Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
Vom Netzwerk:
überwinden. Ich stehe hier und strecke die Hand nach dir aus. Du musst schon näher kommen und sie ergreifen.«
    »Du redest dich leicht!«
    »Natürlich. Ich habe das Hindernis ja nicht. Ich kann freien Herzens sagen: Ich liebe dich. Ich liebe dich, Alexandra.«
    »Gib mir Zeit«, sagte sie, und es war das größte Zugeständnis,das sie ihm je gemacht hatte seit dem Tag vor dreißig Jahren im Burghof in Prag, als sie das Gleiche gesagt hatte. Und Wenzel wusste, dass er es nicht annehmen durfte.
    »Nein«, sagte er. »Du hattest genug Zeit.«
    Er kam mühsam auf die Beine. Alexandra blieb auf dem Boden kauern. Sie sah zu ihm auf. Er zuckte mit den Schultern.
    »Alle Liebe, die ich jemals gefühlt habe, ist gestorben«, wisperte sie.
    »Das stimmt nicht.«
    »Was weißt du davon?«
    »Ich sehe dich an und weiß es.«
    Sie ließ den Kopf hängen. Ihre Schultern begannen zu beben. Der Haarvorhang versteckte ihr Gesicht.
    »Alexandra – liebst du mich?«
    Er wartete auf ihr Kopfschütteln. Es kam nicht. Er wusste, dass dies alles war, was er für den Moment bekommen würde. Und für den Moment – reichte es.

2.
    Als Wenzel zum Eingang der Bibliothek schlurfte, wurde ihm bewusst, dass das Hämmern von draußen aufgehört hatte. Er hob ächzend den großen Balken aus den Zwingen, schob die Riegel zurück und zog die Tür auf.
    Sie standen alle draußen und gafften. Er hatte nie gedacht, dass sich ein Haufen Menschen auf so kleinem Raum zusammendrängen konnte. Der Torhüter stand vor allen anderen, das personifizierte Beispiel der Anführerwahl durch kollektives Nach-vorne-Schieben eines unseligen Gruppenmitglieds. Er hielt einen Kerzenständer als Waffe in der Hand, der ihn vermutlich nach hinten gezogen hätte, wenn er ihn überhaupt über den Kopf hätte heben können. Es wirkte, alsbrauche Wenzel nur mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen und »Buh!« zu rufen, und alle würden kreischend flüchten. Dass sie vor der Bibliothek ausgeharrt hatten, war ihnen unter diesen Umständen doppelt anzurechnen.
    »Alle guten Geister …«, begann eine Piepsstimme aus der Mitte der Gruppe.
    »Schon gut, schon gut«, sagte Wenzel. »Ich bin es immer noch. Ihr hättet mir sagen sollen, dass Frau Rytíř aus Prag zu Besuch im Kloster weilt.«
    »Ich habe es mehrfach versucht«, erklärte der Torhüter. »Aber du …«
    »Vergiss es«, sagte Wenzel. »Nicht so wichtig.«
    »Was ist denn da drinnen vorgefallen?«, fragte der Torhüter und versuchte, an Wenzels Schulter vorbeizuspähen.
    »Nichts«, sagte Wenzel. »Wieso? War etwas?«
    »Nein, nein.« Das Kopfschütteln des Torhüters fand seinen Widerhall bei zwei Dutzend Mönchen und einem halben Dutzend ehemaliger Wegelagerer.
    Wenzel spürte, dass jemand neben ihn trat – Alexandra. Die Mönche verbeugten sich. Die dick aufgetragene Arglosigkeit in den Gesichtern, die vom Bruder Torhüter bis zu Giuseppe, dem Novizen, genau gleich aussah, machte Wenzel klar, dass seine Mönche größere Halunken waren, als er geahnt hatte. Die Zuneigung zu ihnen schoss so heiß in ihm empor, dass sie die Erinnerung an das Leid aufrührte, das sie erlitten hatten – Bruder Čestmír und Bruder Robert, die in Grafenwöhr gestorben waren, und Bruder Tadeáš, der sich trotz seiner Verwundung klaglos durch alle Strapazen schleppte, die die Gefangenschaft beim Steinernen Johannes ihnen zugemutet hatte … Wenzel musste sich räuspern.
    »Sind mein Vater …«, begann Alexandra, die sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt und versucht hatte, ihr Haar halbwegs in Ordnung zu bringen.
    »… und meiner …«
    »… hier gewesen?«
    »Natürlich«, erwiderte der Torhüter. »Erst vor Kurzem.«
    »Waren sie da in der Bibliothek?«
    Die Blicke des Torhüters huschten zwischen Alexandra und Wenzel hin und her. »Äh … ja …«
    »Allein?«
    »No« , gab Bruder Giuseppe Laut. »Per tutto il tempo con me!«
    »Hm! Und sonst?«
    Der Torhüter schüttelte den Kopf.
    »Und meine Mutter – Agnes Khlesl?«
    Der Torhüter schüttelte erneut den Kopf.
    Alexandra und Wenzel wechselten einen Seitenblick. »Das lässt nur noch den Schluss zu, dass sie gestohlen worden ist«, murmelte Alexandra. Sie war erneut bleich geworden. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück in die Bibliothek hinein. Wenzel folgte ihr. Die Mönche draußen machten spitze Ohren, wagten es aber nicht, näher zu treten. »O Gott … wenn das stimmt … wann hast du das letzte Mal überprüft, dass das Buch vor Ort ist?«
    »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher