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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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als erstes auf der Liste stand. Nein. Es war Spinnerei. Aber verlockend. Die Geräte würden ja hier bleiben, wenn er ging. Aber woher so viel Geld auftreiben? Bekümmert schloß er die Tür zum Labor und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
    Noch ein Bericht über eine Probe von Amnionflüssigkeit. Diesmal sollte das Geschlecht des Fötus festgestellt werden. Dem Test nach war das Embryo männlich. Was war eigentlich der Grund für diese Untersuchung gewesen? Er blätterte die Akte durch.
    Ein dreiseitiger gynäkologischer Bericht gab die Erklärung. Dies war ein weiterer trauriger und problematischer Fall. Mrs. Marais hatte einen Bruder, der Bluter war, und ihre ältere Schwester hatte einen Sohn, der auch Bluter war. Nun erwartete Mrs. Marais ein Baby, und der Barrsche Test hatte gezeigt, daß es ein Junge war. Mußte damit gerechnet werden, daß auch er ein Bluter wurde?
    Was in aller Welt konnte man der Frau raten? Er kritzelte seinen Kommentar auf den Zettel: »Der Fötus ist männlich. Unter diesen Umständen empfehle ich einen Abbruch der Schwangerschaft.« Er unterschrieb, heftete den Zettel an den Aktendeckel und legte die Mappe in den Kasten für Erledigtes.
    Deon! dachte er plötzlich. Er wird mir helfen. Er kennt eine Menge einflussreicher Leute. Sicher wird er wissen, wie man die Summe lockermachen kann, die ich für die Geräte brauche.
    Er streckte die Hand nach dem Hörer aus. Er zögerte. Sieht es nicht aus, als wolle ich Profit aus unserer Beziehung schlagen? Zum Teufel damit. Es hat Jahre in einem fremden Land gebraucht, bis ich meine Farbe, Rasse und die Umstände meiner Geburt akzeptieren gelernt habe. Vier Monate in diesem gottverdammten Land, und du kriechst wieder am Boden. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich auch eine genetische Störung, und sie ist schlimmer als alle anderen. Sie heißt ›Rasse‹ und ist unheilbar, denn sie sitzt tief im Herzen der Menschen.
    Er nahm den Hörer und wählte. Besetzt. Er legte auf. In ein paar Minuten wollte er es noch mal versuchen.
    »Hier spricht Miß Arensen«, sagte die altjüngferliche Stimme am Telefon. »Der Herr Professor will Sie sprechen.«
    Deon erkannte die Masche. Meine Sekretärin spricht mit deiner Sekretärin, und dann muß meine Sekretärin mit dir sprechen, bevor ich geruhe, mit dir zu sprechen. Das ganze Getue hatte den Zweck, die Geltungs- und Rangordnung zu etablieren, und wer wen treten durfte. Und er hatte es gründlich satt.
    »Deon«, sagte Snyman mit seiner hohen, nörglerischen Stimme.
    »Morgen, Sir.«
    »Morgen.« Snyman klang geschäftig. Heute spielte er also den Energischen. »Das Zentrale Beratungskomitee der Medizinischen Fakultät hat gestern nachmittag Ihren Brief bezüglich Robertsons Beförderung erörtert.«
    »So, ja.« Robby war noch immer nicht Professor, obwohl er sein Stellvertreter war. »Ich hoffe, daß es damit erledigt ist.«
    »Obwohl ich dafür gestimmt habe, war die Mehrzahl des Komitees gegen seine Ernennung zu diesem Zeitpunkt.«
    Deon umklammerte den Hörer fester. »Aber warum denn, um Gottes willen?«
    »Man ist der Ansicht, daß der Posten keinen Titel rechtfertigt.«
    »Herrgott noch mal! Robby leitet diese Abteilung, wenn ich nicht da bin!«
    »Das habe ich ihnen auch gesagt. Trotzdem haben sie sich dagegen entschieden.«
    Das war ganz offensichtlich. Schikane, nicht gegen Robby, sondern gegen ihn selbst gerichtet.
    »Zum Glück ist das Zentrale Beratungskomitee der Medizinischen Fakultät nicht die letzte Instanz«, sagte er laut. »Ich werde mit der Angelegenheit direkt zum Gesundheitsministerium gehen.«
    Snymans Stimme war schneidend. »Wenn Sie das tun, werden Sie sich gehörig in die Nesseln setzen.«
    »Mein Bier«, rief Deon. »Auf Wiederhören!« Er hängte auf. Fast im gleichen Augenblick schellte erneut das Telefon. Es war Philip.

6
    Trotz des windig kalten Morgens war es doch noch ein schöner Tag geworden. Deon und Philip saßen nebeneinander auf einer Parkbank. Gelbe und bronzefarbene Blätter segelten von den hohen Eichen und landeten taumelnd auf dem gepflasterten Weg. Die beiden Männer genossen dankbar die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihren Rücken.
    »Das wird ein langer Winter«, sagte Deon.
    »Sieht so aus«, erwiderte Philip.
    Sie hatten sich mittags vor dem Fakultätsgebäude getroffen. Deon, der sich nicht denken konnte, warum Philip ihn so bald nach ihrer zufälligen Begegnung sprechen wollte, hatte vorgeschlagen, zusammen zu Mittag zu essen. Erst als sie

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