Die Erde
sie sich zu Jean umdrehte, fügte Geierkopf hinzu:
»Jean kann auch bleiben, das wäre mir ein Vergnügen.«
Rose und Fanny tauschten einen kurzen Blick. Sicher führte der Bursche etwas im Schilde. Sein Gesicht verriet immer noch nichts. Einerlei, man durfte dabei nicht stören.
»Ja, ja«, sagte Fanny, »bleibt nur ... Ich mache mich mit Mutter aus dem Staube. Man wartet auf uns.«
Françoise, die die Kuh nicht losgelassen hatte, erklärte trocken:
»Ich mach mich auch davon.« Und sie bestand darauf. Sie machte ein Theater im Hof des Wirtshauses, sie wollte das Tier sofort mitnehmen. Man mußte nachgeben, so kratzbürstig wurde sie.
Sobald angespannt war, wurde die Kuh hinten an den Wagen gebunden, und die drei Frauen stiegen auf.
Erst in dieser Minute faßte sich Rose, die auf eine Erklärung ihres Sohnes wartete, ein Herz und fragte ihn:
»Du läßt deinem Vater nichts ausrichten?«
»Nein, nichts«, antwortete Geierkopf.
Sie sah ihm in die Augen. Sie ließ nicht locker:
»Es gibt also nichts Neues?«
»Falls es was Neues gibt, so werdet Ihr es schon zur rechten Zeit erfahren.«
Fanny hieb auf ihr Pferd ein, das im Schritt losging, während sich die Kuh hinten ziehen ließ und den Hals lang machte.
Und Lise blieb allein zwischen Geierkopf und Jean.
Gegen sechs Uhr setzten sich alle drei in einem Raum des Wirtshauses, der zum Café hin offen war, an einen Tisch. Ohne daß man erfuhr, ob Geierkopf spendierte, war er in die Küche gegangen, um ein Omelett und ein Kaninchen zu bestellen. Während dieser Zeit hatte Lise Jean gedrängt, sich mit Geierkopf auszusprechen, um der ganzen Geschichte ein Ende zu machen und sich einen Gang zu ersparen. Aber man aß das Omelett auf, man war beim Kaninchenfrikassee angelangt, und Jean, der verlegen war, hatte noch nichts unternommen. Der andere übrigens auch nicht, der schien kaum an das alles zu denken. Er aß tüchtig, lachte breit, versetzte seiner Kusine und dem Kumpel in aller Freundschaft unter dem Tisch Stöße mit dem Knie. Dann sprach man ernsthafter: es war von Rognes die Rede, von dem neuen Weg; und wenn auch nicht ein Wort laut wurde über die Entschädigung von fünfhundert Francs, über den Wertzuwachs der Grundstücke, so wog das doch von da an im geheimen bei allem mit, was sie sagten. Geierkopf machte wieder Spaße, trank ihnen zu, während in seinen grauen Augen sichtbar der Gedanke an das gute Geschäft vorüberglitt, an dieses vorteilhaft gewordene dritte Los, an diese Verflossene, die zu heiraten war und deren Feld, das neben seinem lag, fast seinen Wert verdoppelt hatte.
»Himmelsakrament!« schrie er. »Trinken wir denn keinen Kaffee?«
»Drei Kaffee!« bestellte Jean.
Und eine Stunde verstrich beim Nippeln, beim Leeren der Schnapskaraffe, ohne daß Geierkopf mit der Sprache herausrückte. Er machte Vorstöße, zog sich zurück, schleppte das Ganze hin, als habe er noch um die Kuh zu feilschen. Im Grunde war bereits alles abgemacht, aber man mußte trotzdem die Augen aufbehalten. Jäh drehte er sich zu Lise um und fragte sie:
»Warum hast du das Kind nicht mitgebracht?«
Sie fing an zu lachen, begriff, daß es diesmal soweit war; und sie versetzte ihm einen Klaps, glücklich und nachsichtig, begnügte sie sich zu antworten:
»Ach, dieser Schlingel, der Geierkopf!«
Das war alles. Auch er lachte. Die Heirat war beschlossen.
Jean, der bis dahin unschlüssig dagesessen hatte, wurde mit ihnen lustig und sah erleichtert aus. Aber er sprach schließlich die Dinge aus.
»Du weißt, daß du gut tust, darauf zurückzukommen, ich hätte bald deinen Platz eingenommen.«
»Ja, man hat mir das erzählt ... Oh! Ich war unbesorgt, ihr hättet mir doch wohl vorher Bescheid gesagt!«
»Na klar ... Zumal das mit dir schon besser ist wegen des Bengels. Das haben wir immer gesagt, nicht wahr, Lise?«
»Immer, das ist die volle Wahrheit!«
Tränen der Rührung überströmten allen dreien das Gesicht; ein Gefühl der Brüderlichkeit überkam sie, vor allem Jean, der nicht eifersüchtig war und sich wunderte, daß er zu dieser Heirat drängte; und er ließ Bier bringen, weil Geierkopf geschrien hatte, Himmelsakrament, man werde schon noch was trinken. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, und Lise zwischen ihnen, so redeten sie nun von den letzten Regenfällen, die das Getreide umgelegt hatten.
Aber nebenan in der Gaststube des Cafés hatte sich Jesus Christus mit einem alten Bauern, der ebenso besoffen war wie er, an einem Tisch niedergelassen
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