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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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lautlos zurückgezogen hatte, waren sie allein. Trish lehnte sich über den Tisch nach vorn. »Jetzt! Jetzt kannst du es mir sagen.«
    »Lass uns zuerst was trinken.«
    Er wußte selbst nicht, warum er sie so lange zappeln ließ. Grausamkeit war es nicht, oder vielleicht doch zu einem gewissen Grad eine Rache für ihre Unnahbarkeit. Aber hauptsächlich wollte er mit seinem Hinhaltungsmanöver ihr Interesse so lange wie möglich wach halten.
    Sie sah ihm mit forschenden Augen ins Gesicht. Dann zuckte sie leicht die Achseln und blickte sich im Restaurant um. Es war ganz in sattem Bronze, Gold und poliertem Holz gehalten und wirkte jahrhundertealt.
    »Ich kann mich nicht erinnern, je hier gewesen zu sein«, sagte sie obenhin. Er merkte, daß sie ihm entgegenkommen wollte, und widersinnigerweise enttäuschte ihn ihre Gefügigkeit.
    »Voriges Jahr eröffnet«, sagte er mit einem spöttischen Lächeln. »All das antike Holz ist bloß Attrappe. Aber das Essen kann ich empfehlen.«
    Sie lachte. »Das ist ja tröstlich.«
    »Damals hätten wir uns so ein Restaurant sowieso nicht leisten können, oder?«
    Sie ging weder mit Wort noch Geste auf seine plumpe Anspielung auf ihre gemeinsamen Erinnerungen ein.
    Das Schweigen zwischen ihnen drohte bedenklich zu werden. Trish betrachtete eingehend die Jagdszenen über dem Kamin, in dem ein riesiges Holzfeuer prasselte.
    »Hast du dich schon entschlossen, wann du zurück nach Italien gehst?« Er fürchtete sich vor ihrer Antwort, aber es fiel ihm keine andere Frage ein.
    »Anfang nächsten Monats. Ich wollte heute die notwendigen Buchungen machen.«
    Weniger als drei Wochen.
    »Du willst also nicht noch etwas bleiben?«
    »Nein. Mein Vater kommt jetzt allein zurecht. Früher oder später muß er es sowieso lernen. Wir müssen alle unser eigenes Leben führen.«
    »Da hast du allerdings recht.«
    »Und dieses Klima tut Giovanni gar nicht gut. Er erkältet sich so leicht.«
    Sollte er es ihr jetzt sagen? Statt dessen fragte er: »Erinnerst du dich noch an Philip Davids? Einer der Farbigen, mit denen ich zusammen promoviert habe.«
    »Ich weiß, wen du meinst. Hat er nicht den Nobelpreis bekommen?«
    »Er wurde dafür vorgeschlagen. Bekommen hat er ihn nicht. Jedenfalls, er ist zur Zeit in Südafrika.«
    »Ich weiß.«
    Er starrte sie verblüfft an.
    »Ich habe ein Foto von euch beiden in der Zeitung gesehen, als ich im Februar hier war«, erklärte sie.
    »Ach so, ja, natürlich. Er ist Genetiker, und er behauptet, daß wir eines Tages Erbkrankheiten wie Mongolismus verhindern oder heilen können.«
    Sie sah ihn ruhig an. »Wie?«
    »Nun, es ist nicht so leicht zu erklären. In jeder Zelle ist eine Substanz, DNS genannt, und die ist wie ein magnetisches Band, das die Information aufzeichnet. Krankheiten wie Mongolismus entstehen durch Informationsfehler bei dieser Aufzeichnung. Eines Tages, wenn die Molekularchirurgie möglich wird, können wir vielleicht das fehlerhafte Stück herausschneiden und die richtige Information einsetzen.«
    »Das klingt ja schrecklich kalt und klinisch!«
    »Aber wenn man dadurch vollkommene Menschen schafft?«
    Es war merkwürdig, daß er einen Standpunkt verteidigte, den er kürzlich noch angegriffen hatte. Aber es schien notwendig, sie zu überzeugen, selbst wenn er es nicht war.
    »Dann wird es keine Kinder wie Giovanni mehr geben, das meinst du doch?«
    »Bitte mißversteh mich nicht. Ich würde nicht im Traume daran denken, dich zu verletzen.«
    »Ich bin nicht verletzt. Aber das ist doch das praktische Ziel dieser Experimente, nicht?«
    »Ja, es scheint so.«
    Der Kellner servierte die Speisen, und Deon sammelte seine Gedanken. »Keine Krankheiten mehr – du mußt doch zugeben, daß dies ein sehr idealistisches Ziel ist. Schließlich hat die Medizin seit Jahrhunderten danach gestrebt.«
    Sie blickte nachdenklich auf ihren Teller. »Vom rein medizinischen Standpunkt aus, ja. Aber vollkommene Menschen künstlich zu erschaffen – da hättest du den perfekten Roboter.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Perfektion ist nicht menschlich. Wenn ich wählen könnte zwischen einem deiner so genannten perfekten Kinder oder meinem armen Giovanni: Ich würde ihn haben wollen. Wenigstens ist er ein menschliches Wesen, mit allen Widersprüchlichkeiten der menschlichen Natur.«
    Und da sagte er es ihr. Er erzählte ihr von dem Hund, der noch am Leben war, anderthalb Wochen nach der Operation. Er betonte die Gefahren, die Ungewissheit, die technischen Probleme.

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