Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
zurück ins Kloster, zieht die schwarzen Kutten aus und betet für unsere sichere Rückkehr.«
»Mit Verlaub, ehrwürdiger Vater – nein.«
»Das ist Gehorsamsverweigerung.«
»Ja, das ist es wohl.« Nicht einer der Mönche sah auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks unsicher aus.
»Es widerspricht eurem Schwur auf die Regel des heiligen Benedikt.«
»Entschuldige, ehrwürdiger Vater, aber es gibt einen Gehorsam, der über das hinausgeht, was in Regeln und Vorschriften steht, und wir sind alle der Meinung, dass es dieser Gehorsam ist, den der Heilige seinen Gefolgsleuten abfordert.«
»Ach ja?«, sagte Wenzel. Er spürte, wie ihm ein Kloß in den Hals stieg, und dachte zugleich: Ich habe mich immer gefragt,wie es sein konnte, dass Bruder Pavel, der Beste der Kustoden, damals blindlings in sein Verderben rannte und so viele Menschenleben mit sich nahm. Jetzt weiß ich es. Auch er fühlte einen Gehorsam, der weit über die Regula Benedicti hinausgeht: den Gehorsam der Liebe zu seinem Abt. Und ich weiß jetzt auch, welche Macht diese Liebe hat. Da stehen sie allesamt und warten darauf, mir in den Tod zu folgen. Und mit immer größer werdender Fassungslosigkeit erkannte er, dass zwischen den schwarzen Kutten eine halbe Handvoll zerlumpter Kerle stand und nicht weniger begeistert aussah als die Klosterbrüder. Ein zahnlückiges Gesicht nickte ihm entschlossen zu. Er hatte es zum ersten Mal gesehen, als sein Besitzer ihn aufgefordert hatte, ihm alle Wertsachen und die Kleidung zu übergeben.
»Das geht nicht«, murmelte Wenzel.
»Doch, ehrwürdiger Vater«, sagte der Torhüter fest. »Es geht. Und um deinem nächsten Einwand zuvorzukommen: Dort im Stall stehen genügend Pferde, mit denen wir dir und Frau Rytíř nachfolgen können, selbst wenn wir zu zweit auf einem sitzen müssen.«
» Eccetto die Kellermeister«, piepste eine Stimme aus den schwarzen Kutten hervor. »Troppo pesante.«
Der Kellermeister wandte sich um. »Ich geb dir gleich …«
»Brüder«, sagte Wenzel und hatte Mühe, das Schwanken seiner Stimme unter Kontrolle zu halten. »Ich kann das nicht von euch verlangen.«
»Das ist richtig. Du kannst nicht von uns verlangen, dich im Stich zu lassen. Und Frau Rytíř, bitte um Entschuldigung. Und nun lass uns bitte in den Stall, wir müssen die Pferde satteln.«
»Die Pferde sind dem Kloster nur anvertraut …!«
»Pferde müssen ab und zu bewegt werden. Das tun wir hiermit. Folgt mir, Brüder, immer zwei suchen sich ein Pferd aus.«
» Eccetto die …«
»Ja, ja, schon gut, du Hänfling. Komm du erst in mein Alter …«
Alexandra, die sich mit ihrem Pferd an seine Seite gesellt hatte, schenkte Wenzel ein schiefes Lächeln. »Ich frage mich, was Mama tun wird, wenn ihr plötzlich zwei Dutzend schwarze Mönche zu Hilfe kommen.«
»Sie wird jedem einen Knüppel in die Hand drücken und ihm zeigen, wo er draufhauen muss. Na gut – Brüder, es zählt jede Minute. Wir brechen sofort auf, ihr folgt uns nach.«
»Dann verrätst du uns also, wohin es geht, ehrwürdiger Vater?«
»Podlaschitz!«
»Mamma mia!«
»Siehst du, du Hänfling, jetzt machst du dir ins Hemd!«
3.
Die Mönche donnerten mit einer Verspätung von gut einer Stunde zum Tor des Klosters hinaus, dass die Bediensteten und Knechte beiseitesprangen und ihnen mit offenen Mündern nachstarrten. Im selben Augenblick versuchte ein Wagen einzubiegen. Der Lenker, ein Klosterbruder in zerfranster schwarzer Kutte, brachte die scheuenden Maultiere, die den Wagen zogen, mühsam zum Stehen. Er wandte sich um und blickte der davonreitenden Kavalkade hinterher. Aus dem Wageninneren schob sich ein Kopf und folgte dem Blick, dann sahen die beiden Mönche sich an.
»Das waren alle unsere Brüder«, sagte Bruder Bonifác, der auf dem Kutschbock saß.
»Hast du gesehen, welche Kutten sie …?«, fragte Bruder Daniel.
»Ja, hab ich!«
Die Maultiere schnaubten und stemmten sich gegen die Zügel. Die beiden Mönche starrten der Schnee- und Staubwolke nach und sahen sich dann erneut an. Bruder Daniel zuckte mit den Schultern.
»Was meinen die anderen?«, fragte Bruder Bonifác.
Der Kopf von Bruder Tadeáš zeigte sich neben Bruder Daniel im Wagenfenster. Bruder Tadeáš sah immer noch aus, als müsse man in den nächsten Stunden mit seinem Ableben rechnen, aber er hatte die Kutschfahrt von Eger hierher überstanden, ohne noch schlechter auszusehen.
»Wo wollen die hin?«, krächzte Bruder Tadeáš.
»Keine Ahnung.«
»Hinterher!«,
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