Die Erde
einen Augenblick an, wie sie dort hockte, zusammengeknautscht wie ein Lumpen, dann rannte er mit irrer Miene hinaus, schmiß die Tür zu und fluchte: »Himmelsakrament! Himmelsakrament!«
Am nächsten Tage konnte Rose nicht mehr das Bett verlassen. Man rief Doktor Finet, der dreimal wiederkam, ohne ihr Erleichterung zu verschaffen. Als er beim dritten Besuch festgestellt hatte, daß sie im Sterben lag, nahm er Fouan beiseite und bat ihn, wie um eine Gefälligkeit, um das Einverständnis, daß er sogleich den Totenschein ausstellen und hierlassen dürfen das würde ihm einen Gang ersparen; bei weit entfernt liegen den Weilern machte er Gebrauch von diesem Ausweg. Mit der Alten dauerte es indessen noch sechsunddreißig Stunden.
Auf Fouans Fragen hatte Doktor Finet geantwortet, das sei das Alter und die Arbeit, man müsse eben von hinnen gehen, wenn der Körper am Ende sei. Aber in Rognes, wo man die Geschichte wußte, sagten alle, ihr sei das Blut geronnen.
Sehr viele Leute kamen zur Beerdigung, Geierkopf und die übrige Familie benahmen sich dabei sehr gut.
Und nachdem man das Loch auf dem Friedhof wieder zugescharrt hatte, kehrte der alte Fouan allein in das Haus zurück, in dem sie zu zweit fünfzig Jahre gelebt und gelitten hatten.
Stehend aß er ein Stück Brot und Käse; dann schlich er durch die leeren Räume und den leeren Garten, wußte nicht, womit er seinen Kummer töten sollte. Er hatte nichts mehr zu tun; er ging hinaus, ging zu den höher gelegenen Flächen, zu seinen früheren Feldern, um nachzusehen, ob das Getreide wachse.
Kapitel III
So lebte Fouan ein ganzes Jahr hindurch schweigsam in dem öden Hause. Man fand ihn dort unausgesetzt auf den Beinen, wie er hin und her ging mit zitternden Händen und nichts tat. Stundenlang verharrte er vor den verschimmelten Trögen im Stall, kehrte zurück, um sich an der Tür der leeren Scheune aufzupflanzen, war gleichsam dort festgenagelt durch ein tiefes Sinnen. Der Garten nahm ihn noch ein wenig in Anspruch; aber der Alte wurde schwächer, beugte sich immer tiefer zur Erde, die ihn zu sich zu rufen schien, und zweimal hatte man ihm zu Hilfe eilen müssen, weil er mit der Nase in seine Salatpflanzen gefallen war.
Seit er Jesus Christus die zwanzig Francs gegeben hatte, zahlte nur noch Delhomme das Jahresgeld, denn Geierkopf bestand starrköpfig darauf, keinen Sou mehr zu zahlen, und erklärte, lieber ließe er sich gerichtlich belangen, als daß er zusehe, wie sein Geld in die Taschen seines Bruders, dieses Hundsfotts, verdufte. Und tatsächlich nötigte Jesus Christus seinem Vater, den die tränenreichen Auftritte völlig hilflos machten, noch von Zeit zu Zeit ein erzwungenes Almosen ab.
Da kam Delhomme angesichts dieser Verlassenheit des Alten, der ausgenutzt wurde und vor Einsamkeit krank war, auf den Einfall, ihn zu sich zu nehmen. Warum sollte er nicht das Haus verkaufen und bei seiner Tochter wohnen? Dort würde es ihm an nichts fehlen, und man brauchte ihm nicht mehr die zweihundert Francs Jahresgeld zu zahlen. Als Geierkopf von diesem Angebot erfahren hatte, kam er am nächsten Tage angelaufen und machte ein ähnliches Angebot und tat sich richtig groß mit seinen Sohnespflichten. Geld zum Verplempern, nein! Aber sobald es sich einzig und allein um seinen Vater handle, möge er nur kommen, er könne essen und schlafen, wie es ihm behage. Im Grunde dachte er wohl, seine Schwester locke den Alten nur mit der Berechnung zu sich, die Hand auf den vermeintlichen Schatz legen zu können. Er selber begann allerdings am Vorhandensein dieses Geldes zu zweifeln, nachdem er vergeblich geschnüffelt hatte. Und er hatte sehr gemischte Gefühle, er bot seine Wohnung aus Stolz an, wobei er durchaus damit rechnete, der Vater werde ablehnen, und er litt gleichzeitig bei dem Gedanken, dieser könne Delhommes Gastfreundschaft annehmen. Übrigens hatte Fouan großen Widerwillen, ja fast Angst vor dem ersten wie auch vor dem zweiten Vorschlag. Nein! Nein! Sein trocken Brot bei sich daheim war besser als Braten bei anderen, es ist weniger bitter. Er hatte in dem Hause gelebt, er wollte in dem Hause sterben.
So liefen die Dinge bis Mitte Juli, bis zum Sankt HeinrichsTag, dem Fest des Schutzpatrons von Rognes. Es war üblich, eine mit Zeltplanen überdachte Tanzfläche im Freien auf den Wiesen am Aigre zu errichten; und auf der Dorfstraße standen gegenüber der Bürgermeisterei drei Buden, eine Schießbude, eine Verkaufsbude, in der es alles, sogar Bänder zu
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