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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Melchior die Musketen in die Arme. »Gebt mir Deckung.«
    Das Unglaublichste war nicht, dass Pater Plachý mit geraffter Soutane in den Kugelhagel hinausstürzte und seine lange Gestalt, die ein Blinder nicht hätte verfehlen können, dem konzentrierten Feuer preisgab, das ihm entgegenschlug. Melchior und der Mann neben ihm feuerten in Richtung Tor, aber vermutlich merkten die Angreifer gar nicht, dass auf sie geschossen wurde. Pater Plachý tanzte durch die Einschläge.Es war auch nicht das Unglaublichste, dass er völlig unverletzt drüben ankam.
    Das Unglaublichste war, dass er zehn Herzschläge später wieder den Rückweg antrat, durch das Feuer hüpfend wie ein zu groß geratener Junge, der versucht, auf keine Ritze zwischen den Pflastersteinen zu treten, und keuchend in Melchiors Deckung ankam, um zu sagen: »Der General ist einverstanden.« Dann klopfte er sich den Staub aus der Soutane, nahm Melchior die beiden Musketen ab und verschwand, um die Neuigkeiten weiterzugeben.
    Die Arkebuse donnerte zum dritten Mal los. Der Wetterhahn auf dem Strahover Turm sprang in die Höhe, polterte das Dach herunter und fiel dann zwischen den Angreifern auf den Boden, die auseinanderspritzten.
    »JaaahaaaaHAAAA!«, keckerte der Alte hinter seinem Fenster. »Fresst Scheiße, ihr Bastarde!«
    Die Studentenkompanie tauchte aus ihren Deckungen auf und lief auf die Gasse hinaus. Sie feuerten ihre Musketen auf die Eindringlinge ab und rannten dann zur Burg. Melchior hastete mit ihnen, als er sah, wie auch Andreas und der General sich von ihrer Hausecke lösten und zu laufen begannen. Sie trafen außer Schussweite zusammen. Andreas wurde langsamer. Melchior schob ihn vor sich her.
    »Lauf!«, schrie er. »Lauf! Wir haben keine Zeit zu verlieren!«
    Andreas nickte. General Colloredo wurde langsamer. »Viel Glück!«, schrie er.
    Pater Plachý tauchte neben ihm auf. »Nein, General!«, schrie er. »Verschwinden Sie von hier. Organisieren Sie die Verteidigung der Altstadt! Wir halten sie hier auf, solange wir können.«
    Colloredo nickte. Inzwischen waren überall Fenster und Türen geöffnet, Menschen schrien aus den Fenstern, rannten auf die Gasse hinaus oder drückten sich in Hauseingängeund kreischten. Die ersten Waffen wurden sichtbar, offenbar versteckt seit den Tagen der Passauer Landsknechte. Auch die Kleinseitner selbst hatten keine Lust, erneut kampflos den Gräueltaten der Soldaten ausgeliefert zu sein.
    »Lasst alles stehen und liegen!«, schrien Melchior und Andreas. »Nehmt nur eure Familien! Ihr könnt sie nicht aufhalten. Kommt! Rettet euch über die Brücke.«
    Zuerst reagierten die Menschen nicht. Noch nie hatte jemand die armen Kleinseitner eingeladen, auf der reichen Altstadtseite Schutz zu suchen. Doch der Anblick von General Colloredo, der schmutzbedeckt und mit zerrissenem Gewand neben Melchior und Andreas herlief und die Anweisung wiederholte, weckte sie auf. Als sie das Ende der steilen Gasse erreicht hatten, die vom Burgberg herabführte, rannten bereits Dutzende von Männern, Frauen und Kindern hinter und vor ihnen her, während andere sich mit grimmigen Gesichtern und ihren antiken Schießprügeln auf den Weg nach oben machten, um die Studentenkompanie zu unterstützen. Jetzt waren es schon Hunderte. Sie schwärmten zum Fuß der Brücke, stauten sich vor dem Kleinseitner Tor, wo die Wachsoldaten sich anschickten, auf sie zu schießen, bis sie den General unter ihnen erblickten. Die Tore wurden geöffnet, und die Menschen rannten auf die Brücke hinaus. Der Türmer signalisierte hektisch mit Flaggen zum Altstädter Tor hinüber, und auch dort öffneten sich die Torflügel. Andreas, Melchior und Colloredo blieben keuchend stehen.
    »Wir können sie nicht alle retten«, stöhnte Andreas.
    »Nein, aber wir können mehr als gar keinen retten, anders als bisher«, keuchte Melchior. »General, selbst wenn wir aufgeben müssen und Königsmarck die Stadt plündert, haben wir gewonnen. Noch nie zuvor haben die beiden Hälften Prags so zusammengestanden!«
    Colloredo nickte. Er war so außer Atem, dass er nichtssagen konnte. Zugleich blitzten seine Augen. Er deutete zum Kleinseitner Brückenturm; stöhnend arbeiteten sie sich die Treppe hinauf bis zur Aussichtsplattform. Die Kleinseite lag vor ihnen, die Gassen schwarz vor Menschen … und oben bei den Gärten blitzte und zuckte das Musketenfeuer. Es war unübersehbar, dass die Qualmwolke herunterwanderte. Die Studenten wurden zurückgedrängt.
    »Wenn der Feind erst

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