Die Erde
tüchtig dreingeschlagen und dabei geschworen hatte, daß er das niemals schaffen werde. Sie war jedoch keine Göre mehr, sie war am SanktMartinsTag dreiundzwanzig Jahre geworden, war nun eine richtige Frau mit einem noch roten Mund und mit Augen so groß wie Taler. In ihr war ein so warmes und so weiches Gefühl, daß ihr die Glieder dabei einzuschlafen schienen.
Geierkopf, der sie immer noch zwang, rückwärts zu gehen, sprach schließlich mit leiser und glutvoller Stimme:
»Du weißt genau, daß es zwischen uns nicht aus ist, daß ich dich will, daß ich dich kriegen werde!« Es war ihm geglückt, sie gegen die Miete zu drücken, er packte sie bei den Schultern, schmiß sie um.
Aber verzweifelt sträubte sie sich in diesem Augenblick, weil sie gewohnt war, Widerstand zu leisten.
Er hielt sie fest und wich dabei ihren Fußtritten aus.
»Wo du doch jetzt schwanger bist, verflixter Dummkopf, was riskierst du denn da schon? – Ich werd dir kein zweites Kind dazumachen, das kann ich dir sagen, todsicher nicht.«
Sie brach in Tränen aus, sie bekam gleichsam einen Anfall, sie wehrte sich nicht mehr mit ihren verrenkten Armen, ihren unter nervösen Erschütterungen zuckenden Beinen; und er konnte sie nicht nehmen, er wurde bei jedem neuen Versuch zur Seite geworfen. Ein Zornesausbruch ließ ihn brutal werden, er drehte sich zu seiner Frau um.
»Himmelsakrament, du Faulpelz! Wenn du uns zugucken willst! – Hilf mir doch, halt ihr die Beine fest, wenn du willst, daß das was wird!«
Lise stand kerzengerade und reglos in zehn Meter Entfernung hingepflanzt und durchwühlte mit ihren Augen die Fernen des Horizonts, ließ sie dann auf die beiden anderen zurückschweifen, ohne daß eine Falte ihres Gesichtes sich bewegte. Beim Ruf ihres Mannes gab es für sie kein Zaudern, sie trat herzu, packte das linke Bein ihrer Schwester, spreizte es ab und setzte sich drauf, als wolle sie es zermalmen.
An den Erdboden festgenagelt, gab sich Françoise hin, mit geschlossenen Lidern, die Nerven versagten ihr. Dennoch war sie bei Bewußtsein, und als Geierkopf sie besessen hatte, wurde nun auch sie hinweggerissen in einem Krampf so grellen Glückes, daß sie ihn mit ihren beiden Armen an sich preßte, um ihn schier zu ersticken, und dabei einen langen Schrei ausstieß. Raben strichen vorüber, die davor erschraken. Hinter der Miete kam der bleiche Kopf des alten Fouan, der dort gegen die Kälte Schutz gesucht hatte, zum Vorschein. Er hatte alles gesehen, zweifellos hatte er Angst, denn er verkroch sich wieder ins Stroh.
Geierkopf war aufgestanden, und Lise starrte ihn an. Sie hatte nur eine Sorge gehabt, nämlich die, sich zu vergewissern, daß er die Sache auch ja gut mache; und er war so mit ganzem Herzen dabei, daß er soeben alles vergessen hatte, die Kreuzeszeichen, das rückwärts gesprochene AveMaria. Lise war erschüttert darüber, war außer sich. Zum Vergnügen hatte er das also gemacht?
Aber Françoise ließ ihr nicht die Zeit, mit der Sprache herauszukommen. Einen Augenblick war sie auf der Erde liegengeblieben, gleichsam dem Ungestüm dieser Liebesfreude erliegend, die sie bisher nicht gekannt hatte. Jäh war die Wahrheit zutage getreten: sie liebte Geierkopf, sie hatte niemals einen anderen geliebt, sie würde niemals einen anderen lieben. Diese Entdeckung erfüllte sie mit Scham, brachte sie in Wut gegen sich selbst, weil sich all ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit dagegen empörten. Ein Mann, der ihr nicht gehörte, der Mann dieser Schwester, die sie verabscheute, der einzige Mann, den sie nicht haben konnte, ohne ein Flittchen zu sein! Und sie hatte ihn eben bis zum Schluß gewähren lassen, und sie hatte ihn so sehr an sich gepreßt, daß er wußte, sie war sein. Verstört, aufgelost, sprang sie mit einem Satz auf und spie all ihren Kummer in zusammenhanglosen Worten heraus: »Schweine! Schlampen! – Ja, alle beide, Schlampen, Schweine! – Ihr habt mich zuschanden gemacht. Es sind schon manche geköpft worden, die weniger verbrochen haben ... Ich werde das Jean sagen, Dreckschweine! Der wird mit euch abrechnen.«
Befriedigt, daß er es endlich geschafft hätte, zuckte Geierkopf spöttelnd die Schultern.
»Laß doch! Du wurdest vor Verlangen danach sterben, ich habe deutlich gespürt, wie du gezappelt hast ... Wir machen das wieder mal.«
Dieser Spaß brachte Lise vollends hoch, und all ihr Zorn, der gegen ihren Mann in ihr aufstieg, brach über ihre jüngere Schwester herein.
»Das stimmt, Hure! Ich
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