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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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einem seiner toten Brüder hockte. Der Mönch hielt sich schief, als habe er eine alte Verletzung in der Seite, die ihn plagte, under war so blass und dünn, dass er wirkte, als würde er sich jeden Moment neben den Toten legen und ihm Gesellschaft in der Hölle leisten.
    »Wer war das?«, flüsterte sie.
    »Das ist Vincenzo Carafa«, erwiderte der Mönch. »Der Pater Generalis der Societas Jesu. Der Generaloberst der Jesuiten.«
    Sie schüttelte den Kopf. Der Jesuit hätte ihr kaum gleichgültiger sein können, und doch …
    »Warum hat er gesagt, er sei an allem schuld?«
    Der schwarze Mönch zuckte mit den Schultern.
    Ebba rappelte sich auf und blickte zu den gefallenen Småländern. Dann fasste sie sich ein Herz und schritt zu ihnen hinüber. Bei der Leiche von Magnus Karlsson blieb sie stehen, kniete sich nieder und beugte sich über ihn. Sie küsste ihn auf die Stirn. »Ich hab’s dir versprochen, Magnus«, sagte sie leise. »Leb wohl, Kamerad.«
    Sie wandte sich um zu Alfred, der wie ein Häufchen Elend neben dem toten Samuel kauerte.
    »Holz«, sagte sie. »Wir brauchen Holz.«
    »Wozu?«, fragte Alfred und schniefte.
    Sie deutete auf Samuel und die anderen.
    »Hier sind große Småländer gestorben«, sagte sie. »Ein großer Småländer geht nicht ohne Feuer von dieser Erde. Such mir Holz, Alfred Alfredsson, wir müssen Odin ein Zeichen geben, dass er Platz machen soll in seiner großen Halle.« Ein Kloß verschloss ihr die Kehle, und sie begann erneut zu weinen. Rasch schlug sie das Kreuzzeichen. »Und Gott im Himmel und allen Engeln, dass er die tapfersten Seelen aufnehmen soll, die ich je gekannt habe.«

32.
    Pater Silvicola kam in der Ruine der alten Klosterkirche wieder zu sich. Die Erinnerung holte ihn sofort ein. Er war geschlagen. Er hatte versagt. Und was das Schlimmste war … sie … sie hatte ihm vergeben! Wie konnte der Teufel einem vergeben, wenn man selbst im Auftrag Gottes handelte, um Vergeltung zu üben? Oder hatte er alles missverstanden?
    »Väterchen?«, fragte er mit dünner Stimme in die leere Hülle der Kirche hinein. »Väterchen? Ich wollte doch nur zu Ende bringen, was dir nicht gelungen ist. Väterchen?«
    Er bekam keine Antwort. Dann fiel ihm ein, wo die Antwort liegen würde. Er tastete in seiner Tasche nach den beiden Fläschchen. Mit zitternden Händen holte er sie heraus und stellte sie auf einen Stein. Die kleinen Becher hatte er verloren, aber das spielte keine Rolle. Er würde einfach aus der Flasche trinken. Er starrte das Fläschchen mit dem kleinen Zeichen an, das das Gift signalisierte. Langsam schloss er die Augen und begann, die Fläschchen auf dem Stein so lange gegeneinander auszuwechseln, bis er nicht mehr wusste, auf welcher Seite welcher Behälter stand. Mit noch immer geschlossenen Augen legte er die Hände in den Schoß und atmete tief aus und ein. Seine Furcht vor der Probe war immer groß gewesen, aber dieses Mal war sie kaum zu überwinden. Erneut wünschte er sich, er hätte sich ihr doch unterzogen, bevor er in Würzburg aufgebrochen war. Seine Lippen zitterten, und die geschlossenen Lider bebten. Schließlich tastete er sich vorwärts, bekam eines der Fläschchen zu fassen, entkorkte es, schüttete sich den Inhalt in den Mund und schluckte ihn hinunter. Dann feuerte er das Fläschchen irgendwohin. Er hörte es aufschlagen und zerbrechen. Seine Hand fand das zweite Fläschchen, und ohne hinzusehen, warf er auch dieses zu Boden, wo es zerschellte. Zuletzt öffnete er die Augen.
    Er prallte zurück.
    Wenzel von Langenfels stand vor ihm. Er hatte einen Fuß auf den Stein gestellt, auf dem Pater Silvicola die Fläschchen aufgereiht hatte, und stützte sich darauf.
    »Ich dachte mir schon, dass du wieder Gott die Verantwortung dafür überlassen würdest«, sagte Wenzel.
    Ein Krampf schoss wie eine Feuerlanze durch Pater Silvicolas Eingeweide. Sein Mund öffnete sich. Grauen überkam ihn, gefolgt von einem zweiten Krampf. Er hätte nicht gedacht, dass es so schlimm …
    Hilflos fiel er auf die Seite und krampfte sich zusammen. In Wahrheit hatte er nicht einmal gedacht, dass er das Fläschchen mit dem Gift erwischen würde. Herr im Himmel! Warum!? Hieß das, dass er … dass er … unrecht gehabt hatte? Ein Schleier schob sich vor seine Augen. O Gott, er verbrannte! Er versuchte zu schreien und konnte es nicht. Der Schleier hob sich, und er blickte Wenzel an, der jetzt über ihm aufragte wie der Tod selbst mit seiner schwarzen Kutte und der schwarzen Kapuze.

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