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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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machen weich. Das Gegenteil ist der Fall! Bei mir war jede Träne eine Niete für meinen Eisenschädel. Ein Leben voll Freude, ohne Skandale, ohne Scheidungen, ohne Familientragödien, ohne alles, was ich von meinem Elternhaus her kenne. Ich wollte alles anders machen. Was ist dabei herausgekommen? Einmal bin ich geschieden, die zweite Scheidung steht unmittelbar bevor, der Konzern bestimmt mein Leben, die Wirtschaftslage der Welt mein Handeln – und wenn ich liebe, muß ich mich in Südamerika oder Paris verstecken, weil mein endlich gefundenes Glück ein Russe ist! O Boris, wie furchtbar ist mein Leben!«
    Zwei Tage später flogen sie zurück nach Europa, getrennt, in zwei Flugzeugen, zu verschiedenen Zeiten. Lyda flog nach Paris, Lobow nach London. Nach diesem Umweg kehrte auch er nach Frankreich zurück. Am Flughafen Orly wurde er von Okoschkin abgeholt. Zum erstenmal empfand Lobow den Anblick Okoschkins als unangenehm. Ja, so etwas wie Ekel stieg in ihm hoch. Er erinnerte sich plötzlich an alles, was dieser unscheinbare Buchhaltertyp auf dem Gewissen hatte. Nicht nur im Zusammenhang mit der Familie Penopoulos, sondern auch während seiner Tätigkeit im KGB. Wenn Blut nicht abwaschbar wäre – Okoschkin würde aussehen wie ein Scharlachkranker: von Kopf bis Fuß rot gesprenkelt.
    »Etwas Neues?« fragte Lobow kühl. »Sie sehen so zufrieden aus, Pal Diogenowitsch. Das ist immer ein schlechtes Zeichen.«
    »Der Genosse Oberst ist in Hochstimmung, Boris Jegorowitsch. Sie sollen sofort anrufen und berichten. Auch Admiral Gorschkow hat sich gemeldet und Sie gelobt. Wir alle rechnen mit einer neuen Medaille für Sie. Das macht uns, als Ihre Mitarbeiter, sehr stolz.«
    Sie fuhren in einem unauffälligen schwarzen Peugeot 504 zur sowjetischen Zentrale der Handelsschiffüberwachung Süd- und West-Europa, die den schönen Namen ›Sowjet-Export- und Handelsmission‹ trug. Nach einem Begrüßungstrunk mit einem Gläschen Wodka zog sich Lobow sofort in sein Büro zurück und rief Oberst Pujatkin in Moskau an.
    Pujatkin meldete sich sofort, als habe er in den Startlöchern gehockt. »Ah! Unser Rio-Urlauber! Braun gebrannt und lendenleer, was?! Und das alles auf Kosten des KGB! Ich möchte Ihren Posten haben, Boris Jegorowitsch! Erzählen Sie!«
    Lobow gab einen kurzen Bericht über die letzten Tage. Pujatkin schnaufte ein paarmal zufrieden wie ein Walroß bei der Fütterung. Der volle Erfolg mit der Rückerinnerung an Jérome Marcel und die damit erreichte seelische Zertrümmerung Lydas gefielen ihm besonders gut. Daß Lyda jetzt in Lobow die einzige, große, wahre Liebe zu erkennen glaubte, war fast selbstverständlich. Ein so lyrischer Mensch wie Lobow mußte ein Labsal für ihre zerrissene Seele sein. »Die Zeit für eine öffentliche Darstellung der Situation ist noch nicht da«, sagte Pujatkin gemütlich. »Lobow, Sie müssen den heimlichen Liebhaber noch weiterspielen. Ein Jahr nach dem Tode des alten Stavros würde man es der Erbin weltweit übelnehmen, wenn sie einen Russen heiratet. Es ist bitter, das als Russe zu sagen, aber die Kapitalisten sind ja keine Kamele, die nicht sofort erkennen, was diese Verbindung für den Westen bedeutet. Liebesheirat hin und her; die Erbin mit ihrer Tankerflotte ist immer ein Politikum! Wir haben ja Zeit. Bis dahin sorgen Sie für inneren Trubel. Es darf bei Lyda nie das gefährliche Gefühl aufkommen, daß Sie doch entbehrlich sind. Bei Frauen geht das schnell! Wieder im alten, vertrauten Kreis, neue Gesichter, neue Männerbekanntschaften, Partys, Fröhlichkeit, das berühmte Jucken unter der Haut, das wir ja bei Lyda kennen – und schon sind Sie auf der Nebenbahn beim Rennen! Ich habe da eine Idee.«
    »Ich auch, Genosse Oberst.«
    »Erst meine! Sie erklären Lyda, daß Sie jetzt Ihren Flugschein machen. Sie wollen Pilot werden. Das haut sie wieder um! Das fesselt sie an Sie!« Pujatkin schnippte mit den Fingern. »Nun Ihre Idee, Boris Jegorowitsch!«
    »Sie ist viel simpler: Ich verbringe jede freie Minute mit ihr.«
    »In Paris. Heimlich! Aber wenn sie in Monte Carlo oder New York ist, oder gar auf Sapharin … da sind Sie weit weg! Da hilft nur eins: Angst! Angst um Sie! Angst um den Geliebten, der vielleicht doch die Dummheit begeht und seinen Pilotenschein macht. Reißen Sie die Sache mal an, Boris Jegorowitsch. Was es mit dem Piloten auf sich hat, das kann Ihnen Okoschkin erzählen.«
    »Sie vergessen, Genosse Oberst, daß ich damals Leiter der Unterabteilung II/V war

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