Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
klemmte sie ein. Ihr Rock riss über die ganze Länge, und ihre Schenkel klammerten sich um ihn. Er war nicht darauf gefasst gewesen. Die Anstrengung hatte ihn den Atem ausstoßen lassen, und mit ihren Beinen um den Leib, die ihn festhielten mit der geübten Muskulatur einer Reiterin, konnte er kaum mehr atmen. Er stierte sie an und versuchte, nach Luft zu schnappen.
»Wo hast du sie hingeschafft?«, schrie sie. »Deswegen bist du doch hier – weil du gehofft hast, sie vor uns allen verstecken zu können. Du lässt uns vor die Hunde gehen, nur um das Buch zu schützen!«
»Alexandra«, ächzte er, »wenn ich die Teufelsbibel schon vorher versteckt hätte, warum hätte ich dann die Falltür öffnen sollen? Um eine Komödie für dich zu spielen? Ich wusste doch gar nicht … dass du hier bist. Ich … ich … kriege … keine … Luft … mehr …!«
»Und was tust du dann hier? Warum bist du gekommen? Du wolltest sie wegschaffen! Gib es zu!«
»Nein«, sagte er und wand sich. Es gab nur eine Möglichkeit – entweder ließ er zu, dass sie ihm Furchen durch das Gesicht zog, oder er verlor vor Atemnot das Bewusstsein. »Nein, Alexandra … ich wollte … ich wollte sie … Pater Silvicola bringen …« Er ließ eines ihrer Handgelenke los, umklammerte ihren Schenkel dicht oberhalb des Knies und drücktezu. Sie schrie auf. Die Fangschere ihrer Beine lockerte sich. Er drückte ihr Knie hinunter und wand sich heraus, rollte sich zur Seite und fiel auf den Rücken. Er rang nach Luft, seine Rippen knackten. Zu spät fiel ihm ein, dass er seine Deckung aufgegeben hatte, und er hob die Hände vor das Gesicht. Alexandra rappelte sich halb auf und starrte ihn an.
» Was wolltest du?«, fragte sie und blinzelte fassungslos.
»Ich wollte dem Jesuiten die Teufelsbibel bringen«, stöhnte Wenzel. »Ich dachte doch, du weißt nicht, dass sie hier ist, und suchst in Prag. Ich wollte deine Familie retten.«
»Aber … du hast doch …«
»Ja. Ich habe geschworen, die Teufelsbibel unter allen Umständen zu schützen. Ich wollte meinen Eid brechen. Ich hätte ihn niemals ablegen dürfen. Wenn man die Welt nur dadurch retten kann, dass man die Menschen opfert, die man liebt, dann ist sie es nicht wert.«
Ihr Mund arbeitete. Ihre Hände lagen kraftlos neben ihr. Er packte eine davon, rollte sich herum und küsste sie in die Handfläche. Jede Bewegung ließ seinen Körper schmerzen, als wäre er unter eine Horde durchgehender Stiere geraten.
»Ich liebe dich, Alexandra«, sagte er. »Ich habe nie etwas anderes getan, als dich zu lieben. Du bist mein Leben. Wie konntest du nur einen einzigen Augenblick annehmen, dass ich dir wehtun würde?«
Er erwartete, dass sie sich abwenden würde, wie sie es so oft getan hatte. Als er spürte, wie ihre Hand zuckte, hielt er sie fest und sah zu ihr auf. Das Haar hing ihr in Strähnen ins Gesicht, und sie hatte wieder angefangen zu weinen. Sie war schön … so schön …
»Ich liebe dich«, sagte er nochmals.
»Es hat alles keinen Sinn«, flüsterte sie.
»Der Kampf gegen die Teufelsbibel und gegen Kreaturen wie Pater Silvicola?«
»Nein … deine Liebe zu mir.«
»Du wolltest sagen: unsere Liebe.«
»Nein, das wollte ich nicht.«
Er lächelte. »Du hast es doch schon gesagt.«
Sie musterte ihn. Er wünschte sich, aufzustehen, ihr das Haar aus dem Gesicht zu streichen, ihr die Tränen von den Wangen zu wischen, sie in den Arm zu nehmen und festzuhalten und sein restliches Leben nicht mehr loszulassen. Er bewegte sich nicht.
»Wann?«
»Als du versucht hast, mich zu erschlagen. Es war subtil, aber ich bin es gewöhnt, auf Zwischentöne zu hören.«
Der Geist eines Lächelns ließ ihre Lippen zucken. »Du meinst, ich wollte dich ganz subtil erschlagen?«
»Feinfühlig, so wie man dich kennt.«
»Uns trennt zu vieles, Wenzel.«
»Sag mir eines.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht.« Sie entzog ihm ihre Hand. »Ich kann nicht.«
»Dann gilt es nicht«, hörte er sich sagen. Er war erstaunt über sich selbst. Ihren Augen war anzusehen, dass sie wirklich daran glaubte, dass etwas Unüberwindbares zwischen ihnen stand. Sie liebte ihn – doch sie würde die Liebe nicht einlösen. Mit dieser Erkenntnis hatte er all die anderen Male zurückgesteckt und ihre Entscheidung akzeptiert. Heute würde er nicht zurückstecken. »Wenn es zwischen uns steht, müssten wir beide es kennen. Anderenfalls ist es ein Hindernis, das dir im Weg steht, und es ist deine Aufgabe, es zu
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