Die Erde
sie mit dem Busen fast die Erde berührte und mit den Armen herumfuhrwerkte, ohne einen Blutsturz zu befürchten, obwohl ihr eine Woge Blut den Hals schwellte.
»Ein Glück«, sagte er, »daß Ihr stramm gebaut seid!«
Sie schien darauf stolz zu sein, sie lachte wohlgefällig und zutulich.
Und er lachte auch, bewunderte sie mit überzeugter Miene, fand, daß sie kräftig und unerschrocken war wie ein Bursche. Keinerlei unanständiges Verlangen kam ihm bei diesem in die Luft gereckten Hintergestell, diesen prallen Waden, diesem vierfüßigen, schwitzenden, wie ein läufiges Tier riechenden Weib. Er dachte lediglich, daß man mit solchen Gliedern was schaffte beim Arbeiten! Klar, daß eine Frau von dieser Struktur in der Ehe ihren Mann stand. Ohne Zweifel vollzog sich eine Gedankenverbindung in ihm; und er ließ unwillkürlich eine Neuigkeit vom Stapel, die er eigentlich hatte geheimhalten wollen:
»Vorgestern habe ich Geierkopf gesehen.«
Langsam richtete sich Lise auf. Aber sie hatte nicht die Zeit, ihn auszufragen.
Françoise, die Jeans Stimme erkannt hatte und die mit nackten und von Milch weißen Armen aus ihrer Milchkammer hinten im Stall kam, brauste auf:
»Du hast ihn gesehen ... Ach, das Schwein!«
Das war eine zunehmende Abneigung, sie konnte den Namen ihres Vetters nicht mehr hören, ohne daß ein Aufbegehren ihrer Rechtlichkeit sie aufwühlte, als hätte sie sich für einen persönlichen Schaden zu rächen.
»Sicher ist er ein Schwein«, erklärte Lise gelassen, »aber das führt zu nichts, wenn wir das nun sagen.« Sie hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt, sie fragte ernst: »Also was erzählt Geierkopf?«
»Ach, nichts«, antwortete Jean verlegen und verdrossen, weil seine Zunge zu vorschnell gewesen war. »Wir haben von seinen Angelegenheiten gesprochen, weil sein Vater überall sagt, daß er ihn enterben wird: und er sagt, daß er Zeit hat zu warten, daß der Alte noch fest auf den Beinen ist, daß er sich übrigens nicht darum schert.«
»Weiß er denn, daß Jesus Christus und Fanny trotzdem das Schriftstück unterschrieben haben und daß jeder seinen Teil in Besitz genommen hat?«
»Ja, er weiß es, und er weiß auch, daß Vater Fouan seinem Schwiegersohn Delhomme den Teil verpachtet hat, den er, Geierkopf, nicht haben wollte; er weiß, daß Herr Baillehache dermaßen wütend gewesen ist, daß er geschworen hat, niemals mehr die Lose ziehen zu lassen, bevor nicht die Papiere unterschrieben sind ... Ja, ja, er weiß, daß alles aus ist.«
»Ach, und er sagt nichts?«
»Nein, er sagt nichts.«
Schweigend bückte sich Lise, riß eine Weile lang weiter Unkraut aus und zeigte nur noch die aufgequollene Rundung ihres Hintern; dann wandte sie sich, den Kopf immer noch nach unten haltend, halb um und fügte hinzu:
»Soll ich Euch was sagen, Korporal? Na ja, der Fall ist klar, ich kann ja Jules als Anzahlung behalten.«
Jean, der ihr bis jetzt Hoffnungen gemacht hatte, nickte zustimmend.
»Wahrhaftig! Ich glaube, Ihr habt recht.«
Und er warf einen Blick auf Jules, den er vergessen hatte. Der Knirps, der in sein Steckkissen eingezwängt war, schlief immer noch mit seinem reglosen, von Licht überfluteten Gesichtchen. Das war der Störenfried, dieser Schlingel! Warum hätte er Lise sonst nicht ehelichen sollen, da sie doch frei war? Dieser Einfall kam ihm da auf einmal, als er ihr bei der Arbeit zusah. Vielleicht liebte er sie, vielleicht zog allein das Vergnügen, sie zu sehen, ihn in das Haus. Das überraschte ihn jedoch, weil er sie nicht begehrt hatte, nicht einmal mit ihr gescherzt hatte, wie er beispielsweise mit Françoise scherzte. Und als er gerade den Kopf hob, blickte er auf Françoise, die kerzengerade und wütend in der Sonne stehengeblieben war, mit ihren vor Leidenschaft so funkelnden, so drolligen Augen, daß er dadurch lustig gestimmt wurde, obwohl seine Entdeckung ihn verwirrte.
Aber ein Trompetenschall, ein seltsamer TraratraraRuf ließ sich vernehmen; und von ihren Erbsen ablassend, rief Lise:
»Da ist ja Lambourdieu! – Ich muß eine Kapuze bei ihm bestellen.«
Auf der anderen Seite der Hecke kam auf dem Weg ein untersetztes Männlein zum Vorschein, das auf einer Trompete blies und vor einem großen, langen, von einem Grauschimmel gezogenen Wagen herschritt. Das war Lambourdieu, ein gewichtiger Krämer aus Cloyes, der seinem Handel mit Modeartikeln nach und nach auch Kurzwaren, Wirkwaren, Schuhwaren, ja sogar Eisenwaren angeschlossen hatte, einen ganzen Basar,
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