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Die Erde ist nah

Die Erde ist nah

Titel: Die Erde ist nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludek Pesek
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Navigationsgerät in dem eintönigen Gelände leicht die Orientierung verlieren und sich verirren. Briggs schoß in regelmäßigen Intervallen Signalraketen ab. - Als dann die Libelle auf der Basis landete, erzählte Lawrenson, daß er seinen Augen nicht trauen wollte, als er die grünen Leuchtkugeln an einer ganz anderen Stelle des Horizonts sah, als er erwartet hatte. Wenn er nur nach seiner Schätzung hätte fliegen müssen, hätte er die Basis bestimmt verfehlt. Jenkins montierte den Radiokompaß ab und wollte ihn in der Kabine reparieren. Vergeblich. Wenn es ihm auch gelungen wäre, ich glaube, auch dann hätte der Kapitän den Start der Libelle für weite Flüge nicht mehr erlaubt. Die Unverläßlichkeit des lebenswichtigen Gerätes war dafür ein ausreichender Grund. Mit Lawrenson, der in seine Libelle geradezu verliebt war, war nicht zu reden. Es war wirklich ein Schlag für ihn und für die ganze Expedition. Es blieb kein anderer Ausweg, als alle Hoffnungen auf die Schlepper und die Ausdauer der Menschen zu setzen.O'Brien und der Kapitän entschieden sich für den ursprünglichen Plan, nach dem sie das Gebiet Sinus Sabaeus mit der Astra und zwei Eidechsen erreichen und dort eine vorgeschobene Basis für den Großen Marsch nach Deucalionis Regio einrichten wollten. - Der hundertneunzehnte Tag hatte einen besonderen Charakter. Auf der Basis stand die marschbereite Astra mit vollbeladenem Anhänger; zwölf Zweihundertliterfässer mit Treibstoff, zwölf frostfeste Zweihundertliterfässer mit Wasser, Kisten mit Lebensmitteln und Ausrüstung zusammen über zwei Tonnen Marsgewicht. Entsprechend beladen waren auch die Anhänger der beiden Eidechsen. Die Expedition hatte mit der Rückfahrt fast tausend Kilometer vor sich, geplant für sechzig Tage. O'Brien wählte im Einverständnis mit dem Kapitän zehn Mann aus. Am Vorabend der Abfahrt überflutete die untergehende Sonne die Wüste in der Umgebung der Basis mit satten orangeroten und violetten Farben. Der Sand und die Felsen sahen wie glühendes Metall aus.
    Beim festlichen Abendessen herrscht gehobene Stimmung. Morgen teilt sich die Expedition in zwei Hälften. Wer soll wen beneiden? Ich gehöre zu jener Gruppe, die sich auf die Fahrt begibt - und ich bin froh darüber. Selbstverständlich wird an diesem Abend von nichts dergleichen gesprochen. Der Kapitän unterhält sich mit O'Brien, als hätte es zwischen ihnen nie etwas gegeben. Der Kapitän bleibt auf der Basis, O'Brien leitet die Forschungsexpedition. Der Kapitän und O'Brien trinken auf das Gelingen der Expedition den Saft von Orangen, die unter den Strahlen jener Sonne heranreiften, die auch hier draußen die öde, tote Wüste bestrahlt. In diesem Augenblick denkt bestimmt keiner an irgendwelche Verstimmung. Es ist ein feierlicher Augenblick, in dem es scheint, daß die kleinen und gewöhnlichen Dinge verschwunden sind, ja, ihren Sinn und ihre Größe verändert haben. Doch als ich später auf dem Lager in meiner Kabine nicht einschlafen konnte, kam mir zu Bewußtsein, daß die für unser Leben bemessene Zeit aus kleinen, gewöhnlichen Dingen besteht, deren Sinn und auch Größe sich nicht ändern können.
    16

    Der frostige Nebel löst sich nach Sonnenaufgang in der vollkommenen Windstille auf.
    Um 7 Uhr früh werden die Motoren der Schlepper angelassen. Wir stehen in einer Reihe neben den vollbeladenen Fahrzeugen und warten auf die Abschiedsworte des Kapitäns. O'Brien richtet uns streng militärisch aus. Weil er auf solche Dinge nie Wert gelegt hat, sehe ich in seinem Handeln einen Ausdruck des guten Willens und des Respekts vor dem Kapitän. Die hellgelben, staubfreien Raumanzüge leuchten im Sonnenschein wie bei einer feierlichen Parade. Da öffnet sich die Tür der Überdruckkammer. O'Brien geht dem Kapitän entgegen und meldet streng nach Vorschrift die Abfahrtsbereitschaft der Kolonne. Wir hören in den Helmhörern die Antwort des Kapitäns: »Ich glaube, daß Wille und feste Freundschaft alles vermögen.« Er reicht O'Brien die Hand, wendet sich zu uns und sagt: »Hals- und Beinbruch, Jungs.« Er sagt es so zivil, wie er nur kann. Wir sitzen auf. Die angewärmten Motoren ziehen an, und die Kolonne fährt ab. Der aufgewirbelte Staub hüllt die Basis in einen leichten Nebel. Als ich mich auf dem Sitz der Eidechse nach der Basis, die ich erst nach zwei Monaten wiedersehen soll, umdrehe, erblicke ich den Kapitän, der mit lässig gespreizten Beinen auf dem Kamm einer Sanddüne steht. Er schaut uns

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