Die Erbin
gar nichts, versprachen aber, nachzuforschen. Endlich, beim sechsten Anruf, meldete sich der Unterhändler, der damals mit Portales Kontakt aufgenommen hatte, der Genosse Okoschkin. Er war gerade mit neuen Instruktionen aus Moskau zurückgekommen und freute sich, den Griechen wieder begrüßen zu können.
»Es ist alles in der Schwebe!« sagte er und gab seiner Stimme einen betrübten Klang. »Madame Penopoulos – oder muß man sagen Madame Kampanos? – ist ein harter Verhandlungspartner. Herr Lobow kommt nicht weiter. Aber ich nehme an, Sie sind darüber informiert.«
»Natürlich!« Portales tat so, als sei er das Zünglein an der Waage. »Da tauchen mancherlei Probleme auf. Wir möchten auf gar keinen Fall in ein politisches Geschäft hineingezogen werden …«
»Die Sowjetunion hat seit Jahrzehnten nur friedliche Absichten«, antwortete Okoschkin. »Das Mißtrauen Ihrer Firma ist irgendwie kränkend. Andere Reedereien beschweren sich nicht mit solchen Bedenken.«
»Sie haben auch nicht dieses weltweite Renommee.«
»Haben Sie das jetzt im Ernst gesagt, Monsieur Portales, oder war das ein fauler Witz?«
»Ich kann mir nicht denken, daß renommierte Reedereien …«
»Wenn Schiffe stilliegen, nutzt das Aufpolieren des Renommees nichts mehr. Auch das vornehmste Schild verrostet dann! Wenn Sie wüßten, welche Schiffe für uns fahren, unterschrieben Sie noch heute unseren Vertrag.«
»Die Entscheidung hat Madame Kampanos sich selber vorbehalten.«
»Leider! Sie entwickelt sich zu einem Granitblock.«
Zufrieden legte Kostas Portales auf. Wenigstens der letzte Satz von Okoschkin war ein Lichtblick. Seine tiefe innere Angst, Lyda könnte dem Charme des Russen Lobow erlegen sein, war also unbegründet. Vielleicht ein anderes neues Abenteuer, dachte Portales. Einer ihrer geheimen Seitenhüpfer in die Illusion der Liebe. Ein paar Stunden oder Tage Glück, eine Welle von Selbstbetrug, bis sie auch dieses Mal wieder merken würde, daß sie nicht um ihrer selbst willen geliebt wurde, sondern nur um der Sensation willen, in den Armen einer Lyda Penopoulos gelegen zu haben. Diese Jagd nach wahrer Liebe war ihr Lebensdrama, das nie zu Ende gespielt wurde. Immer, auch nach der stürmischsten Umarmung, kam die Ernüchterung und verstörte sie das Mißtrauen. Und er hatte noch immer recht behalten.
Portales hatte an diesem Tag nicht mehr damit gerechnet, von Lyda etwas zu hören, als das Telefon schellte und ›Madame‹ sich meldete. Ihre Stimme klang forsch und fröhlich und offenbar glücklich. Portales nickte mehrmals vor sich hin. Wer sagt's denn, dachte er. Sie badet sich wieder in Illusionen.
»Kostas, was gibt es Neues?« fragte sie.
»Ich suche Sie verzweifelt, Lyda. Wo stecken Sie?«
»Im Ritz. Wo sonst?«
»Sie waren nie da, wenn ich Sie anrief. Darf ich zu Ihnen kommen?«
»Kann man das nicht telefonisch machen?«
Portales seufzte. Er hätte viel darum gegeben, jetzt mit Lyda unter vier Augen sprechen zu können. Nicht durch den Draht, sondern im Kontakt von Mensch zu Mensch. »Was ist mit dem Russen?« fragte er.
»Nichts.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Ich habe die Verhandlungen vor einer Stunde abgebrochen.«
»Du lieber Himmel! Warum?«
»Raufen Sie sich nicht die letzten Haare aus, Kostas!« Lyda lachte jungmädchenhaft. »Dieser Genosse Lobow ist zwar ein netter Mann, aber seine Absichten sind mir zu politisch.«
»Waffenlieferungen nach Afrika?«
»Da wehrt er ab, als wollte ich ihn für einen neuen Krieg verantwortlich machen. Nein, es kommt mir seltsam vor, daß er alle unsere Preisvorstellungen sofort akzeptiert. In unserer Branche, das wissen Sie, Kostas, ringt man um Achtelprozente! Gerade jetzt, in dieser miesen Lage, wo so viele Schiffe vor sich hinträumen! Er könnte bei kleineren Linien fast um ein Drittel billiger chartern. Aber nein, er will uns! Er will drei unserer größten Tanker! Er will drei Containerschiffe! Und er will nicht pro Ladung, sondern auf Zeit chartern. Das bedeutet, er will die höchste Kapazität herausholen. Da stimmt doch etwas nicht.«
»Das sage ich auch, Lyda. Haben Sie endgültig abgesagt?«
»Ich habe es offengelassen. Aber ich will nicht. Ich habe an meinen Vater gedacht. Er ist dem Geld nie aus dem Wege gegangen, aber unehrenhaft hat er nie gehandelt. In den Aufbaujahren – na ja … Aber heute können wir es uns leisten, auch einmal nein zu sagen.«
»Das kostet viel Geld, Lyda.«
»Wie steht das Geschäft?«
»Mittelprächtig. Wir
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