Die Erbin
niemand erfahren.«
»Wir müssen vorsichtig sein.« Was Lobow jetzt sagte, meinte er sehr ernst. »Wir können uns jetzt keinen Skandal leisten. Noch ist die Gesellschaft auf uns nicht vorbereitet.«
»Ich liebe dich, Boris. Wann sehen wir uns wieder?«
»In diesem Monat nicht mehr, mein Schatz.«
»Das halte ich nicht aus!«
Lobow lächelte milde. »Ich muß nach Moskau! Aber vergiß nicht, immer bin ich bei dir! Wenn du auf Sapharin bist oder in Monaco oder sonstwo auf der Welt: Schließ die Augen …«
»So, wie jetzt …«, flüsterte sie heiser.
»Atme tief …«
»Ich seufze …«
»Denk an unsere letzte Nacht …«
»Ich fühle dich.«
»Dann bin ich immer bei dir.«
»O Boris! So habe ich noch nie geliebt …«
Er hauchte einen Kuß ins Telefon und legte auf. Dann stellte er das Tonbandgerät ab, nachdem er noch Tag und Uhrzeit ins Mikrofon gesprochen hatte. Oberst Pujatkin wird beim Abhören rote Ohren bekommen, dachte er und zündete sich eine Zigarette an. Er ist schnell erregbar, weil er sexuell völlig verklemmt ist. Seine Erotik lebt sich in wilden Wunschträumen aus, denn Alexandra Tichonowna, seine Frau, hält ihn an der kurzen Leine. So gefürchtet Pujatkin im KGB ist, zu Hause muß er das Bärchen mit den Samtpfoten spielen. Dieses Tonband wird ihn etwas aufmöbeln.
Lobow drückte auf eine Taste. Irgendwo im Büro schellte es. Kurz darauf trat Okoschkin ein.
»Wie weit sind Sie gekommen, Pal Diogenowitsch?« fragte Lobow dienstlich.
Okoschkin rieb sich die Hände. »In den nächsten Wochen werden wohl einige Illustrierte wieder die alten Geschichten in großer Aufmachung aufwärmen: Stavros' Affäre mit Irena Palvietti und vor allem den mysteriösen Absturz von Perikles Penopoulos. Ich habe einen Journalisten engagiert, der ganz neue Theorien aufstellt und Perikles' Freund Tyron Spiriades verdächtigt. Das wird einen Riesenprozeß geben, aber alle Welt wird darüber sprechen und noch einmal alles aufrollen. Die Prozeßgelder sind vom Chef genehmigt.« Okoschkin lächelte breit. »Wenn das nicht das schwarze Vögelchen zermürbt, hilft gar nichts mehr.«
»Was ist mit der Witwe Nany Johnes?«
»Kommt als nächster Akt, Genosse. Immer der Reihe nach! Wie beim Feuerwerk. Die letzten Raketen sind die größten und buntesten.« Okoschkins Gesicht glänzte vor Zufriedenheit. Seine Organisation versagte nie. »Wir müssen nur noch den Zeitplan abstimmen, Boris Jegorowitsch.«
»Ich brauche ein Jahr.«
»Ein ganzes Jahr?!« Okoschkin gab sich entsetzt.
»Wenn ich jetzt zur Offensive übergehe, wird sie wie immer mißtrauisch. Sie muß sich über einen langen Zeitraum hinweg überzeugen können, daß ich mir aus ihren Milliarden nichts mache, sondern nur sie liebe. Den Menschen Lyda! Dann wird sie von selbst darauf kommen, der ganzen Welt bekanntzugeben, daß sie andere Erfüllung gefunden hat. Gegen meinen Willen – aber sie wird darauf bestehen! Das heißt: Dann muß alles zwischen uns so fest sein, daß der massive Gegendruck, der sofort einsetzen wird, an ihr abprallt. Ich erwarte, daß die ganze westliche Welt aufschreit. Dagegen müssen wir gewappnet sein. Pal Diogenowitsch, das ist ein so großes Unternehmen, daß ein paar Wochen oder Monate wirklich keine Rolle spielen.«
Okoschkin nickte. Er sah es ein, auch wenn er an schnellere Arbeit gewöhnt war. Die dramatischen Einbrüche in die Lebenslinie der Dynastie Penopoulos, die von aller Welt ergriffen miterlebten ›Schicksalsschläge‹ waren Okoschkin schnell und elegant von der Hand gegangen. Er erinnerte sich gern an sie; es waren Meisterleistungen, die ihm sogar drei Umarmungen von Oberst Pujatkin und Admiral Gorschkow eingebracht hatten. Das will etwas heißen, denn nicht allzu gern umarmt man in Rußland, und nicht einmal beim abgebrühten KGB, einen Mann, den man vertraulich nur den ›Liquidator‹ nennt …
Sie rannten durch den staubfeinen, weißen Sand, planschten in den weißschäumend anrollenden Wellen, warfen sich, in das Wasser hineinstürzend, den größeren Wogen entgegen und ließen sich auf den Schaumkronen wieder zur Küste tragen. Sie lachten und jauchzten wie kleine Kinder, ließen das Meer an ihre Körper klatschen und schrien hell auf, wenn die Wellen sie umwarfen und die Flut sie über den Sand rollte.
Rio de Janeiro.
Der Strand am ewig blauen Meer. Sonne, Palmen, Strandzelte, Sonnenschirme aus geflochtenem Stroh, weiße Liegen. Mädchen, langbeinig und flatterhaarig, in knappen Tangas, die, indem
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