Die Erde
würde Hilarion sie schlagen; denn er brachte sie nicht bloß mit seinen viehischen Begierden um, er bestahl sie jetzt auch, um sich mit Schnaps zu besaufen. Aber ihre letzten Kräfte ließen sie im Stich. Ihr platter Körper, der weder Busen noch Arsch hatte, der wie ein Brett abgehobelt war durch die Arbeit, knackte in allen Fugen, war drauf und dran zu zerbrechen bei jeder Garbe, die sie zusammenraffte und band. Und mit aschfarbenem Gesicht, das zerfressen war wie ein altes Soustück, ließ sie, die mit ihren fünfunddreißig Jahren aussah wie sechzig, mit jener verzweifelten Anstrengung des Lasttiers, das bald hinfällt und stirbt, die brennende Sonne ihr Leben austrinken.
Seite an Seite hatten sich Geierkopf und Françoise hingelegt. Sie dampften nun vor Schweiß, da sie sich nicht mehr rührten, still waren und die Augen geschlossen hielten. Sofort übermannte sie bleierner Schlaf, sie schliefen eine Stunde; und der Schweiß hörte nicht auf, rann an ihren Gliedern entlang in dieser reglosen und lastenden Schmelzofenluft. Als Françoise die Augen wieder aufschlug, sah sie Geierkopf, der auf der Seite lag und sie mit gelbem Blick betrachtete. Sie schloß von neuem die Lider, tat so, als schlafe sie wieder ein. Ohne daß er noch irgend etwas gesagt hatte, spürte sie, daß er sie haben wollte, seit er sie hatte heranwachsen sehen und sie eine richtige Frau war. Diese Vorstellung bestürzte sie: Würde er es wagen, der schweinische Kerl, den sie alle Nächte hörte, wie er sich an ihrer Schwester gütlich tat? Niemals hatte diese wiehernde Brunst des Hengstes sie so sehr erbost. Würde er es wagen? Sie wartete darauf, wünschte es unbewußt und war entschlossen, ihn zu erwürgen, falls er sie berühre.
Da sie die Augen zupreßte, packte Geierkopf sie jäh.
»Du Schwein! Du Schwein!« stammelte sie und stieß ihn zurück.
Er grinste irre und sagte immer wieder ganz leise:
»Dummes Ding! Laß doch! – Ich sage dir doch, daß sie schlafen und niemand herschaut.«
In diesem Augenblick tauchte über dem Getreide Palmyres bleicher und mit dem Tode ringender Kopf auf, der sich nach dem Geräusch umdrehte. Aber die zählte nicht, nicht mehr, als hätte eine Kuh ihr Maul vorgestreckt. Und tatsächlich machte sie sich gleichgültig wieder über ihre Garben her; man hörte von neuem, wie ihr Kreuz bei jeder Anstrengung krachte.
»Dummes Ding! Probier doch mal! Lise erfährt nichts davon!«
Françoise, die bereits schwach wurde und bezwungen war, sperrte sich noch mehr, als der Name ihrer Schwester fiel. Und von nun an gab sie nicht nach, hieb mit beiden Fäusten drein, schlug aus mit ihren beiden nackten Beinen, die er schon bis zu den Hüften entblößt hatte. Gehörte er denn ihr, dieser Mann? Wollte sie denn das, was eine andere übriggelassen hatte?
»Leg doch los mit meiner Schwester, du Schwein! Racker sie zu Tode, wenn's ihr Spaß macht. Mach ihr jeden Abend ein Kind!«
Unter den Schlägen begann Geierkopf böse zu werden, schimpfte, glaubte, sie habe lediglich Angst vor den Folgen.
»Verdammter Dummkopf! Wenn ich dir doch schwöre, daß ich rausziehe, daß ich dir kein Kind mache!«
Mit einem Fußtritt traf sie ihn in den Unterleib, und er mußte sie loslassen, er stieß sie so brutal, daß sie einen Schmerzensschrei unterdrückte.
Es war Zeit, daß das Spiel aufhörte, denn als Geierkopf aufstand, erblickte er Lise, die zurückkam und das Vesperbrot brachte. Er ging ihr entgegen und hielt sie zurück, um Françoise Zeit zu lassen, ihre Röcke glattzustreichen. Bei dem Gedanken, daß sie alles sagen würde, tat es ihm leid, sie nicht mit einem Fersenhieb totgeschlagen zu haben. Aber sie sprach nicht, sie begnügte sich damit, sich mit starrköpfiger und unverschämter Miene mitten in die Schwaden zu setzen. Und als er wieder zu mähen begann, blieb sie dort müßig sitzen wie eine Prinzessin.
»Was denn«, fragte Lise, die sich ebenfalls langgelegt hatte und müde vom Laufen war, »du arbeitest nicht?«
»Nein, das ödet mich an«, antwortete sie wütend.
Da Geierkopf nicht wagte, sie zurechtzustoßen, fiel er über seine Frau her. Was siele sie sich denn da noch herum, ausgestreckt wie eine Zuchtsau, und wärme sich den Bauch in der Sonne? Ach, eine saubere Geschichte, so einen tollen Kürbis reifen zu lassen!
Sie lachte über diese Bemerkung, weil sie sich die Fröhlichkeit einer üppigen Klatschbase bewahrt hatte: Das könne schon sein, daß das Kleine dabei reife, daß es dabei wachse. Und unter
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