Die Erbin Der Welt erbin1
einen Schritt weiter gegangen und hatte einen der größten Türme Elysiums zu ihrem Domizil erkoren, was bedeutete, dass die Aufzüge mir nicht weiterhalfen. Mit der Hilfe eines vorübereilenden Dieners fand ich die mit Teppich ausgelegten Stufen, die hinauf in den Turm führten. Die Treppe war nicht sehr hoch — vielleicht drei Stockwerke —, aber meine Oberschenkel brannten, als ich die Plattform erreichte, und ich fragte mich, warum sie sich diesen Wohnort ausgesucht hatte. Hochblütige, die gut in Form waren, hatten sicherlich keine Probleme, und die Bediensteten mussten sich fügen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand, der so kränklich war wie, sagen wir, Dekarta, den Aufstieg überstehen würde. Vielleicht war gerade das der Sinn der Sache.
Als ich klopfte, sprang die Tür auf. Drinnen fand ich mich in einem gewölbten Korridor wieder. Er wurde auf beiden Seiten gesäumt von Statuensockeln, Fenstern und Vasen, in denen sich eine Art Blume befand. Ich erkannte keine der Statuen: hübsche junge Männer und Frauen, die sich nackt in künstlerischen Posen präsentierten. Der Korridor mündete in ein kreisförmiges Zimmer, das mit Kissen und niedrigen Tischen möbliert war — aber es gab keine Stühle. Seiminas Gäste sollten offensichtlich stehen oder auf dem Boden sitzen.
In der Mitte des runden Raumes stand ein Sofa auf einem Podest. Ich fragte mich, ob es Seiminas Absicht war, dass das Zimmer wie ein Thronsaal wirkte.
Scimina war nicht anwesend. Allerdings sah ich einen weiteren Flur, der anscheinend in die Privatgemächer der Wohnung führte. Da ich annahm, dass sie mich warten lassen wollte, seufzte ich, ließ mich nieder und sah mich um. Dann bemerkte ich den Mann.
Er saß mit dem Rücken an eins der breiten Fenster gelehnt.
Seine Haltung war eher unverschämt als lässig. Er hatte ein Bein angezogen, und sein Kopf hing träge zur Seite. Es dauerte einen Moment, bis ich bemerkte, dass er nackt war, da er sehr langes Haar hatte, das über die Schulter herunterhing und den Großteil seines Körpers bedeckte. Nach einem weiteren Moment wurde mir eiskalt, als ich begriff, dass ich Nahadoth vor mir hatte.
Zumindest dachte ich, dass er es war. Sein Gesicht war wie immer wunderschön, aber merkwürdig, und mir wurde klar, dass es zum ersten Mal bewegungslos war — einfach ein Gesicht, feste Gesichtszüge und nicht das sich ständig verändernde Mischmasch, das ich sonst sah. Seine Augen waren braun und nicht die endlosen, schwarzen Tiefen, die ich in Erinnerung hatte. Seine Haut war blass, aber es war eine menschliche Blässe, wie die der Amn und nicht wie der Glanz des Mond- oder Sternenlichts. Er beobachtete mich träge und bewegte sich nur, um mit den Augen zu blinzeln. Ein schwaches Lächeln kräuselte seine Lippen, die für meinen Geschmack etwas zu dünn waren.
»Hallo«, sagte er. »Lange nicht gesehen.«
Ich hatte ihn in der Nacht zuvor gesehen.
»Guten Morgen, Lord Nahadoth«, sagte ich und versteckte meine Unsicherheit hinter Höflichkeit. »Geht es Euch ... gut?«
Er bewegte sich etwas — gerade genug, dass ich das silberne Halsband um seinen Hals sehen konnte und die Kette, die davon herabhing. Plötzlich verstand ich. Am Tage bin ich ein Mensch, hatte Nahadoth gesagt. Keine Macht außer Itempas konnte den Lord der Finsternis bei Nacht an die Kette legen, aber am Tage war er schwach. Und ... anders. Ich sah forschend in sein Gesicht, aber ich sah nichts von dem Wahnsinn, der dort an meinem ersten Abend in Elysium zu sehen gewesen war. An seiner Stelle sah ich Berechnung.
»Mir geht es sehr gut«, sagte er. Er berührte mit seiner Zunge seine Lippen, was mich an eine Schlange erinnerte, die die Luft prüft. »Den Nachmittag mit Scimina zu verbringen ist normalerweise sehr erfreulich. Obwohl mir so schnell langweilig wird.« Er hielt für die Länge eines Atemzugs inne. »Abwechslung hilft.«
Es gab keinen Zweifel daran, was er meinte — nicht, solange seine Augen mir die Kleider vom Leibe rissen, während ich dastand. Ich glaube, er wollte, dass seine Worte mich verunsicherten, aber stattdessen verhalfen sie mir seltsamerweise zu klaren Gedanken.
»Warum legt sie Euch an die Kette?«, fragte ich. »Um Euch an Eure Schwäche zu erinnern?«
Seine Augenbrauen hoben sich ein wenig. Er sah nicht wirklich überrascht aus, es war nur ein kurzes Aufflackern von Interesse. »Stört dich das?«
»Nein.« Er wusste, dass ich log, wie ich sofort an der Schärfe in seinem Blick
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