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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Rytíř … ich bin so froh, Sie zu sehen … warum haben Sie nur die Reise von Prag hierhergemacht? … Sind Sie gesund, geht es Ihnen gut? Ich danke Gott, dass Sie nicht im letzten Sommer hier waren, Kämpfe, sage ich Ihnen, Kämpfe … so viel Blut, so viel Leid … Man möchte meinen, dass keine Kraft mehr zum Schmerz in diesem Land steckt, und doch findet sich immer noch weitere Pein …«
    »Was tun Sie denn hier, Šimon? Im Rathaus? Hat man Sie jetzt auch noch zum Bürgermeister ernannt?« Alexandra sah keine Notwendigkeit, ihm gegenüber Offenheit zu zeigen, was ihre wahre Reiseroute betraf.
    Šimon lachte unglücklich. »Nein, nein, aber zum Kämmerer. Dafür tauge ich gerade noch: Kämmerer von nicht mehr existierenden Finanzen. Aber vielleicht gelingt es mir, Verträge beim Stadtrat einzubringen, die Ihrem Unternehmen weitergehende Rechte zubilligen und so Ihre Verluste ausgleichen, sobald hier nur wieder alles aufgebaut ist …«
    Er schaute aus dem Fenster und ließ die Schultern sinken. Das Fenster hatte kein Glas und keine Bleifassungen mehr.Der Boden des Ratssaales war an den Stellen, an denen man gefahrlos Bretter hatte herausreißen können, um sie anderweitig zu verwenden, voller Löcher.
    »… wenn nur erst wieder alles aufgebaut ist …«, murmelte er.
    »Und?«, fragte Alexandra, um ihn aufzumuntern. »Haben Sie schon herausgefunden, wo der Rat das Silber versteckt hat?«
    Er lachte erneut, schnaubend wie ein trauriges Maultier. »Ich tue die Arbeit erst seit zwei Tagen, Frau Rytíř.«
    »Ach so. Wollte Ihr Vorgänger nicht mehr?«
    »Nein.« Er räusperte sich. »Man könnte sagen, er ist … abgesprungen.« Šimons Blicke huschten zum Fenster. »Dort hinaus, um genau zu sein.«
    Alexandra starrte ihn voller Horror an. Er zuckte mit den Schultern. »Der Krieg holt sich seine Opfer, auf die eine oder andere Weise.«
    »Oh, Šimon, es tut mir so leid …« Sie wusste, dass ihre Augen feucht wurden; nicht wegen des unbekannten Selbstmörders, sondern weil Wenzels Tod plötzlich wieder Raum in ihren Gefühlen beanspruchte. Auch Šimons Augen röteten sich.
    »Es ist nicht so, dass er mein Freund gewesen wäre, Sie verstehen … aber in einer Stadt wie dieser kennen die wenigen, die noch verblieben sind, sich natürlich gut …« Er schwieg und starrte ins Leere. Alexandra holte ihn mit einem Räuspern zurück in die Gegenwart.
    »Šimon, ich brauche Ihre Hilfe. Ich muss so schnell wie möglich weiter … zurück! … nach Prag. Ich benötige neue Eisen für mein Pferd, Kleidung, Essen, Trinken – und ein Lager für die Nacht. Ich kann nicht bezahlen, aber die Firma wird dafür geradestehen.«
    »O Gott, Frau Rytíř, machen Sie sich wegen der Kosten doch bitte keine Sorgen … aber Eisen … hmmm … alles,was man irgendwie in Waffen verwandeln kann, haben die Truppen von General Holzapfel letzten Sommer requiriert. Wir könnten höchstens … ja, das wäre eine Möglichkeit: die Handfesseln und Ketten im Gefängnis. Einen Schmied gibt es noch in Pilsen, der könnte sie umarbeiten!«
    »Ich glaube nicht, dass der Gefängnisaufseher sich so leicht davon trennen wird.«
    »Das werden wir sehen. Als Kämmerer ersetze ich ihm die Kosten, die er mit den Gefangenen hat, da wird er nicht allzu viel Widerspruch einlegen, sonst sehe ich mir nächstens seine Rechnungen genauer an.«
    »Ein Stückchen Normalität in all dem Wahnsinn«, seufzte Alexandra.
    »Kommen Sie, ich wollte mir sowieso ein Bild von der Lage machen. Bei der Eroberung durch die Mansfeldischen Truppen vor dreißig Jahren sind die Häuser zwischen dem Barfüßerkloster und dem Prager Tor zerstört worden; da befand sich auch das Gefängnis. Die Gegend ist so wüst wie damals; das Gefängnis ist in den Turm des Kleintors verlegt worden, und da befindet es sich immer noch.«

    Der Aufseher über das Gefängnis schien gleichzeitig der Turmwart zu sein; im halb entvölkerten Pilsen streckten sich die Behörden nach der Decke. Er war verheiratet und hatte mindestens ein Dutzend Kinder, und man konnte ihm ansehen, dass er schlaflose Nächte hatte, wenn ein neuer Insasse in der Zelle weinte oder um Gnade flehte. Vor allem war er empört darüber, dass Šimon die Höhe seiner Ausgaben rügte. Alexandra hielt die Anschuldigungen ihres alten Geschäftspartners zunächst für Gesprächstaktik, um den Turmwart aufnahmefreudiger zu stimmen für das Ansinnen, ein paar Schellen und Ketten herauszurücken.
    »Den alten Vorschriften nach ist es den

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