Die Erfinder Des Todes
sofort die Nummer an, die Charlie ihr gegeben hatte.
Das Signal des amerikanischen Telefonsystems, nur ein Klingel-ton, erklang. Einmal, zweimal, dreimal. Dann ein Klicken und ein Anrufbeantworter. »Hi. Sie haben Lee und Dorothys Nummer erreicht. Aber Sie haben uns verpasst. Wir sind bis Montag früh verreist. Hinterlassen Sie eine Nachricht, und wir werden uns melden, wenn wir zurück sind.«
Fiona traute ihren Ohren kaum. Langsam bekam sie das Gefühl, die Welt habe sich zu einem mächtigen Komplott gegen sie und Kit verschworen. Sie war so überzeugt gewesen, dass Lee Gustafson die Antwort war.
Frustriert rief sie ihr E-Mail-Programm auf und klammerte sich an die letzte, schwache Hoffnung, dass Galloway Recht haben könnte und Kit eine E-Mail geschickt hatte, die irgendwie im Cyberspace aufgehalten wurde. Aber natürlich war nichts da.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus und weil sie Kits Laptop benutzte, der für sein E-Mail-Konto eingerichtet war, sah sie in seine empfangene Post. Vielleicht hatte er ihre E-Mail aus Versehen an seine eigene Box geschickt. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, wie das passieren konnte, aber sie war bereit, sich an jeden Strohhalm zu klammern, wie dünn er auch sein mochte.
Es gab ein Dutzend Nachrichten für ihn. Die meisten schienen von seinen Kollegen, also von Krimiautoren, zu kommen und vorwiegend mit Georgia zu tun zu haben. Es war nichts da, das möglicherweise von Kit selbst hätte kommen können. Noch besorgniserregender war, dass er nach den Zeitangaben im Briefkasten seit dem frühen Nachmittag keine Post mehr abgerufen hatte. Und das war ebenso untypisch für ihn wie die Tatsache, dass er keinen Kontakt mit Fiona aufgenommen hatte.
Statt Trost hatte sie also nur noch mehr Gründe gefunden, sich aufzuregen.
Sie unterbrach die Verbindung und starrte weiter auf den Bildschirm. Plötzlich regte sich vage etwas am Rande ihres Bewusst-seins. Unmittelbar bevor Lee die Hütte besucht hatte, waren sie und Kit im Urlaub in Spanien gewesen. Kit hatte wie immer seinen Laptop mitgenommen. Er konnte den Kontakt über E-Mail genauso wenig aufgeben wie das Atmen. Und während sie weg gewesen waren, hatten er und Lee Informationen über die Hütte ausgetauscht.
Eilig öffnete sie die Liste von Kits E-Mails, die er geschickt und empfangen hatte. Sie klickte auf »gesendete Objekte«: 2 539
Nachrichten, nach Datum angeordnet. Das Programm gab ihr die Möglichkeit, die Nachrichten in alphabetischer Reihenfolge der Empfänger zu ordnen, und sie wählte diese Option. Sie musste warten, bis der Computer diese Aufgabe erledigt hatte, und trommelte dabei mit den Fingern auf den Tisch. Dann ließ sie die Adressen bis zu Lee Gustafsons Namen durchlaufen und begann die E-Mails an ihn chronologisch durchzusehen. Sie wusste, welchen Monat sie suchte, und fand ihn bald. Kit hatte in dem Monat neun Nachrichten an Lee geschickt. Sie fing ganz vorne an und arbeitete sich nach und nach durch.
Und da war es.
»Nimm die A 839 aus Lairg hinaus. Ungefähr eine Meile au-
ßerhalb des Ortes siehst du einen Weg auf der rechten Seite, der als >Sallachy< beschildert ist. Fahr auf dem Weg weiter (es ist ziemlich holprig, du wirst verstehen, warum ich dir meinen Landrover leihe), ungefähr fünfeinhalb Meilen. Du musst eine Schlucht, den Allt a'Claon, überqueren. Weiter vorn ist eine Gabelung, wo du links abbiegen musst. Etwa eine halbe Meile weiter ist noch einmal eine Linkskurve. Der Weg führt dich auf einer Hängebrücke über die Schlucht zurück. Sie ist viel stärker, als sie aussieht, aber fahr lieber nicht schneller als fünf Meilen.
Du fährst über den Fluss zwischen den Bäumen hindurch. Die Hütte ist ungefähr eine Meile entfernt. Ich würde sagen, man kann sie nicht verfehlen, aber dann würdest du mich wahrscheinlich erschießen.«
Erleichterung überkam Fiona. Sie wusste, wohin der Killer Kit brachte. Und jetzt wusste sie auch, wie man dahinkam. Zum Teufel mit Duvall und ihrer beschränkten Gewissheit. Und auch Sandy Galloway mit seinen beruhigenden Sprüchen. Und Steve, der nicht da war, wenn sie ihn wirklich brauchte. Sie würde Kit mit oder ohne ihre Hilfe finden.
Kapitel 50
Edinburgh kann von sich behaupten, während des Festivals eine Stadt zu sein, die rund um die Uhr wach ist. Aber Fiona fand bald heraus, dass man einen Wagen lediglich von acht bis acht mieten konnte. Sogar am Flughafen, der vierundzwanzig Stunden offen war, schlossen die Autovermietungen, wenn keine
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