Die Erde
den er im Umkreis von fünf oder sechs Meilen von Dorf zu Dorf umherfuhr. Die Bauern kauften schließlich bei ihm alles, von ihren Kasserollen bis zu ihren Hochzeitskleidern. Sein Wagen ließ sich aufmachen und herunterklappen und entfaltete Reihen von Schubfächern, eine richtige Geschäftsauslage.
Als Lambourdieu die Bestellung für die Kapuze entgegengenommen hatte, fügte er hinzu:
»Und inzwischen wollen Sie keine schönen Kopftücher?« Er zog einen Karton heraus, er ließ grellrote Kopftücher mit goldenen Palmen im Sonnenschein aufflimmern. »Na? Drei Francs, das ist geschenkt! – Hundert Sous, beide zusammen!«
Lise und Françoise, die sie über die Weißdornhecke hinweg, auf der Jules' Windeln trockneten, in die Hand genommen hatten, befühlten sie, hätten sie schrecklich gern gehabt. Aber sie waren beide vernünftig, sie brauchten sie nicht. Wozu Geld ausgeben? Und sie reichten sie zurück.
Da faßte Jean urplötzlich den Entschluß, Lise trotz des Kleinen zu heiraten. Und um die Dinge übers Knie zu brechen, rief er ihr zu:
»Nein, nein, behaltet es, ich schenk es Euch! – Ach, Ihr würdet mich kränken, es geschieht aus guter Freundschaft, ist doch klar!« Er hatte nichts zu Françoise gesagt, und da diese immer noch dem Händler das Kopftuch hinhielt, fiel sein Blick auf sie, es gab ihm einen Stich ins Herz, weil er zu sehen meinte, wie sie blaß wurde und ihr Mund sich schmerzlich verzog. »Du doch auch, dummes Ding, behalt es ... Ich will's so, du sollst nicht wieder deinen Dickschädel aufsetzen!«
Die beiden Schwestern, denen er so zusetzte, sträubten sich und lachten.
Schon hatte Lambourdieu über die Hecke hinweg die Hand ausgestreckt, um die hundert Sous einzustecken. Und er brach wieder auf, das Pferd hinter ihm fuhr los mit dem langen Wagen, die heisere Fanfare der Trompete verhallte an der Wegbiegung.
Sofort kam Jean der Einfall, seine Angelegenheiten bei Lise voranzutreiben und um ihre Hand anzuhalten. Ein Zwischenfall hinderte ihn daran. Der Pferdestall war wahrscheinlich schlecht geschlossen gewesen, plötzlich erblickte man mitten im Gemüsegarten den Esel Gideon, der munter ein Mohrrübenbeet abgraste. Dieser Esel, ein dicker kräftiger, fuchsroter Esel mit einem großen grauen Kreuz auf dem Rückgrat, war ein spaßiger Kerl und steckte voller Schelmerei; er drückte die Klinken sehr geschickt mit seinem Maul runter, er kam in die Küche Brot holen; und wenn man ihm seine Laster vorwarf, spürte man an der Art, wie er seine Ohren bewegte, daß er verstand. Sobald er sich entdeckt sah, setzte er eine gleichgültige und biedere Miene auf. Als Françoise ihm laut drohte und ihn verscheuchte, nahm er Reißaus; aber anstatt in den Hof zurückzukehren, trabte er über die Wege bis hinten in den Garten. Da, gab es dann eine regelrechte Verfolgung; und als Françoise ihn schließlich erwischt hatte, duckte er sich zusammen, zog Hals und Beine ein, damit er schwerer war und nicht so schnell vorankam. Nichts half dagegen, weder Fußtritte noch Schmeicheleien. Jean mußte mit anpacken, ihn von hinten mit seinen Männerarmen schubsen; denn seit Gédéon den beiden Frauen unterstand, hegte er vollste Verachtung für sie. Jules war bei dem Lärm aufgewacht und brüllte. Die Gelegenheit war verpaßt, Jean mußte an diesem Tage fortgehen, ohne daß er gesprochen hatte.
Acht Tage verstrichen, eine große Schüchternheit hatte Jean befallen, der sich nun nicht mehr traute. Nicht daß ihm die Sache schlecht vorkam: beim Nachdenken waren ihm im Gegenteil die damit verbundenen Vorteile besser zu Bewußtsein gekommen. Beide, sowohl Lise als auch Jean, hätten nur dabei gewinnen können. Er besaß nichts, und sie hatte die mißliche Geschichte mit ihrem Knirps: das glich sich aus. Und er stellte keinerlei unsaubere Berechnung dabei an, er machte sich sowohl um ihr als auch um sein Glück Gedanken. Außerdem schaffte ihm die Heirat, indem sie ihn zwang, vom Gehöft wegzuziehen, Jacqueline vom Halse, zu der er wieder ging, weil er der Versuchung nicht widerstehen konnte. Er war also fest entschlossen, und er wartete nur auf eine Gelegenheit, um Lises Hand anzuhalten; er legte sich die Worte zurecht, die er sagen wollte, denn er war trotz der Jahre beim Kommiß bei Frauen ein Hasenfuß geblieben.
Entschlossen zu sprechen, machte er sich schließlich eines Tages gegen vier Uhr heimlich aus dem Gehöft davon. Um diese Zeit führte Françoise ihre Kühe auf die Abendweide; und er hatte sich diese Zeit
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