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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Mensch. Todsicher wurde er verrückt. Delhomme trat aus seiner üblichen Ruhe heraus und erklärte, er werde an den Präfekten schreiben; und die anderen drängten ihn dazu. Aber vor allem Jesus Christus mit seinem Jahre 1789, seiner menschenfreundlichen Losung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, und sein Freund Kanone mit seiner autoritären und wissenschaftlichen sozialen Organisation schienen außer sich zu sein. Sie waren blaß geworden, waren verzweifelt, weil ihnen nicht ein Wort der Erwiderung eingefallen war, und sie entrüsteten sich lauter als die Bauern, schrien, einem Individuum von dieser Sorte müsse man den Kopf abschlagen.
    Angesichts des ganzen Blutes, das dieser Wütende verlangt hatte, dieses Blutstroms, den er mit einer Handbewegung auf die Erde losließ, war Geierkopf aufgestanden, ihm war unheimlich, und sein Kopf bewegte sich in unbewußtem nervösem Schütteln, als stimme er zu. Dann schlich er mit scheelem Blick an der Wand entlang, um zu sehen, ob man ihm nicht nachkomme, und er verschwand nun auch.
    Sofort begannen die Wehrpflichtigen wieder draufloszusaufen. Sie schrien, sie wollten, daß Flore ihnen Wurst brate, da stieß Nénesse sie an und zeigte auf Delphin, der soeben ohnmächtig geworden und mit der Nase auf den Tisch gesunken war. Der arme Kerl war weiß wie Linnen. Sein Taschentuch, das von seiner verletzten Hand gerutscht war, war voller großer roter Flecke.
    Da brüllte man Bécu, der immer noch schlief, ins Ohr; und er wachte endlich auf und schaute auf die verstümmelte Faust seines Jungen. Ohne Zweifel begriff er, denn er packte eine Literflasche, um ihm den Rest zu geben, wie er grölte. Als er dann torkelnd hinausgeführt worden war, hörte man draußen, wie er mitten im Fluchen in Tränen ausbrach.
    An diesem Abend kam Hourdequin, der beim Abendessen von Françoises Unfall erfahren hatte, nach Rognes, um sich aus Freundschaft zu Jean zu erkundigen, wie es denn gehe. Zu Fuß war er von daheim fortgegangen; in der stockfinsteren Nacht seine Pfeife rauchend, inmitten des großen Schweigens seinen Kummer wälzend, ging er, ein wenig ruhiger geworden und von dem Wunsche erfüllt, den Weg recht weit auszudehnen, den Abhang hinunter, bevor er bei seinem ehemaligen Knecht eintrat. Aber Lequeus Stimme unten, die durch das offene Fenster der Schenke in die Finsternis der Flur hinauszuwehen schien, veranlaßte ihn, reglos im Dunkel stehenzubleiben. Als er sich dann entschlossen hatte, wieder hochzugehen, dröhnte sie ihm nach; und noch jetzt vor Jeans Haus hörte er sie dünner und gleichsam schärfer geworden durch die Entfernung, aber immer noch ebenso deutlich, schneidend, wie eine Messerklinge.
    Draußen neben der Tür stand Jean mit dem Rücken an der Mauer. Er konnte nicht mehr an Françoises Bett bleiben, er erstickte, er litt zu sehr.
    »Na, mein armer Junge«, fragte Hourdequin. »Wie geht's bei euch?«
    Der Unglückliche machte eine hoffnungslose Gebärde.
    »Ach, Herr Hourdequin, sie stirbt!«
    Und keiner von beiden sprach weiter darüber, das große Schweigen sank wieder herab, während Lequeus bebende, eigensinnige Stimme immer noch heraufklang.
    Nach ein paar Minuten ließ sich der Hofbesitzer, der wider Willen zuhörte, die zornigen Worte entschlüpfen:
    »He? Hört Ihr ihn brüllen, den da! Wie komisch das wirkt, was er sagt, wenn man traurig ist!«
    All sein Kummer hatte ihn wieder überkommen bei dieser entsetzlichen Stimme, in der Nahe der im Sterben liegenden Frau. Die Erde, die er so sehr geliebt hatte, mit gefühlvoller, fast vergeistigter Leidenschaft, richtete ihn seit den letzten Ernten vollends zugrunde. Sein Vermögen war dabei draufgegangen, bald wurde ihm La Borderie nicht einmal mehr genug zum Essen geben. Nichts hatte dort etwas genutzt, weder die Tatkraft noch die neuen Feldbestellungen, die Düngemittel, die Maschinen. Er erklärte sich sein Unheil durch seinen Kapitalmangel; noch zweifelte er, denn der Ruin war eine Allgemeinerscheinung, die Robiquets waren soeben von La Chamade vertrieben worden, dessen Pachtgebühren sie nicht mehr bezahlen konnten, die Coquarts wurden bald gezwungen sein, ihr Gehöft SaintJust zu verkaufen. Und keine Möglichkeit, den Kerker aufzubrechen, niemals hatte er sich mehr als Gefangener seiner Erde gefühlt, mit jedem Tag hatten ihn das reingesteckte Geld und die aufgewendete Arbeit mit einer immer kürzer werdenden Kette daran festgeschweißt. Die Katastrophe nahte, die der jahrhundertelangen Gegnerschaft

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