Die Erfinder des guten Geschmacks
damals also ein Gericht der Saison aus frischen, besten Zutaten.
Alexandre Dumas war ebenfalls nicht nur Autor der Drei Musketiere und des Grafen von Monte Christo , sondern auch ein Feinschmecker und Lebemann. Zwei Jahre lang organisierte er in einem Schlösschen in Le Port-Marly bei Paris rauschende Feste. Zur Anlage gehörten ein englischer Garten und eine Menagerie – den Affen Beauvoir, Hauptattraktion des kleinen Zoos, hatte Dumas nach dem Liebhaber seiner Frau benannt – sowie ein Château d’If genannter gotischer Pavillon, der dem Dichter als persönlicher Elfenbeinturm diente. In etliche Steine des Turms sind Namen seiner Romane graviert.
Dumas’ letztes Werk war Le grand dictionnaire de cuisine : Im März 1870 gab er es beim Verleger Lemerre ab. Im Dezember desselben Jahres segnete er das Zeitliche, ohne je sein fertiges »großes Wörterbuch der Kochkunst« gesehen zu haben. Erst drei Jahre nach seinem Tod erschien das Werk, stark überarbeitet. Seitdem kursieren verschiedene Versionen.
Dumas war ein unermüdlicher Prediger für die Qualität der Zutaten. Zur Seezunge schrieb er, die beste sei leinengrau, »man findet sie in den Wassern um Dieppe; die Seezungen, die in Calais oder Roscoff gefischt werden, sind dieser stark unterlegen«.
Wer nie Froschschenkel verzehren wollte, sollte sich noch heute nach Dumas’ Ratschlägen richten: »Es gibt viele Arten von Fröschen unterschiedlicher Größe, Farbe und Stellen, die sie bewohnen […] Nur Wasserfrösche sind gut zu essen, sie müssen im klaren Wasser gelebt haben und wohlgenährt sein, fett, fleischig, grün und mit einem Körper, der von kleinen schwarzen Punkten gezeichnet ist. Viele Ärzte des Mittelalters waren gegen denVerzehr dieses Fleisches, was dennoch weiß und delikat ist, eine Art flüssigen Gallert enthält und weniger nahrhaft als andere Fleischsorten ist […] Im 16. Jahrhundert wurden jedoch die Frösche am besten Tische serviert […] ein Auvergnat, namens Simon, machte ein beträchtliches Vermögen mit Fröschen, die man ihm aus seiner Heimat schickte, die er mästete und dann in die ersten Häuser in Paris verkaufte, wo das Essen sehr in Mode war.
In Italien und Deutschland ist ein großer Verbrauch dieser Amphibien zu verzeichnen […] und die Engländer, die sich davor ekeln und deshalb wahrscheinlich vor sechzig Jahren Karikaturen von Frösche verzehrenden Franzosen machten, sollten diese Passage der Geschichte der Insel Santo Domingo von einem Engländer namens Atwood lesen: ›Es gibt‹, sagte er, ›auf Martinique viele Kröten, die wir essen, die Engländer und die Franzosen ziehen sie den Hühnern vor‹ […]«
Von Dumas wissen wir, dass Froschschenkelsuppen gern von Damen verzehrt wurden, um den Teint frisch zu halten. Er empfahl eine Zubereitung wie ein Hühnerfrikassee.
Genauso wichtig wie die Delikatesse war ihm der vermeintlich simple Hering, weshalb für ihn »der Heringsfang der wichtigste von allen« war und 800 000 Menschen Arbeit gäbe. Zudem seien »Salzheringe […] von großer Nützlichkeit für die Arbeiter und die Armen« und die Engländer würden während der Karwoche raue Mengen davon nach Italien verkaufen. Frischer Hering in Senfsauce oder mit Fenchel, Hering als Matrosentopf mit Pilzen und Knoblauch sowie diverse saure Heringe zählten zu seinen Empfehlungen.
Fast schon sprichwörtlich ist Dumas’ Kommentar zum Thema Kabeljau. Den heutigen Luxusfisch gab es seinerzeit im Überfluss. »Man hat ausgerechnet, dass es nur drei Jahrebräuchte, damit das Meer gefüllt wäre und man den Atlantik trockenen Fußes auf dem Rücken der Dorsche überqueren könnte, falls kein Unfall das Schlüpfen der Eier verhinderte und wenn jeder Kabeljau zu seiner Größe heranreifte.« Als Seltenheit in französischen Kochbüchern bot Dumas »Kabeljau nach Art von Hamburg« mit sechs Dutzend Austern und einer Béchamel, zu der auch das Austernwasser gehörte, paniert und mit einer buttrigen Hummersauce serviert.
Der Autor der Drei Musketiere verrät außerdem das Rezept für Elefantenfuß – mit Bayonner Schinken, Zwiebeln, Knoblauch, einer halben Flasche Madeira, Portwein, Piment und »indischen Kräutern und Gewürzen«.
Als er das entsprechende Kapitel über das »monströse Tier« verfasste, konnte er nicht wissen, dass es wenig später tatsächlich in Paris serviert wurde, freilich ohne viel schmückendes Beiwerk.
Rattenküche
Während des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/1871 wurde Paris
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