.«
    »Amen.« Der Schankwirt machte das Kreuzzeichen undstand dann da wie die fleischgewordene Aufforderung, sich rar zu machen.
    »Was tust du hier, Wenzel?«
    »Ich warte auf Melchior. Außerdem sollte ich die Frage lieber dir stellen. Bist du allein aus Würzburg aufgebrochen? Wo ist dein Bruder? Wir hatten vereinbart, uns in Bamberg …« Dann fügte er mit misstrauischem Gesicht hinzu: »Ist etwas passiert?«
    Alexandra sah ihn an. Das Herz drängte sich ihr förmlich auf die Zunge. Sie war keine Frau, die einen Mann an ihrer Seite brauchte, um Entscheidungen zu treffen, aber plötzlich jemanden zu haben, mit dem man sich besprechen konnte, mit dem man seine Angst teilen, mit dem man einen Plan fassen, ihn erörtern, ihn verwerfen und auf die Suche nach einer besseren Lösung gehen konnte … jemanden – auch das erkannte sie unvermittelt –, der ihr jetzt ebenso helfen konnte, wie er ihr damals hätte helfen können, als sie vor einem kleinen Grab gestanden und gefühlt hatte, wie die Trauer sie innerlich vereiste, wenn sie sich nur von ihm hätte helfen lassen, wenn sie ihm nur die Wahrheit gesagt hätte …
    Wenzels Lächeln und seine Freude, sie zu sehen, waren echt, ebenso wie sein Argwohn, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Hier … war ein Freund.
    Und während all diese Überlegungen einen Wimpernschlag lang dauerten, formte sich mit dem nächsten Wimpernschlag die Erkenntnis, dass Wenzel niemals einwilligen würde, die Teufelsbibel zu stehlen und Pater Silvicola auszuhändigen. Wenzel war von ihnen allen derjenige, der das Erbe des alten Kardinals Khlesl am deutlichsten angetreten hatte, und der alte Kardinal hatte, obwohl sein Neffe Cyprian sein Ein und Alles gewesen war, dennoch diesen immer wieder in Lebensgefahr gebracht, nur um die Entdeckung der Teufelsbibel zu verhindern. Wenzel würde niemals zulassen, dass sie, Alexandra, die Teufelsbibel an sich brachte, auchnicht um den Preis des Lebens von Agnes, Andreas, Melchior, Karina und Lýdie.
    Am Ende des Tages war Wenzel doch nur ein Fremder, der den Namen, aber nicht das Blut ihrer Familie besaß.
    »Nein«, sagte sie, und am Widerschein ihres Lächelns in seinem Gesicht wusste sie, dass er ganz und gar auf sie hereinfiel. »Wieso auch? Lýdie ist über den Berg, und Andreas’ Gegenwart war nicht mehr auszuhalten. Mama ist dort geblieben. Ich habe Sehnsucht nach Prag.«
    Wenzels Augen leuchteten auf. »Dürfen wir dir die Begleitung von sieben bescheidenen Gottesdienern antragen?«
    Es war der Preis, den sie zahlen musste. Sie würde ihn und seine Glaubensbrüder irgendwo abschütteln können, dessen war sie sicher. »Ich bitte darum«, sagte sie und strahlte.
    Und während all dies geschah, schrie eine Stimme in ihrem Inneren: Preis? Was für ein Preis? Der einzige wahre Preis, den du für diese Lüge bezahlen musst, ist der, dass du soeben einen Freund verloren hast!
    Mehr noch , dachte sie bitter.
    Von nun an war Wenzel, auch wenn er es noch nicht wusste, ihr Feind.

15.
    Das Licht auf der anderen Seite des Schuttberges stach Ebba in die Augen, und sie hatte das Gefühl, als habe das ungeheure Gewicht der Klosterbauten auf ihren Schultern gelastet, solange sie dort unten gewesen war. Die Männer hatten sich um Magnus Karlsson versammelt, der am Anfang der Stufen stand, die zum Schuttberg hinunterführten. Magnus blickte auf.
    »Ich hab hier was gefunden, glaube ich«, sagte er. Fassungslos erkannte Ebba, dass er das Buch in die Höhe hielt,das sich in der Truhe befunden hatte – das Inventarverzeichnis des Klosters, das all die Zerstörungen überstanden hatte, um sie mit einer Aufstellung dessen zu verhöhnen, was längst dahin war.
    »Hier steht was von Cortex santananus .«
    »Was?«, schnappte Samuel, der noch halb in dem Loch steckte.
    »Hmmm … co … coooo … cortex …«
    »Zeig her«, sagte Ebba. Sie spähte auf die Zeile, unter der Karlssons schmutziger Zeigefinger lag. Sie blinzelte, aber der Eintrag ging nicht weg. Sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen.
    »Codex satani« , flüsterte sie. Der Eintrag, hastig gekritzelt wie von einer Hand, die selbst nicht glaubte, was sie schrieb, verschwamm vor ihren Augen. »Ich wusste es. Sie ist hier gewesen. Die Jesuiten hatten recht. Der leere Raum dort unten … wenn jemals irgendwo etwas eingelagert war, dessen Macht selbst noch nach so vielen Jahren im Granitstein ein Echo hervorruft, dann war es in diesem Raum …« Ihre Blicke rissen sich von dem Inventarverzeichnis

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