Die Erde
sie zusammen hinaus, Fouan sehr verdattert und verstohlen scheele Blicke auf seinen Sohn werfend, Geierkopf in guter Laune und wieder von einer jähen Zuneigung erfaßt. Er ließ seinen Vater nicht mehr los, wollte ihn in seinem Wägelchen mit nach Hause nehmen; und er begleitete ihn bis zum »Bon Laboureur«.
Dort saß Jesus Christus mit dem kleinen Sabot aus Brinqueville, einem Weinbauern, einem anderen berühmten Spaßvogel, der ebenfalls Winde sausen ließ, daß sich die Windmühlen drehten. Die beiden, die sich hier getroffen, hatten also soeben um zehn Liter gewettet, wer die meisten Kerzen ausblasen könne. In angeregter Stimmung, von lautem Gelächter geschüttelt, hatten Freunde sie in die große Gaststube hinten begleitet. Man bildete einen Kreis, der eine waltete rechts seines Amtes, der andere links, beide hatten die Hosen runtergelassen, den Hintern aufs Ziel gerichtet, und jeder löschte jedes Mal mit einem Schuß seine Kerze. Sabot hatte jedoch schon zehn ausgeblasen und Jesus Christus erst neun, weil ihm einmal die Puste ausgegangen war. Er zeigte sich sehr verärgert darüber, sein Ruf stand auf dem Spiel. Feste druff! Sollte sich Rognes von Brinqueville schlagen lassen? Und er blies, wie nie ein Schmiedeblasebalg geblasen hatte: neun! zehn! elf! zwölf! Der Trommler von Cloyes, der die Kerze wieder anzündete, wäre beinahe selber weggeweht worden. Mühsam schaffte es Sabot bis zehn, war ausgeleert, plattgedrückt, da ließ Jesus Christus triumphierend noch zwei fahren und schrie dabei dem Trommler zu, er solle sie anzünden, die beiden da, als Schlußeffekt. Der Trommler zündete sie an, sie brannten gelb, mit schöner gelber, goldfarbener Flamme, die aufstieg gleich einer Sonne in ihrem Glorienschein.
»Ach! Himmelsakrament, dieser Jesus Christus! Was der für einen Darm hat! Einen Orden müßte der kriegen!«
Die Freunde grölten, ulkten, daß schier die Kinnbacken Sprünge bekamen. Im Grunde lag darin Bewunderung und Neid, denn man mußte immerhin kernig gebaut sein, um so viele zurückhalten und nach Belieben rausdrücken zu können. Man trank die zehn Liter, das dauerte zwei Stunden, ohne daß von etwas anderem gesprochen wurde.
Geierkopf hatte seinem Bruder, während der sich die Hose wieder hochzog, einen freundschaftlichen Klaps auf den Arsch versetzt; und der Friede schien sich wieder anzubahnen bei diesem Sieg, der der Familie schmeichelte. Wieder jung geworden, erzählte Vater Fouan eine Geschichte aus seiner Kindheit, aus der Zeit, da die Kosaken in der Beauce waren: ja, einem Kosaken, der am Ufer des Aigre mit offenem Munde eingeschlafen war, dem hatte er einen in die Fresse geklebt, der ihm sogar die Haare verkleisterte.
Der Markt ging zu Ende, sehr besoffen machten sich alle davon.
Alsdann geschah es, daß Geierkopf in seinem Wägelchen Fouan und Jesus Christus heimbrachte. Auch Lise, der ihr Mann leise ein paar Worte gesagt hatte, zeigte sich sehr nett. Man fraß sich nicht mehr gegenseitig auf, man war reizend zum Vater.
Aber der Ältere, der wieder nüchtern wurde, stellte Überlegungen an: daß der Jüngere so freundlich war, kam doch nur daher, weil er dem Vater beim Steuereinnehmer hinter die Schliche gekommen war! Ach, nein, Moment mal! Wenn er, dieser Spitzbube, bisher soviel Zartgefühl aufgebracht hatte, den Schatz zu verschonen, so würde er doch todsicher nicht die Dummheit begehen, ihn wieder zu den anderen zurückkehren zu lassen. Er würde das hübsch in Ordnung bringen, fein behutsam, ohne sich zu erbosen, da die Familie jetzt beim Versöhnen war.
Als man in Rognes angelangt war und der Alte aussteigen wollte, stürzten die beiden Prachtkerle herzu, wetteiferten in Ehrerbietung und Zärtlichkeit.
»Vater, stützt Euch auf mich.«
»Vater, gebt mir Eure Hand.«
Sie fingen ihn auf, sie stellten ihn auf die Landstraße.
Und er, er verharrte entsetzt zwischen den beiden, ins Herz getroffen von einer Gewißheit, weil er von nun an keinen Zweifel mehr hegte.
»Was habt ihr denn, ihr beiden, daß ihr mich so schrecklich gern habt?«
Ihre Blicke versetzten ihn in Schrecken. Er hätte lieber gesehen, sie wären wie sonst gewesen, ohne Ehrfurcht. Ach, verfluchtes Schicksal! Nun würde er Scherereien bekommen, da sie von dem Gelde wußten! Er kehrte ins Schloß zurück und war ganz untröstlich.
Kanone, der sich seit zwei Monaten nicht hatte blicken lassen, war gerade da, saß auf einem Stein und wartete auf Jesus Christus. Sobald er ihn erblickte, rief er ihm
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