Die Erde
Gemeinheit, die nicht erzählt wird, seit Ihr hierher kommt ... Letzte Woche habt Ihr den beiden Kopftücher geschenkt – nicht wahr? –, mit denen man sie am Sonntag bei der Messe gesehen hat ... Das ist zu dreckig, sie behaupten, daß Ihr mit beiden schlaft!«
Zitternd, aber entschlossen, stand Jean auf einmal auf und sagte:
»Hört, Mutter, ich werde in Eurem Beisein antworten, das macht mich nicht verlegen ... Ja, ich werd Lise fragen, ob sie will, daß ich sie heirate ... Hört Ihr, Lise, ich frage Euch, und wenn Ihr ja sagt, macht Ihr mich sehr glücklich.«
Lise leerte gerade ihren Topf in das Waschfaß. Aber sie beeilte sich nicht, goß das Wasser sorgfältig über die Wäsche; ihre Arme waren nackt und vom Dampf feucht, und nachdenklich geworden, schaute sie ihm dann ins Gesicht.
»Das ist also ernst?«
»Sehr ernst.«
Sie schien nicht überrascht zu sein. Das war etwas Natürliches. Aber sie sagte weder ja noch nein, sie hatte sicher einen Gedanken, der sie quälte.
»Dürft nicht nein sagen wegen der Cognette«, fing er wieder an, »weil die Cognette ...«
Sie unterbrach ihn mit einer Handbewegung, sie wußte genau, daß das nichts weiter auf sich hatte, dieser Spaß auf dem Gehöft.
»Außerdem habe ich schlechterdings nur meine Haut, die ich Euch mit einbringe, während Ihr dieses Haus und Land besitzt.«
Abermals machte sie eine Handbewegung, um zu bedeuten, sie denke in ihrer Lage, mit einem Kind, ebenso wie er, daß sich nämlich die Dinge ausglichen.
»Nein, nein, all das ist es ja gar nicht«, erklärte sie schließlich. »Bloß da ist noch Geierkopf ...«
»Wo er doch nicht will.«
»Klar, und die Freundschaft besteht nicht mehr, denn er hat sich zu schlecht benommen ... Aber trotzdem muß man Geierkopf um seine Ansicht fragen.«
Jean überlegte eine reichliche Minute. Dann sagte er besonnen:
»Wie Ihr wollt ... Das gehört sich wegen des Kindes.«
Und die Frimat, die ebenfalls nachdenklich geworden war, entleerte den Eimer mit dem abgetropften Wasser in den Kessel, glaubte diesen Schritt gutheißen zu müssen und zeigte gleichzeitig, daß sie Jean gewogen war, ein anständiger Bursche, nicht starrköpfig, nicht roh. Da hörte man draußen, wie Françoise mit den beiden Kühen heimkam.
»Hör mal, Lise«, rief sie, »komm mal sehen ... Die Coliche hat sich den Fuß zuschanden gemacht.«
Alle gingen hinaus, und beim Anblick des hinkenden Tieres, dessen linker Vorderfuß zerschunden und blutig war, bekam Lise einen jähen Zornanfall, einen jener mürrischen Ausbrüche, mit denen sie ihre Schwester schon angerempelt hatte, wenn diese, als sie noch klein war, sich etwas hatte zuschulden kommen lassen.
»Wieder eine deiner Liederlichkeiten, was? – Du wirst im Gras eingeschlafen sein wie neulich.«
»Aber nein, ich versichere dir ... Ich weiß nicht, was sie hat anstellen können. Ich hatte sie an den Pflock gebunden, sie wird sich mit dem Fuß im Strick verfangen haben.«
»Schweig doch, Lügnerin! – Du wirst mir noch eines Tages meine Kuh umbringen!«
Françoises schwarze Augen flammten auf. Sie war sehr blaß, empört stammelte sie:
»Deine Kuh, deine Kuh ... Du könntest ruhig sagen unsere Kuh.«
»Wieso unsere Kuh? Du und eine Kuh, du Göre!«
»Ja, die Hälfte von allem, was hier ist, gehört mir, ich habe das Recht, die Hälfte davon zu nehmen und zuschanden zu richten, wenn mir das Spaß macht!«
Und Gesicht dicht an Gesicht, musterten sich die beiden Schwestern, drohend, feindlich. In ihrer langen zärtlichen Zuneigung war das der erste schmerzliche Streit, der unter dem Peitschenhieb des Mein und Dein ausbrach und bei dem die Ältere gereizt war über das Aufbegehren der Jüngeren und die Jüngere eigensinnig und heftig wurde angesichts der Ungerechtigkeit. Die Ältere gab nach und ging in die Küche zurück, um die Kleine nicht zu ohrfeigen. Und als diese, nachdem sie ihre Kühe in den Stall gebracht hatte, wieder erschien und zum Brotkasten ging, um sich eine Scheibe Brot abzuschneiden, entstand ein Schweigen.
Lise hatte sich jedoch beruhigt. Der Anblick ihrer Schwester, die trotzig und bockig war, ging ihr auf die Nerven. Sie sprach sie als erste an, sie wollte dem Ganzen durch eine unverhoffte Neuigkeit ein Ende machen.
»Du weißt noch nicht? Jean will, daß ich ihn heirate, er fragt mich.«
Françoise, die vor dem Fenster stand und aß, blieb gleichgültig, drehte sich nicht einmal um.
»Was schert mich das?«
»Das schert dich, daß du ihn als
Weitere Kostenlose Bücher