Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
Vom Netzwerk:
weniger Minuten ausgelöscht sein würde, wenn nicht jemand etwas unternahm. Als er dies zu Ende gedacht hatte, stand er bereits mitten in der Gasse.
    »Auseinander!«, brüllte er. »Löst die Karrés auf! Versteckt euch!« Kugeln sprangen links und rechts von ihm vom Pflaster hoch. Der Hut wurde ihm vom Kopf gerissen. Er versuchte zur Seite zu springen, fühlte einen Schlag gegen den Fuß und stürzte zu Boden. »Häuserkampf!«, schrie er. »Nehmt sie aus den Häusern heraus unter Feuer! Haltet sie auf dem Torplatz auf!« Er rollte sich herum. Sein Hut machte einen Satz auf ihn zu, als ihn eine erneute Kugel traf. Der Federbusch explodierte und verteilte einen gaukelnden Regen aus zerfetzten Federn. Melchior griff nach seinem Hut, sprang auf und rannte ein paar Schritte. Die Studenten hatten ihn verstanden und liefen in alle Richtungen auseinander, warfen sich hinter Hausecken, Mauervorsprünge und in Durchgänge. Türen wurden eingetreten. Im Obergeschoss eines Hauses splitterte Glas, ein langer Lauf schob sich heraus. Melchior hechtete nach vorn, machte eine Rolle und landete zwischen den Beinen eines Musketiers, der mit ihm zusammen zu Boden ging. Mehrere Kugeln schlugen Putz von der Mauerecke, die ihre Deckung war.
    Der Lauf, der sich aus dem Fenster schob, entpuppte sich als der einer monströsen, altertümlichen Arkebuse. Melchior rappelte sich auf und sah fassungslos ein zahnloses Gesichtunter einem Kranz dünner weißer Haare, das hinter der Arkebuse sichtbar wurde. Die Hakenbüchse löste mit einem Krach aus, dass man meinen konnte, jemand habe eine Kanone abgefeuert. Eine Qualmwolke, groß wie eine Kutsche, quoll aus dem Fenster und hüllte das Haus ein. Vorn beim Tor warfen sich die Schützen zu Boden. Der obere Teil eines Gebüschs etliche Dutzend Schritt neben dem Tor flog in die Luft, Blätter und Zweige prasselten nieder.
    »Scheiße!«, krächzte der Besitzer des Schießprügels und verschwand hinter der Fensterbrüstung, zweifellos um sein Monstrum nachzuladen. Putz stäubte rund um die Fensteröffnung auf, als die Angreifer darauf feuerten. Man konnte den alten Mann höhnisch lachen hören.
    »Großer Gott!«, sagte der Schütze, bei dem Melchior in Deckung gegangen war, mit offenem Mund.
    Melchior spähte um die Ecke und zog den Kopf sofort wieder zurück. Kugeln pfiffen ihm um die Ohren. Die Angreifer waren weiter vorgerückt. In wenigen Schritten würden sie selbst die Deckung der ersten Häuser erreicht haben. Er sah hilflos über die Gasse zu Andreas und Colloredo hinüber. Der General sprang auf und ab vor Wut und brüllte etwas, das keiner verstand. Dann pflanzte sich der Ruf fort.
    »Rückzug! Rückzug zur Brücke!«
    »Nein!«, schrie Melchior. Er winkte mit den Armen, aber der General beachtete ihn nicht. »Wir dürfen die Kleinseite nicht einfach so aufgeben!«
    Die Arkebuse schob sich wieder aus dem Fenster und dröhnte. Der Qualm lag mittlerweile in der Gasse wie Morgennebel. Diesmal sprang der größere Teil einer Hausecke vorne beim Torplatz ab. Brocken regneten herab, und die beiden Studenten, die sich dort verschanzt hatten, traten fluchend den Rückzug an.
    »Ääääh …!«, krächzte der Alte und ging wieder in Deckung.
    »Wenn der so weitermacht, ist er der beste Schütze, den der Gegner hat!«, brüllte der Musketier neben Melchior.
    »Rückzug! Alles hinunter zum Fluss!«
    »Nein!«, schrie Melchior. »Nein! Zum Teufel! Gott, wieso hört der Narr mich nicht?«
    »Kann ich helfen?«, fragte eine tiefe Stimme. Melchior fuhr herum. Pater Plachýs lange Gestalt türmte sich über ihm auf. Der Jesuit war schweißgebadet, und seine Soutane war zerrissen. In seinen Pranken hielt er zwei Musketen, die genauso aussahen wie die, die Königsmarcks Musketiere verwendeten. Wie er sie erbeutet hatte, war Melchior ein Rätsel.
    »Colloredo befiehlt die Männer zurück«, stieß Melchior hervor. »Wir können die Kleinseite nicht preisgeben! Wir dürfen Königsmarck nicht ein paar Tausend Leute vorwerfen, mit denen er machen kann, was er will. Wir brauchen kein neues 1610!«
    »Was schlägst du vor?«
    »Die Männer sollen sich bis zur Burg zurückziehen. In den Gärten können sie sich eine Weile verschanzen und den Feind aufhalten, da wird die Gasse enger. Mein Bruder und ich versuchen, so viele Leute wie möglich aus den Häusern zu holen und zum Fluss hinunterzutreiben.«
    »Gute Idee!«
    »Und wie bringen wir sie dem General bei?«
    »Lass das meine Sorge sein.« Plachý drückte

Weitere Kostenlose Bücher