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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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los und begegneten denen der Männer. Ihr wurde klar, dass sie laut gesprochen hatte. »Sie ist in Prag. Das Kloster hat sie Kaiser Rudolf überlassen. Vor über fünfzig Jahren. Das Inventarverzeichnis listet es ganz klar auf.«
    »Verdammte Jesuiten«, murmelte jemand. »Schicken uns in die Wüste. Wir könnten schon lange wieder auf dem Rückweg sein.«
    Ebba schüttelte erneut den Kopf. »Sie war auch danach noch hier. Das Inventar lügt. Ich weiß nur nicht, wie. Aber ich fühle es.«
    »Ebba … es ist nur ein Buch!«
    »Ja … nein …« Ihre Zuversicht war verschwunden und hatte unerklärlicher Angst Platz gemacht. Sie stellte sich die Teufelsbibel vor, nachdem sie diese erfolgreich nach Schwedengebracht hatte, aber statt eines Buches sah sie nur einen riesigen Schatten, der sich vor die Sonne schob, der das Meer verdunkelte, aus dem strahlenden Stockholm ein Tal der Finsternis machte und aus dem Prachtbau von Schloss Tre Kronor eine Gruft. Der Schatten fiel über die Gebäude, über die Menschen … fiel über das Gesicht Kristinas, das sie plötzlich vor sich sah, so wie sie voneinander Abschied genommen hatten, und auf einmal ahnte sie, dass dieser Schatten, wenn er erst in Kristinas Herz angekommen war, nie mehr zurückzudrängen wäre, von ihr Besitz ergreifen würde, aus der Lichtbringerin eine Botschafterin der Schatten machen würde, aus einer Königin eine schreckliche Göttin, aus ihrer von Herzen Geliebten eine Fremde, deren Haut sich kalt anfühlen und deren Zärtlichkeiten wie Peitschenhiebe sein würden. »Nein …!«
    Samuel schüttelte sie so grob, dass sich ihr Haar aus dem Band löste, mit dem sie es zurückhielt, und ihr ins Gesicht fiel.
    »Ebba!«
    Sie straffte sich. »Was?«, sagte sie. »Was? Habt ihr nicht gehört – die Teufelsbibel ist in Prag. Wir holen sie uns dort und bringen sie nach Hause.«
    Samuel brachte sein Gesicht nahe an das ihre heran. Mit den Augen schien er ihre Seele berühren zu wollen. »Bist du sicher?«
    »Was soll das heißen?« Sie merkte, dass sie dem Blick nicht standhalten konnte. Zu ihrer Überraschung fasste er sie am Kinn und drehte ihren Kopf herum, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Sie starrte in die dunklen, prüfenden Augen und sah sich selbst darin reflektiert.
    »Bist du sicher ?«
    »Natürlich bin ich sicher!« Sie befreite sich mit einem Ruck aus seinem Griff. »Was fällt dir ein, Rittmeister Brahe! Wir brechen sofort auf! Das ist ein Befehl!«
    Seine Haltung versteifte sich. »Euer Gnaden!«
    Alfred Alfredsson warf das Brett beiseite, mit dem er geholfen hatte zu graben. »Na los, Kerls: Keeeehrt-MARSCH! Sucht euer Zeug zusammen und sagt den anderen Bescheid. Wir rücken ab!« Er nickte ihr zu. »Euer Gnaden!« Es tat besonders weh, dass er sie so nannte. Sie wollte rufen: »Es tut mir leid! Ich habe es nicht so gemeint!«, doch sie ahnte, dass sie es damit nur schlimmer gemacht hätte. Sie nickte zurück und stapfte den Männern hinterher.
    Samuel hatte innegehalten. Sie drehte sich um und sah, wie er den Folianten mit dem Inventarverzeichnis, den Magnus Karlsson auf den Boden gelegt hatte, aufnahm und nachdenklich in der Hand wog. Dann schleuderte er ihn durch das Loch in das Gewölbe hinunter. Ihre Blicke begegneten sich. Er blieb stehen, bis sie sich abwandte, und kam dann als Letzter hintennach. Es wirkte höflich, aber es war nicht mehr als die Umsicht eines Offiziers, der es vorzieht, seiner Truppe den Rücken freizuhalten. In seinen Augen hatte sie lesen können, dass sie sein Vertrauen verloren hatte.

16.
    Bei ihrem Abzug aus dem Kloster setzte Samuel sich an die Spitze. Ebba versuchte, zu ihm aufzuschließen, aber er packte wortlos den Zügel ihres Pferdes und zwang es hinter dem seinen zurück. Sie ließ es geschehen. Vor dem Tor standen die zerlumpten Elendsgestalten der Braunauer Bürger dicht an dicht und starrten ihnen stumm entgegen. Der alte Krüppel in seinem Leiterwagen hatte sein Winken eingestellt. Er gaffte sie mit offenem Mund an und blieb an Ort und Stelle. Ebba hielt den Atem an, weil es einen Herzschlag lang so aussah, als würde Samuel ihn einfach über den Haufen reiten, doch dann lenkte der Rittmeister sein Pferd umdas Hindernis herum, und sie und die Männer folgten dem vorgegebenen Pfad in einer langen Einzellinie. Das Klappern der Pferdehufe brach sich an der hoch aufragenden Wand der Klosterkirche und flatterte als Echo in die Gasse hinein, in der sich die stumme Masse drängte. Husten war hörbar, da und

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