Die Erde
unter ihnen eine Frau wieder, die mit einem der Mäher verheiratet war und die er zwei Jahre vorher, als sie noch ledig war, umgelegt hatte. Eines Abends wurde seine Qual so schlimm, daß er in den Schafstall schlich und die Frau an den Füßen zwischen ihrem Mann und einem Bruder wegzog, die mit offenem Munde schnarchten. Ohne Sträuben fügte sie sich. Es war ein stummes, gieriges Nehmen in der durchglühten Finsternis auf dem festgestampften Boden, der trotz des gründlichen Ausfegens von der Überwinterung der Hammel einen so scharfen Ammoniakgeruch zurückbehalten hatte, daß einem die Augen tränten. Und zwanzig Tage ging das nun schon so, daß er sie jede Nacht holen kam.
Gleich von der zweiten Augustwoche an kam die Arbeit voran. Die Mäher waren von den nördlichen Ackerstücken weggezogen und gingen zu denen hinunter, die das AigreTal säumten; und Garbe um Garbe fiel das unermeßliche Tuch der Halme, jeder Sensenhieb biß hinein, schnitt ein rundes Stück heraus. Die schmächtigen Insekten, die in dieser Riesenarbeit schier ertranken, gingen siegreich daraus hervor. Wo sie langsam in einer Reihe vorübergeschritten waren, kam die kahle Erde wieder zum Vorschein, die harten Stoppelfelder, über die tiefgebückt die Binderinnen stapften. Das war die Zeit, da die große traurige Einsamkeit der Beauce sich am stärksten aufheiterte, von vielen Leuten bevölkert war und belebt vom ständigen Hin und Her der Arbeiter, der Karren und der Pferde. So weit das Auge reichte, waren Gruppen beim Arbeiten, alle im gleichen schrägen Gang, im gleichen Wiegen der Arme, die einen so nah, daß man das Zischen des Eisens vernahm, die anderen fern und ferner bis zum Rande des Himmels, wie Ameisen so klein, wie schwarze Striche. Und überall taten sich Löcher auf wie in zerfressenem Stoff, der an allen Stellen nachgibt. Fetzen um Fetzen verlor die Beauce bei dieser Ameisengeschäftigkeit ihr Prachtgewand, diesen einzigen Schmuck ihres Sommers, ohne den sie auf einmal trostlos und nackt liegenblieb.
In den letzten Tagen war die Hitze drückend, besonders an einem Tage, an dem Jean Garben auf ein neben Geierkopfs Feld gelegenes Ackerstück des Gehöftes fuhr, auf dem die große, acht Meter hohe und dreitausend Bund starke Miete errichtet werden sollte. Die Stoppelfelder bekamen Risse vor Trockenheit, und über dem noch stehenden reglosen Getreide brannte die Luft; man hätte meinen können, es flamme selber mit sichtbarer Flamme im Flirren der Sonne. Und keine Kühle spendendes Laub, nichts als der kurze Schatten der Menschen auf der Erde. Seit dem Morgen lud Jean unter diesem Feuer des Himmels schwitzend seine Fuhren auf und wieder ab, ohne ein Wort zu sprechen, warf lediglich bei jeder Fahrt einen kurzen Blick zu dem Ackerstück hinüber, auf dem hinter dem mähenden Geierkopf Françoise tiefgebückt Garben band.
Geierkopf hatte Palmyre zu ihrer Hilfe gedungen. Françoise schaffte es nicht, und auf Lise, die im achten Monat schwanger war, brauchte er nicht zu rechnen. Diese Schwangerschaft brachte ihn hoch. Das ihm, der so viele Vorsichtsmaßregeln traf! Wie war dieses Balg bloß da reingekommen? Er rempelte seine Frau an, warf ihr vor, sie habe es absichtlich getan, jammerte stundenlang, als habe sich ein Armer oder ein herrenloses Tier in sein Haus eingeschlichen, um alles aufzuessen; und nach acht Monaten war es so weit mit ihm gekommen, daß er Lises Bauch nicht ansehen konnte, ohne sie zu beschimpfen: »Verwünschter Bauch! Dümmer als eine Gans! Der Ruin der Familie!« Am Morgen war sie Garben binden gekommen, aber wütend über ihre ungeschickte Schwerfälligkeit, hatte er sie weggeschickt. Sie sollte um vier Uhr wiederkommen und das Vesperbrot bringen.
»Himmelsakrament!« fluchte Geierkopf, der es sich in den Kopf setzte, mit einem Stück des Feldes fertig zu werden. »Mein Rücken ist wie gebraten, und meine Zunge ist trocken wie ein Hobelspan.« Er richtete sich auf, war barfuß in den groben Schuhen, lediglich mit einem Hemd und einer leinenen Arbeitshose bekleidet, und das offene, halb aus der Hose hängende Hemd ließ bis zum Nabel die schweißigen Haare auf der Brust sehen.
»Muß noch was trinken!«
Und er ging, um unter seiner Jacke eine Literflasche Zider vorzuholen, die er dort vor der Sonne geschützt hatte. Als er zwei Schluck von diesem lauen Getränk hintergekippt hatte, fiel ihm die Kleine ein.
»Du hast wohl keinen Durst?«
»Doch!«
Françoise nahm die Flasche, trank lange, ohne Ekel, und
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