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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Flicken in die richtige Lage, während Deon die Nähte anzog. Er verknotete sie sorgfältig und schnitt die Fäden kurz ab.
    »Sieht gut aus«, sagte Robby.
    »Ich hoffe zu Gott, daß ich keinen Block verursacht habe«, erwiderte Deon grimmig.
    Vom Einschnitt in den rechten Vorhof aus befestigte er die inneren Klappensegel am oberen Teil des Flickens. Er arbeitete mit der Sorgfalt einer Näherin, die Spitzen an ein Kleid heftet.
    Zur Probe spritzte er Wasser in die beiden neugeformten Herzkammern. Die Segel blähten sich und schlossen sich fest. Vielleicht leckte die Trikuspidalklappe ein bißchen, aber das fiel kaum ins Gewicht.
    Er formte ein zweites Stück Dacronfilz und bildete eine Wand, die den gemeinsamen Vorhof teilte, wobei er Acht gab, daß die Lungenvenen das Blut nach links fließen ließen.
    Stich für Stich, einer so sauber wie der andere. Seine Empfindungen waren ein wirres Gemisch aus Verzweiflung und Entschlossenheit, Verzagtheit und Trotz. Er versuchte sie zu unterdrücken und sich ganz auf das Gegenwärtige zu konzentrieren, aber tausend Gespenster jagten ihn. Schließlich richtete er sich auf und legte einen Moment lang den Kopf zurück. Er seufzte erschöpft. »Das ist so ungefähr alles. Machen wir zu.«
    Er fühlte sich unsäglich alt und müde, aber er konnte nicht aufgeben. Jetzt nicht – nie.
    »Fangen Sie an zu wärmen.«
    »Wärmung läuft.«
    Die Pumpe, die das heiße Wasser durch den Wärmeaustauscher kreisen ließ, stöhnte auf. Deon löste die Aortenklammer, und das erhitzte Blut floß in den Herzmuskel zurück. Er schloß den Einschnitt im Vorhof.
    Nun, da alles vorbei war, wurde er zunehmend nervös. Seine Hände zitterten derart, daß er kaum den Nadelhalter halten konnte. Während er das Herz neu konstruierte, hatte er alle Gedanken an die möglichen Folgen zu verbannen versucht. Jetzt brachen all seine Zweifel wieder durch. Es gab viele unberechenbare Gefahren. Herzblock. Lecken der rekonstruierten Klappen. Und noch viele andere, an die er gar nicht gedacht hatte.
    Die Vorhöfe hatten einen regelmäßigen Rhythmus angenommen, aber die Herzkammern flatterten noch immer. Es war, als könne das Herz sich nicht entscheiden, wie es das Blut durch seine neue Form pumpen solle.
    »Wie hoch ist die Temperatur?« fragte Deon.
    »Speiseröhre vierunddreißig«, sagte der Narkosearzt, »Rektum noch ziemlich niedrig: achtundzwanzig.«
    »Können Sie nicht schneller wärmen?« fragte Deon den Techniker ungeduldig.
    »Das Wasser ist zweiundvierzig. Mehr kann ich nicht tun.«
    »Ich will von Ihnen keine Frechheiten hören, verstanden?« brüllte Deon.
    Der Techniker sah ihn wütend unter düster zusammengezogenen Brauen an.
    Das Blut hatte jetzt normale Temperatur, aber das Herz fuhr fort zu flattern. Er würde es schocken müssen. Aber als er den zuckenden Muskel anhob, um die Elektroden darunterzuschieben, belebte er sich unter seinen Händen, als habe er ihm mit seinen Fingern einen elektrischen Stoß versetzt. Er schien zu zögern. Die Vorhöfe funkten ihre Signale an die Herzkammern, wie um sie in ihren erlahmenden Bemühungen anzuspornen. Noch eine Kontraktion. Da fielen die beiden neugeschaffenen Pumpkammern in regelmäßigen und für jeden im Operationssaal hörbaren wunderschönen Sinusrhythmus.
    Robby richtete sich zu seiner vollen Größe auf und schloß die Augen. »Ich kann's nicht glauben«, sagte er. Dann hob er seine gummibehandschuhten Hände hoch und zeigte sie Deon. Sie waren zu Fäusten geballt, in denen er fest die Daumen hielt.
    Nachher, im Aufwachzimmer, kam ein Anruf von Peter Moorhead.
    »Nimm du das Gespräch an«, bat Deon Robby eindringlich. »Sag ihm, ich sei schon weg. Irgendwas.«
    Jetzt darüber zu sprechen würde das Erlebnis schmälern. Er konnte es mit niemandem teilen.
    Deon trat in das kleine Labor des Genetischen Instituts. Philip Davids schien kaum überrascht, ihn zu sehen, obwohl sie keinerlei Verabredung getroffen hatten.
    Deon hatte an der äußeren Eingangstür geklopft. Da niemand antwortete, war er zögernd eingetreten. Aus dem Hauptlabor kam ihm ein gedrungener, fuchsgesichtiger Mann mit randloser Brille diensteifrig entgegen.
    »Ja, bitte?« Eine Sekunde später erkannte er Deon. Seine Miene verklärte sich. »Professor Van der Riet! Guten Tag, Herr Professor!«
    »Tag. Entschuldigen Sie die Störung. Ich suche Professor Davids.«
    »Ach so«, sagte der andere, dessen Begeisterung spürbar nachließ. »Er ist in seinem Büro.«
    Durch die offene

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