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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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den schimmernden Narbenstreifen auf dem Arm, als wolle ihre innere Stimme, die währenddessen beständig flüsterte, dass sie sich heraushalten sollte, ihr in allen Einzelheiten zeigen, was sie riskierte. Sie durfte sich hier nicht aufhalten lassen, schon gar nicht wochenlang durch einenProzess wegen der Unterstützung einer der Hexerei überführten Angeklagten.

    Šimon war still und nachdenklich, während er und Alexandra darauf warteten, dass der Schmied die Eisen von Alexandras Pferd und dann die Ketten besah, die der Turmwart ihnen mitgegeben hatte in der klaren Hoffnung, dass sich dies irgendwie positiv auf die weitere Entwicklung für seinen unfreiwilligen Schützling auswirken solle. Alexandra war zum Speien übel. Sie hatte ihrer inneren Stimme gehorcht und im Gefängnis geschwiegen. Der Richter hatte schließlich widerwillig befohlen, dass man einen seiner Beisitzer herbeiholen möge, um die Gefangene zu befragen, und zu Alexandras Horror hatte Šimon nicht nur darauf bestanden zu warten, bis der Mann kam, sondern auch noch die ersten Fragen abgewartet. Ob das Kind sich im Klaren sei, dass seine Mutter eine Hexe gewesen sei? Vor Alexandras innerem Auge stand das völlige Unverständnis, mit dem das Mädchen die beiden Richter angeblickt hatte; es stach wie mit Messern in ihr Herz. Ob das Kind sich denn erinnere, dass die Mutter getanzt habe, und zwar mit dem …? Das Kind hatte fröhlich lachend unterbrochen: Oh ja, getanzt hatte die Mutter, und gesungen, mit Blumen im Haar, und wenn die Herren in der Lage wären, es mit der Mutter wieder zusammenzuführen, dann wäre es sooooo dankbar! Dem Turmwart und seiner Frau waren Tränen über die Wangen gelaufen, die Kinderhorde war blass und still gewesen, die Richter hatten sich resignierte Blicke zugeworfen, und Alexandra hatte sich die Hand vor den Mund gepresst, damit sie nicht Šimon und den anderen vor die Füße kotzte.
    »Ich frage mich, ob …«, begann Šimon.
    Kalte Verachtung stieg in Alexandra hoch. Deine Reue kommt zu spät, du pflichtbewusstes, bigottes Arschloch , dachte sie.
    »… es nicht noch mehr solche Fälle gibt«, fuhr Šimon fort. »Das Unglück unserer Stadt hat alle nachlässig werden lassen, und wir versündigen uns sowohl vor Gott als auch vor dem Ziel, den alten Glanz Pilsens wiederherzustellen.« Er seufzte und wandte sich an Alexandra: »Ich will Sie damit nicht weiter belasten; Sie sind müde, und ich habe schon gesehen, dass Ihnen das Schicksal der Kreatur nahegeht. Glauben Sie mir, es ist zum Besten für die arme Seele. Suchen wir ein Nachtquartier für Sie; allzu viele gibt es nicht mehr.«
    »Ich glaube, ich breche gleich auf«, brachte Alexandra hervor.
    »Das können Sie nicht; es wird bald dunkel. Sie können nicht durch die Nacht reiten. Außerdem …«
    Šimon wies auf den Schmied, der soeben das erste von den Hufeisen gelöst hatte und es musterte, ob es zum Einschmelzen und nochmaligem Verwenden taugte. Alexandra verfluchte ihn im Stillen dafür. Ihre Schultern sanken herab.
    »Gut«, sagte sie gepresst. »Suchen wir das Quartier. Ich werde mich wohl gleich hinlegen.«
    Weil ich dir die Augen auskratze, wenn ich dich noch länger ansehen muss , dachte sie.
    »Ich bin so froh, dass ich Ihnen helfen kann, Frau Rytíř«, sagte Šimon und lächelte sein eifriges Lächeln.

    In der Dämmerung des nächsten Morgens trieb Alexandra ihr Pferd aus der Stadt hinaus. Sie hatte den Schmied geweckt und in Kauf genommen, vor dem verschlossenen Prager Tor warten zu müssen, bis die Wachen es öffneten. Von Šimon Plachý hatte sie sich nicht verabschiedet; sie hätte seinen Anblick nicht ertragen. Was immer er an Vorräten für sie aufgetrieben hatte, würde er selbst essen dürfen; vielleicht hatte der Herr ein Einsehen, und Šimon erstickte daran. Jedenfalls war es ihr vollkommen egal, was er von ihr dachte. Sie hoffte nur, eine so große Strecke wie möglich zwischen sich undPilsen zu bringen, bevor es begann, aber auf dem Weg einen der Hügel hinter der Stadt hinauf erreichte sie der langsame Schlag der Trommeln. Sie zügelte das Pferd und wandte sich im Sattel um.
    Die Ruinen um das Barfüßerkloster herum und der fehlende Turm über dem Prager Tor ermöglichten ihr einen freien Blick auf den Marktplatz. Wo der Galgen stand, kauerte jetzt eine niedrige Holzhütte; Alexandra hatte das Hämmern und Sägen bis in die Nacht hinein gehört. Aus der Gasse, die zum Kleintor und damit zum Gefängnis führte, kam eine Prozession

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