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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schimmerte in einem matten, alle Schäbigkeit zudeckenden, schmeichelnden, verklärenden Gold, das aus einem unendlich weiten Himmel herunterfloß.
    »Ich liebe diese Stadt«, sagte an diesem verzauberten Abend Lobow leise, während er mit Lyda, den Arm um sie gelegt, am Fenster saß. »Ich liebe dieses Leben über den Dächern von Paris. Kein Palast kann mir das geben, dieses Gefühl von himmlischer Freiheit. Sieh dir diese goldenen Dächer an, dieses Meer aus schimmernden Wogen! Man möchte ein Vogel sein und darüber hinwegschweben. – Ich werde es bald können.«
    Sie lächelte und legte den Kopf auf seine Schulter. »Du willst ein Vogel sein?« fragte sie ahnungslos. »Was ist der schönste Vogel? Ein Kolibri? Stimmt es, daß sie rückwärts fliegen?« Sie lachte leise. »Wie sieht das aus, wenn du rückwärts fliegst?«
    Er lachte auch und tat sehr jungenhaft.
    »Das wird nicht gehen! Aber Loopings werde ich lernen, Gleitflüge, Achter … Ich mache meinen Pilotenschein.«
    »Nein!« Er spürte, wie sie an seiner Seite erstarrte, während er heiter, scheinbar ahnungslos über die vergoldeten Dächer blickte, die jetzt einen Rotglanz bekamen.
    »Durch dieses Abendrot fliegen … frei von aller Erdenschwere …«
    »Das wirst du nicht!« sagte sie hart.
    Jetzt blickte Lobow sie an, sehr erstaunt, mit den Augen eines ratlosen Jungen. »Ich habe morgen in Orly meine erste Flugstunde!«
    »Du sagst sie ab. Du sagst alles ab!«
    »Mit welcher Begründung!?«
    »Ich will es nicht!«
    »Soll ich mich blamieren? Soll ich sagen: Lyda Penopoulos verbietet es mir? Liebling, ich kann doch nicht …«
    Er sprang auf, befreite sich von ihrem Griff und trat an das Fenster. Wie beleidigt blickte er in den rotgoldenen Abend.
    »Ich war schon immer von der Fliegerei begeistert«, sagte er mit Wehmut in der Stimme. »In Moskau war das unmöglich, da bildet man keine Privatpiloten aus. In Rußland ein Privatflugzeug? Undenkbar! Aber hier in Paris habe ich endlich die Möglichkeit. Ich kann mir einen Traum erfüllen!«
    »Liebst du einen Traum mehr als mich?« fragte sie.
    Er fuhr herum und starrte sie an. »Wie kannst du so etwas sagen, Lyda? Für dich tue ich es doch auch! Stell dir vor: Wir zwei allein in diesem goldenen Himmel! Wir werden uns nicht mehr auf der Erde verstecken, sondern oben in den Wolken!«
    »Du wirst nicht fliegen!« sagte sie leise. »Bitte, sag', daß du nicht den Pilotenschein machst. Soll ich das alles wieder erleben – jetzt mit dir? Das kann kein Mensch ertragen, Boris. Du tötest mich damit. Erst Jérome, dann Perikles …« Und plötzlich schrie sie auf: »Soll ich mich gleich aus dem Fenster stürzen?!«
    Er griff nach ihr, riß sie vom offenen Fenster und schleppte sie in das Zimmer zurück. »Ich will es mir überlegen«, sagte er, dumpf vor Angst. »Um Himmels willen, reg dich nicht so auf! Natürlich sage ich in Orly ab …«
    Perikles Penopoulos war fröhlichster Laune.
    Er kam von einem Wochenende mit seiner Geliebten zurück. In einer Villa weit vor den Toren Athens, umgeben von Pinien und Ölbäumen, in einem Park mit blühenden Hecken und Beeten, hatte er zwei Tage wie im Paradies verbracht. Sie hatten nackt im Pool geschwommen, nackt auf der Terrasse gelegen, nackt gegessen, waren nackt herumgelaufen, und immer hatte er bewundernd Glorias vollendeten Körper angeblickt, als wolle er nicht begreifen, daß ein Mensch so schön sein kann.
    Jetzt kam der Alltag wieder. Besprechungen mit Vater Stavros auf Sapharin, dann ein Abstecher nach London und zurück nach Monte Carlo in die Zentrale.
    Der junge Konzernherr wurde systematisch ›aufgebaut‹, hatte bereits eine wichtige, eigenständige Position und konnte Entscheidungen fällen. Der Erbe des Imperiums der Penopoulos', der einzige, vom Vater vergötterte Sohn, beherrschte bereits die Abteilung Charter und führte die Gespräche mit den Vertretern der Ölscheichtümer am Persischen Golf.
    Auf dem Abstellplatz des Athener Flughafens für Privatmaschinen wartete die zweimotorige Cessna mit dem Sonnenzeichen am Leitwerk, dem Wappen der Penopoulos-Linie. Chefpilot Battista Luciano saß im Cockpit und checkte die Maschine durch. Stavros hatte ihn vom Fluglehrer zum Chefpiloten befördert und seinem Sohn zugeteilt. Sie waren ein Gespann wie kein zweites. Ob Luciano flog oder Perikles – nicht eine Sekunde hatte Stavros Angst um sie, trotz seiner Abneigung gegen alles, was nicht Meer hieß.
    Perikles schlenderte pfeifend über den Platz, dachte

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