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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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wahrte das Schweigen eines überlegenen Mannes, in das er sich aus Vorsicht und Verachtung verschloß.
    Und da Lengaigne näher getreten war, fischte ihn sich Jesus Christus. Na? Dem hatte er's aber gegeben, diesem Tintenkacker. Dem würde man schon was husten, von wegen reiche Mädchen! Und dabei war ja Nichtsistdran durchaus gar nicht so schick, denn sie hatte ja nur auf dem Kopf Haare. Und sehr angeheitert bestätigte er dieses Naturwunder, als habe er es selber gesehen. Das erzählte man sich von Cloyes bis Châteaudun; die Burschen witzelten darüber. Nicht ein Härchen, auf Ehrenwort! Die Stelle ist so kahl wie das Kinn eines Pfarrers. Verblüfft über das Naturwunder reckten sich alsdann alle hoch, um Berthe zu betrachten, und sie sahen ihr mit leicht angewiderter Grimasse jedesmal nach, wenn der Tanz sie, die ganz weiß war inmitten ihrer fliegenden Unterröcke, wieder heranführte.
    »Alter Strolch«, fuhr Jesus Christus fort, der anfing, Lengaigne zu duzen. »Da ist deine Tochter anders; bei der ist was dran!«
    Mit selbstgefälliger Miene antwortete der:
    »Na klar!«
    Suzanne war nun in Paris, in feiner Gesellschaft, wie es hieß. Ihr Vater erwies sich als verschwiegen, sprach von einer guten Stellung.
    Aber es kamen immer noch Bauern herein, und da sich ein Pächter nach Lengaignes Sohn Victor erkundigt hatte, zog er wiederum den Brief hervor.
    »Meine lieben Eltern, ich schreibe Euch, damit Ihr wißt, daß wir jetzt in Lille in Flandern liegen ...«
    Man hörte ihm zu, Leute, die das schon fünf oder sechsmal gehört hatten, traten näher. Kostete der Liter wirklich sechzehn Sous? Ja, sechzehn Sous!
    »Erbärmliche Gegend!« sagte Bécu immer wieder.
    In diesem Augenblick tauchte Jean auf. Er warf sofort einen kurzen Blick auf den Tanzboden, als suche er dort jemanden. Enttäuscht und unruhig kam er dann in die Gaststube zurück. Seit zwei Monaten wagte er nicht mehr, Geierkopf so häufig zu besuchen, denn er spurte, daß der kühl, fast feindselig war. Zweifellos hatte Jean schlecht verborgen, was er für Françoise empfand, diese sich steigernde Freundschaft, die ihn jetzt in Fieber versetzte, und der Kumpel war das gewahr geworden. Das mußte ihm mißfallen, mußte seine Berechnungen durcheinanderbringen.
    »Guten Abend«, rief Jean und trat an einen Tisch heran, an dem Fouan und Delhomme eine Flasche Bier tranken.
    »Wollt Ihr mittrinken, Korporal?« bot Delhomme höflich an.
    Jean nahm an, und nachdem er mit beiden angestoßen hatte, sagte er:
    »Das ist komisch, daß Geierkopf nicht gekommen ist.«
    »Da kommt er eben!« entgegnete Fouan.
    In der Tat kam Geierkopf herein, aber allein. Langsam machte er die Runde durch die Gaststube, teilte Händedrücke aus; als er dann am Tisch seines Vaters und seines Schwagers angekommen war, blieb er stehen, lehnte es ab, sich zu setzen, und wollte nichts annehmen.
    »Lise und Françoise tanzen wohl nicht?« fragte Jean schließlich, und seine Stimme bebte dabei.
    Geierkopf blickte ihn scharf an mit seinen kleinen harten Augen.
    »Françoise ist schon schlafen gegangen, das ist besser für die Jugend.«
    Aber ein Auftritt in ihrer Nähe unterbrach sie plötzlich und fesselte ihre Aufmerksamkeit. Jesus Christus war mit Flore aneinandergeraten; er verlangte eine Flasche Rum, um ein Brändelchen zu machen; und sie weigerte sich, sie ihm zu bringen, »Nein, nichts mehr, Ihr seid besoffen genug.«
    »He? Was zwitschert die da? Glaubst du etwa, alte Schlampe, ich werd dich nicht bezahlen? Ich kauf dir deine Bude ab, willst du? Da! Ich brauch mir bloß die Nase zu wischen, guck her!« Er hatte in der Faust sein viertes Hundersousstück versteckt, klemmte zwei Finger über die Nase, prustete laut und tat, als ziehe er das Geldstück dabei heraus, das er dann wie eine Monstranz herumzeigte. »Das wisch ich mir aus der Nase, wenn ich Schnupfen habe!«
    Beifall ließ die Wände wackeln, und Flore, die bezwungen war, brachte den Liter Rum und Zucker. Außerdem wurde noch eine Schüssel benötigt. Jesus Christus, dieser Kerl, unterhielt alsdann den ganzen Raum, während er mit erhobenen Ellbogen den Punsch umrührte und sein Gesicht hochrot war im Schein der Flammen, die die Luft, den dichten Dunst der Lampen und Pfeifen, vollends überhitzten.
    Aber Geierkopf, den der Anblick des Geldes hochgebracht hatte, platzte auf einmal los:
    »Du großes Schwein, schämst du dich nicht, so das Geld zu vertrinken, das du unserm Vater stiehlst?«
    Der andere nahm das als Ulk.
    »Aha,

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