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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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werde jetzt öfter in Paris sein. Und länger.« Sie gingen zu der Bank, setzten sich und hielten ihre Hände fest. »Wann hast du Urlaub?«
    »Im September.«
    »Wo willst du ihn verbringen?«
    »Ich wollte nach Grusinien, in die Heimat meiner Mutter. Ein Onkel hat dort einen Weinberg.«
    »Ich werde im September in Rio de Janeiro sein. Komm du auch dorthin, Boris!«
    »Wo uns jeder sieht?«
    »Ich werde allein dort sein.« Sie legte den Kopf an seine Schulter und duldete es, daß er ihre Brust streichelte. Ein paarmal seufzte sie und dehnte sich, preßte die Schenkel zusammen und zog die Lippen durch die Zähne. »Es ist furchtbar«, stammelte sie. »Warum müssen wir jetzt hier sitzen? Warum haben wir nicht wie die ärmsten Leute wenigstens ein winziges Zimmer? Boris, laß uns in die Stadt fahren! O mein Gott, hör auf, ich bitte dich, hör auf, Boris! Wir wollen doch nicht verrückt werden …«
    Sie standen endlich auf und gingen durch den Bois de Boulogne, eng umschlungen, sich immer wieder küssend, bis sie einen Taxistand erreichten.
    »Zur Rue de Meurlin«, sagte Lyda rauh. »Nummer 14.«
    Die Taxe fuhr an. Lobow legte den Arm um Lydas Schultern, seine Finger lagen auf ihrem Busen. Mit kreisenden Bewegungen streichelte er ihn. Sie seufzte verhalten und kuschelte sich eng an ihn.
    »Was ist mit der Rue de Meurlin?« fragte Lobow zärtlich.
    »Nummer 14 ist ein Hotel. Ein kleines Hotel. Ein winziges Hotel. Dort fragt man nicht.«
    »Ein Stundenhotel?«
    »Ja.«
    »Warst du schon mal dort?«
    »Nein. Ich kenne die Adresse von einer Freundin. Rue de Meurlin ist eine heiße Adresse. Die besten Damen der Gesellschaft treffen hier ihre Liebhaber über Tage. Wenn sie zu Hause hinterlassen, sie seien beim Friseur oder beim Schneider, könnte man sie meistens in der Rue de Meurlin aufspüren. Das Hotel ist reich dadurch geworden. Wen wir dort auch sehen werden – sie werden dichthalten.« Sie hielt seine Hand fest, die in den Ausschnitt ihres Kleides rutschte. »Freust du dich?«
    »Ich zähle die Meter bis zur Rue de Meurlin.«
    »Und ich möchte, daß der Tag nie zu Ende geht …«
    Sie sahen sich aus glänzenden Augen an, vereinigten sich schon mit den Blicken und schreckten auf, als der Taxifahrer nüchtern sagte: »Nummer 14. Hotel Seraphin. 110 Francs …«
    Lyda bezahlte, stieg aus und zog Lobow aus dem Taxi. Der Chauffeur grinste, tippte an seine Mütze und fuhr weiter.
    »Komm«, sagte Lyda heiser. »Komm!«
    Aus dem Bericht des Hauptmanns des KGB, Boris Jegorowitsch Lobow, an seinen Vorgesetzten, Oberst Pujatkin: »Nach einigen Zärtlichkeiten im Bois sind wir mit einem Taxi in ein Stundenhotel billigster Kategorie gefahren und haben dort ein Zimmer genommen. Drei mal dreieinhalb Meter groß, zum Hinterhof hinaus, der entsetzlich nach Abfällen stank. Auf einem breiten Bett, das einzige Möbel neben einem Spiegel, einem Stuhl und einem Waschbecken, auf einer knarrenden Matratze bewies L. daß man ihr zu Recht nachsagt, in der Liebe unersättlich zu sein. Wir blieben bis sechs Uhr abends; das waren von unserem Eintreffen im Zimmer bis zum letzten Kuß genau sieben Stunden, in denen sie ununterbrochen Liebe verlangte. Ich mußte alle Tricks anwenden, um diese Stunden zu überstehen und L. nicht zu enttäuschen, was sie mir wohl nie verziehen hätte. Wir verabredeten uns für Freitag mittag wieder im Hotel. Bitte um Instruktion, ob ich den Termin wahrnehmen soll …«
    Oberst Pujatkin rief sofort an, als er das verschlüsselte Telegramm entziffert hatte. Lobow lag noch im Bett, sehr entnervt, sehr gereizt. Sein Leib brannte, als habe er im Feuer gelegen.
    »Boris Jegorowitsch, was telegrafieren Sie da?« rief Pujatkin. »Sie Glückspilz! ›Soll ich den Termin wahrnehmen?‹ Sind Sie verrückt? Jeden Termin nehmen Sie wahr!«
    »Ich verliere dabei nicht nur Reserven, ich verliere auch Substanz!« sagte Lobow müde. »Das ist kein Weib mehr, das ist ein Feuer, in dem ich verdampfe.«
    »Boris, reißen Sie sich zusammen! Denken Sie daran, was unsere Soldaten im Krieg geleistet haben …«
    »Nicht im Bett, Genosse Oberst. Ich bin gern bereit, jedes Feldkommando am Ussuri anzunehmen!«
    »So schlimm?«
    »Wären Sie hier in Paris in meiner Lage, Sie würden …«
    »Keine Theorien, Boris Jegorowitsch! Vielleicht sind wir alten Frontkämpfer doch zäher als ihr jungen Hüpfer! Genosse, denken Sie an Rußland!«
    »Im Bett eines Stundenhotels!«
    »Überall ist Rußland! Wenn Lyda sich an Sie gewöhnt, wenn sie Sie

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