Die Erbin
liebt, wenn Sie sich bei ihr unentbehrlich machen – und wenn's im Bett ist! –, haben wir das Ziel erreicht, Boris! Dann werden Sie Major! Der absolute Höhepunkt wäre es natürlich, wenn Lyda Sie heiraten würde!«
»Unmöglich!«
»Wieso unmöglich?«
»Sie ist verheiratet.«
»Auf dem Papier. Mit Alexander Kampanos liegt sie seit langem nicht mehr in den Federn. Scheidungen sind bei den Penopoulos' was ganz Normales. Boris Jegorowitsch, Sie müssen darauf hinarbeiten, daß Lyda sich scheiden läßt und Sie heiratet! Und wenn die ganze Welt sich darüber aufregt. Wir haben unser Auge und unsere Hand in der westlichen Wirtschaft! Das wird einer der größten Erfolge in der sowjetischen Politik dieses Jahrzehnts!«
»Begonnen in einer Pariser Absteige …«
»Seien Sie nicht so penibel, Boris! Sie leben jetzt in Paris. Gerade Frankreich ist berühmt dafür, daß seine Politik in den Boudoirs gemacht wird. Wir werden sechzig Schiffe kontrollieren. Daran müssen Sie denken! Sechzig Schiffe, von denen die Hälfte Supertanker sind! Eine Frage, Boris, ganz vertraulich …«
»Ich höre, Genosse Oberst«, sagte Lobow gespannt.
»Haben Sie gar nichts für Lyda übrig?«
»Doch.«
»Aha.«
»Ich bedauere sie …«
»Anders, meine ich!« rief Pujatkin.
»Sie ist eine Frau, die Wärme sucht und immer nur Kälte findet. Der eine schläft mir ihr, weil es eine gesellschaftliche Sensation ist, die ihm viele Türen öffnet, der andere nur, weil er an ihren Millionen teilhaben will. Geliebt hat sie, glaube ich, noch niemand. Und das fühlt sie.«
»Und bei Ihnen nicht?«
»Nein. Das verwundert mich etwas.«
»Vielleicht lieben Sie Lyda wirklich, wenn Sie in Aktion sind?«
»Kann sein, Genosse Oberst.«
»Wie dem auch sei, Boris: Kopf hoch und Mumm in die Knochen! Sie müssen sie dazu bringen, daß sie Sie heiratet.« Pujatkin räusperte sich. »Was haben Sie noch für Pläne?«
»Ich mache im September Urlaub.«
»Unmöglich!«
»In Rio de Janeiro. Mit Lyda.«
»Genehmigt!« Oberst Pujatkin jubelte fast. »Wir stellen Ihnen die nötigen Mittel zur Verfügung. So weit sind Sie also schon?«
»Ich bin noch weiter«, sagte Lobow und gähnte laut. Pujatkin hörte es in Moskau und hatte Mitleid mit dem Entkräfteten. »Lyda hat mir ein Angebot gemacht. Ich soll aus Rußlands Diensten ausscheiden und bei ihr als Manager eintreten. Mit 200.000 Dollar Jahresgehalt. Sie will das gegen ihre Direktoren durchboxen.«
»Zu früh, Lobow. Viel zu früh! Sie sitzen noch nicht sicher genug im Sattel! Denken Sie an die Kosaken: Erst wenn sie auf dem Pferderücken den Don bei Sturm durchschwommen haben, können sie reiten! – Was tun Sie morgen?«
»Ich treffe mich mit Lyda in einem Café in St. Germain. Dann bummeln wir an der Seine und wühlen bei den Boutiquinisten an den Quais. Ich werde ihr dort eine Schallplatte kaufen!«
»Russische Chöre?«
»Nein. Die Oper ›Norma‹ von Bellini. Hauptrolle: Irena Palvietti …«
»Sie sind ein raffinierter Hund, Lobow! Sie wird toben!«
»Sie wird erzählen. Und ich werde ihr Beichtvater sein. Das sucht sie ja: einen Mann, bei dem sie sich aussprechen, ausweinen, austoben kann und der sie dann in die Arme nimmt und tröstet. Und ich kann zuhören und trösten.«
Kostas Portales, der Pariser Statthalter des Penopoulos-Konzerns, traf Lyda erst vier Tage nach ihrer Begegnung mit Lobow wieder. Vergeblich hatte er versucht, sie zu erreichen. In ihrer Luxussuite im Hotel ›Ritz‹ war sie ebensowenig anwesend wie in der riesigen Wohnung ihrer Freundin Helena, die in einem der prachtvollen Häuser der vornehmen und sündhaft teuren Avenue Foch eine ganze Etage bewohnte. Immer wenn Portales anrief, ertönte die lapidare Antwort: »Madame ist nicht anwesend. Nein, wir wissen nicht, wo sie ist und wann sie zurückkommt. Jawohl, wir werden ausrichten, daß Sie angerufen haben, Monsieur.«
»Das geht nicht mit rechten Dingen zu«, sagte Portales mit dunklen Ahnungen zu seinem Vertrauten, dem 2. Exportdirektor der Filiale Paris. »Wenn ich morgen von Lyda nichts höre, setze ich eine Detektei auf ihre Fersen. Ihr Rolls-Royce muß doch selbst in Paris aufzuspüren sein! Mein Gott, eine Frau wie Lyda kann doch nicht einfach tagelang untertauchen! Was denkt sie sich eigentlich?!«
Ein paarmal rief Portales auch bei den Russen an. Aber in der ›Sowjet-Export- und Handelsmission‹ bekam er nie den Chef Lobow an den Apparat, sondern nur einen untergeordneten Angestellten. Die wußten
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