Die Erde
Steuereinnehmer, ein heiteres Häuschen bewohnte, das zwischen Hof und Garten lag. Herr Hardy war ein dicker, rotwangiger und jovialer Mann mit schwarzem gutgekämmtem Bart, war gefürchtet von den Bauern, die ihn beschuldigten, er mache sie mit seinen Geschichten ganz benommen. Er empfing sie in einem engen Büro, einem durch eine Barriere geteilten Raum, er auf der einen und sie auf der anderen Seite. Oft stand da ein Dutzend, dicht gedrängt, zusammengepfercht. Im Augenblick befand sich ausgerechnet nur Geierkopf da, der eben eingetroffen war.
Geierkopf konnte sich niemals entschließen, seine Steuern auf einmal zu bezahlen. Wenn er im März den Bescheid erhielt, war er acht Tage lang schlechter Laune. Wütend zerklaubte er die Veranlagung zur Grundsteuer, zur Kopfsteuer, zur Mobiliarsteuer, zur Tür und Fenstersteuer; seine großen Zornesausbrüche aber verursachten die Zuschlagcentimes, die von Jahr zu Jahr mehr wurden, wie er sagte. Dann wartete er, bis er eine gebührenfreie Mahnung erhielt. Dabei gewann er stets eine Woche. Er zahlte dann in zwölf Raten, jeden Monat eine, wenn er zum Markt fuhr; und jeden Monat begann wieder dieselbe Marter, er wurde krank darüber am Vortag, er brachte sein Geld, wie er seinen Kopf zum Schafott gebracht hätte. Ach, diese verdammte Regierung! Das war schon eine, die den Leuten das Geld stahl.
»Na, da seid Ihr ja«, sagte Herr Hardy lustig. »Es ist gut, daß Ihr kommt, ich hätte Euch bald Gebühren berechnet.«
»Das hätte gerade noch gefehlt!« schimpfte Geierkopf. »Und Sie wissen ja, daß ich die sechs Francs nicht zahle, um die Sie die Grundsteuer erhöht haben ... Nein, nein, das ist nicht gerecht!«
Der Steuereinnehmer fing an zu lachen.
»Freilich, jeden Monat kommt Ihr mir mit demselben Lied! Ich habe Euch bereits auseinandergesetzt, daß Euer Einkommen mit den Anpflanzungen auf Eurer früheren Wiese am Aigre zugenommen haben muß. Wir hier, wir legen das zugrunde!«
Aber Geierkopf sträubte sich heftig. Ach ja, sein Einkommen zugenommen! Das war wie mit seiner Wiese, die früher siebzig Ar groß war und die jetzt nur noch achtundsechzig Ar hatte, seit ihr der Fluß bei seiner Laufveränderung zwei Ar weggefressen hatte: Na schön! Er zahlte immer noch für siebzig Ar, war das denn Gerechtigkeit?
Herr Hardy antwortete gelassen, daß die Grundbuchfragen ihn nichts angingen, daß man warten müsse, bis im Grundbuch die Nachtragungen erfolgt seien. Und unter dem Vorwand, seine Erläuterungen wieder aufzunehmen, überschüttete er ihn mit Zahlen, Fachausdrücken, von denen der andere nichts begriff. Dann sagte er abschließend mit seiner spöttischen Miene:
»Aber wenn Ihr nicht zahlen wollt, dann zahlt nicht, mir ist das egal! Ich schicke Euch den Gerichtsvollzieher!«
Entsetzt, entgeistert, würgte Geierkopf seine Wut herunter. Wenn man nicht der Stärkere ist, muß man halt nachgeben; und sein jahrhundertealter Haß gegen diese dunkle und verzwickte Macht, die er über sich spürte, die Behörden, die Gerichte, diese Faulpelze, die Bürger, wie er sagte, wurde noch größer mit der Angst. Langsam zog er seine Geldbörse heraus. Seine dicken Finger zitterten, er hatte viele Sou stücke auf dem Markt eingenommen, und er befühlte jedes Soustück, bevor er es vor sich hinlegte. Dreimal zählte er die Summe vor, alles in Soustücken, was ihm das Herz noch mehr zerriß, weil er einen so großen Haufen davon hergeben mußte. Schließlich sah er mit umflorten Augen zu, wie der Steuereinnehmer die Summe einstrich; da tauchte Vater Fouan auf.
Der Alte hatte den Rücken seines Sohnes nicht erkannt, und er war verdutzt, als dieser sich umdrehte.
»Na, wie geht's, Herr Hardy?« stammelte er. »Ich kam gerade vorbei, und da ist mir der Gedanke gekommen, Ihnen mal guten
Tag zu sagen ... Man sieht sich ja fast gar nicht mehr «
Geierkopf fiel nicht darauf herein. Er grüßte, ging davon, als habe er es eilig; und fünf Minuten später kam er, wie um sich noch nach etwas zu erkundigen, was er vorhin vergessen hatte, gerade in dem Augenblick wieder herein, da der Steuereinnehmer, der die Zinsscheine einlöste, vor dem Alten die Zinsen für ein Vierteljahr, fünfundsiebzig Francs in Hundertsousstücken, ausbreitete. Geierkopfs Augen flammten, aber er vermied es, seinen Vater anzuschauen, tat so, als habe er nicht gesehen, wie der sein Taschentuch über die Geldstücke warf, sie dann gleichsam mit einem Netzwurf fischte und tief in seine Tasche versenkte. Diesmal gingen
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