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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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eingezogen hätten, hätten wir Agnes und Alexandra nicht befreien können.«
    Alfred kniete sich neben ihr nieder und legte die Faust ans Herz. »Hallo, Samuel«, sagte er.
    »He, Alfred. Die Småländer haben’s allen gezeigt, nicht wahr?«
    »Wie immer, Rittmeister.« Alfreds Faust zitterte.
    »Hat es sich wenigstens rentiert, Alfred?«
    »Sie sind alle in Sicherheit. Bis auf einen.« Alfred räusperte sich und räusperte sich noch ein zweites Mal. »Cyprian Khlesl … hat’s erwischt.«
    Samuel schwieg lange. »Ich werde ihn bald wiedersehen«, murmelte er dann.
    Ebba stierte ihn an. Langsam erkannte sie, was die alte Regimentsfahne und der Dreck und das Blut der feindlichen Soldaten, mit dem Samuel von oben bis unten bespritzt war, verborgen hatten und was Alfred natürlich sofort erkannt hatte. Ihr Herz blieb stehen. Ihr Blick suchte in Alfreds Gesichtnach einem Hinweis, dass ihre Angst unbegründet war, aber was sie dort erkennen konnte … ihr wurde so kalt, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen.
    »Die Ewigkeit soll lang sein«, sagte Samuel. »Ich werde Cyprian Småländisch beibringen. Er war irgendwie einer von uns, da sollte er unsere Sprache sprechen können.«
    Ebba begann zu schluchzen. »Nein«, flüsterte sie fast unhörbar. »Nein. Nein. Nein …«
    Samuel tätschelte ihre Wange. Sein Körper bäumte sich plötzlich auf und zuckte, aber auf seinem Gesicht war ein Lächeln. Er hustete und sprühte hellrote Blutstropfen. Dann sank er wieder zurück.
    »Hör auf zu weinen, Euer Gnaden«, sagte er sanft. »Warum gönnst du den Småländern nicht, dass sie ihre Ehre wiederhergestellt haben?«
    »Ehre!«, schrie sie. »Was willst du mit deiner Ehre? Du kannst dir nichts davon kaufen, schon gar nicht das Leben! Und Gerd Brandestein nicht und Magnus Karlsson nicht und Björn Spirger nicht und keiner von den anderen! Sie haben ihre Ehre, aber stattdessen hätten sie ihr Leben haben können!« Samuels Gesicht verschwamm vor ihren Augen, und mit wilder Zärtlichkeit packte sie seine Hand und presste sie an ihre Wange. »Mir wäre der lebende Samuel ohne Ehre lieber gewesen als der ehrenhafte tote Rittmeister Brahe!« Sie begann so heftig zu weinen, dass ihr Körper sich zusammenkrümmte. In ihrem Inneren tobte ein Kampf, der ihr das Herz zerriss. Sie hatte gedacht, sie würde es nie verwinden, wenn sie Königin Kristina verlieren würde. Nun erkannte sie, dass auch noch ein anderer Abschied unerträglich war. Sie hatte nie Brüder gehabt. Und doch hatte sie die besten Brüder der Welt an ihrer Seite gehabt – für ein paar kurze, kostbare Wochen. Dass sie ihnen das geschenkt hatte, wonach es sie am meisten verlangt hatte – dass sie ihnen die Gelegenheit verschafft hatte, ihreEhre wieder herzustellen –, machte ihren Schmerz nur noch schlimmer. Ebba Sparre weinte um Samuel Brahe und die Småländischen Reiter und darum, dass sie nie wieder einen Tag erleben würde, an dem ihr dieser Verlust nicht bewusst war.
    Nach einer Weile bemerkte sie, dass seine Hand aufgehört hatte, sie zu streicheln. Sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel aus den Augen. Dann legte sie Samuels Hand sanft auf seine Brust, nahm die andere und faltete sie ineinander. Suchend sah sie sich um. Alfred reichte ihr eine von Samuels Pistolen, auch er blind vor Trauer. Gemeinsam drückten sie Samuel die Waffe in die leblosen Hände. Samuel schien sie immer noch anzulächeln. Sie streckte die Hand aus, um ihm die Augen zu schließen, doch dann packte die Trauer um seinen Tod sie erneut so stark, dass sie die Stirn gegen seine Stirn presste und ihren Kummer in seine gelassenen Züge schluchzte. Schließlich holte sie Luft, beugte sich zu ihm hinab und küsste ihn einmal auf jedes Augenlid. Danach waren seine Augen geschlossen, und sie dachte daran, dass dies der erste Kuss aus Liebe gewesen war, den sie außer ihrem Vater je einem Mann gegeben hatte.
    Ein Schatten fiel über sie. Sie sah zu einem hochgewachsenen, dünnen alten Mann in der Kleidung eines Jesuiten auf. Ein feines silbernes Kreuz hing um seinen Hals.
    »Es tut mir leid«, sagte er auf Latein. »Es tut mir leid. Ich beweine den Verlust von so vielen Leben. Es tut mir leid. Es ist meine Schuld.«
    Sie nickte ihm verständnislos zu. Er nickte zurück und schritt davon, in Richtung auf die Kirchenruine zu. Einige weitere Jesuiten folgten ihm, und zwei Soldaten mit Karabinern im Anschlag. Ebba sah sich um und gewahrte den Blick eines der schwarzen Mönche, der nicht weit neben

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