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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Hund, dem man einen Knochen wieder wegnehmen will. »Ich würde ihn umbringen!«
    Verwundert über diese tierhafte Eifersucht, musterte ihn Soulas einen Augenblick. Wieder in die Stumpfsinnigkeit seines sonstigen langen Schweigens zurückgesunken, sagte er dann abschließend in seiner kurz angebundenen Art:
    »Das ist deine Sache, mein Sohn.«
    Tron ging zu dem Wagen zurück, den er zur Mühle brachte.
    Jean blieb noch einige Minuten bei dem Schäfer, um ihm zu helfen, einige Pferchhölzer mit dem Schlegel in den Boden zu treiben; und Soulas, der sah, daß er so stumm, so traurig war, fing schließlich wieder an:
    »Es ist doch wenigstens nicht die Cognette, die dir so das Herz im Leibe rumdreht?«
    Der Knecht verneinte mit energischem Kopfschütteln.
    »Es ist also eine andere? – Aber welche denn? Ich habe dich ja nie mit einer zusammen gesehen!«
    Jean sah Vater Soulas an, und er sagte sich, daß die Alten in solchen Dingen mitunter einen guten Rat wissen. Er gab auch dem Bedürfnis nach, jemandem sein Herz auszuschütten, und so erzählte er Soulas die ganze Geschichte: wie er Françoise gehabt hatte, und warum er die Hoffnung aufgab, sie nach der Schlägerei mit Geierkopf wiederzukriegen. Eine Weile hatte er sogar befürchtet, daß der ihn vor Gericht bringen würde wegen seines gebrochenen Armes, der ihm jede Arbeit verbot, obwohl er schon wieder halb geheilt war. Aber Geierkopf hatte sich zweifellos überlegt, daß es niemals gut sei, das Gericht die Nase in persönliche Angelegenheiten reinstecken zu lassen.
    »Du hast also Françoise gevögelt?«
    »Einmal, ja!«
    Soulas blieb ernst, überlegte und sagte schließlich seine Meinung:
    »Mußt das Vater Fouan sagen. Vielleicht gibt er sie dir.«
    Jean war erstaunt, denn dieser so einfache Schritt war ihm nicht eingefallen. Die Hürde war aufgestellt, er brach auf und beschloß, noch am selben Abend den Alten aufzusuchen. Und während er sich hinter seinem leeren Wagen entfernte, nahm Soulas sein ewiges Postenstehen wieder auf. Hager und aufrecht stand er da und durchschnitt wie eine graue Stange den flachen Horizont der Ebene. Der kleine Schweinehirt hatte sich zwischen den beiden Hunden im Schatten des Hirtenwagens ausgestreckt. Jäh hatte sich der Wind gelegt, das Gewitter war nach Osten abgezogen; und es war sehr heiß, die Sonne verglühte an einem Himmel von reinem Blau.
    Abends verließ Jean die Arbeit eine Stunde früher und ging fort, um vor dem Abendbrot Vater Fouan bei den Delhommes aufzusuchen. Als er den Hang hinabschritt, erblickte er die Delhommes in ihren Weinbergen, wo sie die Trauben freilegten, indem sie die Blätter abrissen; Regenfälle hatten gegen Ende des vergangenen Monats alles aufgeweicht, die Trauben reiften schlecht, es galt, die letzten schönen Sonnentage auszunützen. Und da der Alte nicht dabei war, beeilte sich der Bursche in der Hoffnung, allein mit ihm reden zu können, was ihm lieber war. Delhommes Haus lag am anderen Ende von Rognes, hinter der Brücke, ein kleiner Bauernhof, der kürzlich um Scheunen und Schuppen vergrößert worden war, drei unregelmäßige Gebäudekomplexe, die einen ziemlich geräumigen Hof umschlossen, der jeden Morgen gefegt wurde und auf dem die Misthaufen nach der Schnur ausgerichtet zu sein schienen.
    »Guten Tag, Vater Fouan!« rief Jean von der Landstraße aus mit etwas unsicherer Stimme.
    Der Alte saß auf dem Hof, hatte einen Stock zwischen den Knien und hielt den Kopf gesenkt. Bei einem zweiten Zuruf blickte er jedoch auf und erkannte den Sprecher.
    »Ach, Ihr seid's, Korporal! Ihr kommt also auch mal hier lang?«
    Und er begrüßte ihn so natürlich und ohne Groll, daß der Bursche eintrat. Aber er wagte zunächst nicht, von der Angelegenheit zu sprechen, sein Mut verließ ihn bei dem Gedanken, so mir nichts, dir nichts zu erzählen, wie er Françoise umgelegt hatte. Sie plauderten vom schönen Wetter, wie gut das den Weinstocken tat. Noch acht Tage Sonne, und der Wein würde gut werden! Dann wollte der junge Mann dem Alten etwas Angenehmes sagen.
    »Ihr habt's wie ein richtiger Städter. Es gibt in der ganzen Gegend keinen Grundbesitzer, der so glücklich ist wie Ihr.«
    »Ja, freilich.«
    »Ach, wenn man Kinder wie die Euren hat! Denn man kann weit gehen, ohne bessere zu finden!«
    »Ja, ja ... Bloß, wißt Ihr, jeder hat so seine Eigenarten.« Er war noch düsterer geworden. Seit er bei Delhommes lebte, zahlte ihm Geierkopf das Jahresgeld nicht mehr, mit der Begründung, er wolle nicht,

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