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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Katers. Da holte der andere aus und versetzte ihm einen so derben Fußtritt an die richtige Stelle, daß der Gerichtsvollzieher vier Schritte weiter auf die Nase fiel. Und er rappelte sich mühsam auf, hastete verstört davon, als er den Schrei hörte:
    »Achtung! Ich schieße!«
    Jesus Christus hatte soeben die Flinte angelegt. Allein er begnügte sich, den Schenkel zu heben, und – bum! – ließ er einen loskrachen, einen von solcher Klangfülle, daß sich Vimeux, vom Knall in Schrecken versetzt, abermals langlegte. Dieses Mal war sein schwarzer Hut zwischen die Kiesel gerollt. Er lief ihm nach, hob ihn auf, rannte schneller. Hinter ihm fielen weiter Schüsse – bum! bum! bum! – ohne Pause, ein richtiges Salvenfeuer unter lautem Gelächter, das ihn vollends um den Verstand brachte. Über den Abhang gehetzt wie ein Grashüpfer, war er bereits hundert Schritt weit weg, als die Echos des kleinen Tals noch widerhallten von Jesus Christus' Kanonade. Die ganze Flur war voll davon, und es erdröhnte ein letzter Schuß, ein noch furchtbarer, als der Gerichtsvollzieher, zur Größe einer Ameise zusammengeschrumpft, dort unten in Rognes verschwand.
    Bangbüx, die bei dem Lärm herbeigeeilt war, lag auf der Erde, hielt sich den Bauch vor Lachen und gackerte wie eine Henne. Vater Fouan hatte seine Pfeife aus dem Mund genommen, um bequemer lachen zu können. Ach! Himmelsakrament, dieser Jesus Christus! Was für ein Tunichtgut! Aber trotzdem ein Spaßvogel!
    In der nächsten Woche mußte sich der Alte allerdings entschließen, seine Unterschrift zum Verkauf des Ackers zu geben. Herr Baillehache hatte einen Käufer, und das Klügste war, seinem Rat zu folgen. Es wurde also beschlossen, daß Vater und Sohn am dritten Sonnabend im September, am Tage vor dem SanktLeobinusFest, einem der beiden Feste der Stadt, nach Cloyes gehen sollten. Der Vater, dessen Zinsen für die Wertpapiere, die er versteckt hielt, schon seit Juli beim Steuereinnehmer fällig waren, wollte diese Reise zum Abholen der Zinsen benutzen und seinem Sohn im Festtrubel entwischen. Man würde auf Schusters Rappen hinreisen und ebenso zurückkehren.
    Als Fouan und Jesus Christus vor dem Stadttor von Cloyes vor der heruntergelassenen Schranke des Bahnübergangs standen und warteten, bis ein Zug vorbeigefahren war, wurden sie von Geierkopf und Lise eingeholt, die in ihrem Wägelchen daherkamen. Sofort brach ein Streit zwischen den beiden Brüdern aus, sie deckten einander mit Beschimpfungen ein, bis die Schranke hochgegangen war; und als Geierkopf drüben auf dem Abhang von seinem Pferd entführt wurde, drehte er sich immer noch um mit seinem vom Winde aufgeblähten Kittel und schrie unglaubliche Gemeinheiten.
    »Ach was, du Faulpelz, ich ernähre deinen Vater«, brüllte Jesus Christus mit aller Kraft und legte seine beiden Hände wie einen Schalltrichter an den Mund.
    In der Rue Grouaise brachte Fouan bei Herrn Baillehache eine verflixt lange Zeit zu, zumal das Notariat voller Leute war, weil alle Welt den Markttag dazu benutzte, und er fast zwei Stunden warten mußte. Das erinnerte ihn an den Sonnabend, an dem er hergekommen war, um die Teilung zu beschließen: todsicher hätte er an jenem Sonnabend besser daran getan, sich aufzuhängen. Als der Notar sie schließlich empfing und unterschrieben werden mußte, suchte der Alte seine Brille, wischte sie ab; aber seine Augen, die voller Tränen standen, machten die Gläser trübe, seine Hand zitterte so sehr, daß man gezwungen war, ihm die Finger auf dem Papier an die richtige Stelle zu führen, damit er seinen Namen dort in einen Tintenklecks hinsetzen konnte. Das hatte ihn eine solche Anstrengung gekostet, daß er davon schwitzte und stumpfsinnig, schloddernd um sich schaute wie nach einer Operation, wenn einem das Bein abgenommen worden ist und man es sucht. Herr Baillehache kanzelte Jesus Christus streng ab; und er verabschiedete sie, indem er gelehrte Betrachtungen über das Gesetz anstellte: die Güterabtretung sei unmoralisch, man würde sicherlich dahin kommen, die Gebühren zu erhöhen, um zu verhindern, daß sich manche zu Nacherben einsetzten.
    Draußen auf der Rue Grande ließ Fouan Jesus Christus an der Tür des »Bon Laboureur« mitten im Trubel des Markts stehen; und Jesus Christus, der heimlich grinste, tat so, als ob er nichts ahnte, obwohl er sehr wohl vermutete, um was für eine Angelegenheit es sich handelte. Der Alte flitzte tatsächlich sofort in die Rue Beaudonnière, in der Herr Hardy, der

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