Die Erbin
kommen ohne Verluste über die Runden.« Portales räusperte sich. »Was haben Sie für die nächsten Tage geplant, Lyda?«
»Nichts. Ich bin morgen wieder im Büro.«
Portales atmete hörbar auf. »Das ist schön!« sagte er wie ein beschenkter Junge.
»Und im September werde ich mich in Rio erholen.«
»Wie geplant?«
»Wie geplant. Ich hoffe, daß nichts dazwischenkommt. Vorher will ich noch nach Sapharin und Vaters Grab besuchen. Und nach Monte Carlo muß ich auch.«
»Was soll ich sagen, wenn heute die Russen anrufen, Lyda?«
»Sie rufen nicht mehr an. Ich habe diesem Lobow gesagt, daß es zwecklos ist.«
Zufrieden legte Portales auf. Auch wenn ein Millionengeschäft verlorengegangen war – im Grunde war er froh darüber. Er mochte die Russen nicht, so wie auch der alte Stavros Penopoulos nie in seinem Leben Kontakt mit den Sowjets gesucht hatte. »Sie sind mir unheimlich«, hatte er einmal gesagt. »Sie sind ja noch raffinierter als ich.«
An diesem Tag rief Lyda, auf dem Bett liegend und sich in einem großen Spiegel betrachtend, bei Lobow an.
»Boris, mein Liebling«, sagte sie und reckte und dehnte sich. »Was tust du?«
»Ich lese die neuen Exportberichte, mein Schatz.« Lobows Stimme, von träumerischer Zärtlichkeit, jagte einen Schauer über Lydas Haut.
»Weißt du, was ich tue?«
»Du drückst einen weißen Telefonhörer an dein süßes Ohr.«
»Ich liege auf meinem Bett und sehe mich in einem Spiegel und denke an dich. Ich bin ganz nackt. Jetzt schließe ich die Augen und streichele meine Brust und bilde mir ein, es sei deine Hand. Wie schön das ist. Hörst du es?« Ihr Atem ging schwerer. »Ich zittere vor Sehnsucht, Boris … Ich könnte schreien! Wenn du mich jetzt sehen könntest …«
»Ich sehe dich vor mir«, sagte Lobow zärtlich.
»Boris …«
»Deine runden Brüste heben und senken sich, und wenn du die Lider aufschlägst, sind deine schwarzen Augen weit und glänzend und weit fort von dieser Erde, in einem nur uns bekannten Paradies.«
»O Boris, ich weine vor Sehnsucht …«
»Ich bin bei dir!« Lobow beugte sich über das lautlos mitlaufende Tonbandgerät, das mit dem Telefon gekoppelt war. Das magische Auge schlug weit aus – es wurde eine gute, klare Aufzeichnung. »Hast du mit Portales gesprochen?«
»Ja. Er glaubt alles.«
»Das ist gut. Das war die beste Idee: untertauchen in die Anonymität. So kann niemand unsere Liebe stören.«
»Und wie bringst du das deinem Ministerium bei? In den Augen deiner Vorgesetzten hast du versagt.«
»Das ist schon erledigt, mein Liebling.« Lobow lächelte vor sich hin. »Im Gegenteil, man hat mich noch gelobt, weil ich nicht jeden Preis akzeptiert habe. Jetzt verhandle ich mit einer anderen Reederei. Es gibt genug brachliegende Schiffe. Wichtig ist nur eins: Niemand wird von unserer Liebe erfahren.«
»Noch nicht, mein kleiner Russe …« Er hörte Lyda wieder seufzen und stellte sich vor, wie sie nackt vor dem Spiegel im Bett lag und ihren Körper streichelte. Ein unersättliches Weib, dachte er. Ein Körper, der zu einem Vulkan wird, sobald man ihn berührt. Wieviel unerwiderte Liebe ist in ihm gespeichert!
»Was heißt: Noch nicht?« fragte er vorsichtig.
»Ich werde mich scheiden lassen …«
»Überleg dir das, mein Schatz!«
»Ich habe es mir sehr gut überlegt. Ich kann Alexander Kampanos nicht mehr sehen, nicht mehr hören, nicht mehr riechen! Er ist ein Idiot! Er treibt sich lieber im ›Hotel de Paris‹ von Monte Carlo herum, als daß er im Büro arbeitet. Und wenn er eine Blonde aus dem Norden sieht, führt er sich auf, als ob's ihn am ganzen Körper juckt. Hinterher, im Bett, blamiert er sich dann. Da gähnt er nur, verdreht die Augen und stöhnt: ›Hätte ich bloß die beiden letzten Gläser nicht getrunken!‹ Was er dann leistet, ist jämmerlich. Aber den Blonden gefällt es trotzdem. Sie genießen den heimlichen Triumph, den Mann von Lyda Penopoulos im Bett zu haben! Nein, Boris, ich lasse mich scheiden.«
»Das gibt für sechs Wochen Stoff in allen Zeitungen.«
»Na und? Das bin ich gewöhnt, mein Liebling. Sollen sie schreiben, bis ihnen die Finger bluten: Es ist mein Leben, und was ich daraus mache, ist ganz allein meine Angelegenheit. Was geht mich die Welt an? Bin ich Allgemeingut, nur weil ich Millionen geerbt habe?!« Sie seufzte wieder, betrachtete sich im Spiegel und fand, daß sie schön aussah, wenn sie voller Sehnsucht war. »Wie gut, daß es dich gibt, Boris. Von unserer Liebe wird
Weitere Kostenlose Bücher