Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
Eine ganzseitige Werbung für ätzende Gesundheitstreter aus Bad Wörishofen!
« Mit klammen Fingern blättere ich Seite für Seite zurück. »Das Rätsel mit der Überschrift: Wie gut kennen Sie Elmar Wepper?« Patsch, nächste Seite. »›Wie stehen Ihre Sterne?‹ von Cornelia Längsfeld!«
    »Wie stehen Sie denn?«, wagt Siegfried schüchtern einzuwerfen.
    Ich starre ihn an. Dann beuge ich mich über meine Spalte: »Skorpion. Privat können Sie auf einen Freund bauen. Karrieremäßig läuft es im Moment nicht so gut. Versäumen Sie nicht ein klärendes Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten.«
    »Na sehen Sie«, lächelt Siegfried. »Dann rufen Sie doch einfach dort an!«
    Als wenn das so einfach wäre! Was, wenn ich erfahre, dass meine Kolumne … gestorben ist?
    Nein. Daran wage ich nicht einmal zu denken. Hastig nehme ich einen großen Schluck Bier.
    Ich meine, ich lebe von dieser Kolumne. Ich zahle davon meine Miete, die Versicherung, diese verdammten Supermarkteinkäufe, die Klamotten von Alex und Greta, das Schulgeld - einfach alles!
    In mir steigt Panik auf. »Das ist doch wohl hoffentlich nur ein Versehen?«, piepse ich mit brüchiger Stimme.
    So ein Mist! Jetzt wollte ich diesem Siegfried einmal imponieren, und da sitze ich schon wieder wie ein hilfloses Schulmädchen vor ihm?
    »Vielleicht hat der Chefredakteur gewechselt?«, mutmaßt Siegfried, der immer noch diesen winzigen Bierschaumschnurrbart auf der Oberlippe hat.
    »Ach Blödsinn, das hätte ich doch erfahren.«
    Zitternd habe ich schon die erste Seite aufgeblättert. »Auf ein Wort« steht da, wie immer das Vorwort des Chefredakteurs. Der heißt Robert Schumann und ist ein ganz Lieber.
Der hat mir die Kolumne auch vor über zehn Jahren anvertraut. In einem sehr netten, ausführlichen und freundschaftlichen Gespräch. »Frau Rheinfall«, hat er gesagt, »Sie haben einen witzigen und mitreißenden Schreibstil, und Ihre Erlebnisse mit den Kindern sind glaubhaft geschildert. Das ist genau das, was die moderne Hausfrau und Mutter lesen will. Sie stehen dazu, dass es bei Ihnen chaotisch zugeht, Sie kommen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daher, sondern schildern ungeschönt, wie das Leben mit Kindern heutzutage so aussieht. Besonders als alleinerziehende Mutter. Sie kämpfen täglich an der Familienfront, aber Sie verlieren nie Ihren Humor. Das gefällt mir. Sie schreiben mir bis auf Weiteres jede Woche einen Zweiseiter, und wir zahlen Ihnen dafür regelmäßig …«
    Angst schnürt mir die Kehle zu, als ich das Foto unter dem Grußwort des Chefredakteurs sehe. Statt in das joviale, bärtige Gesicht von Robert Schumann, dem onkelhaften väterlichen Freund und Förderer, dem ich meine finanzielle Sicherheit und mein gesamtes Selbstbewusstsein verdanke, blicke ich in die kalten Augen einer wasserstoffblonden Frau. Carmen Schneider-Basedow. Nie gehört. Wer ist das? Ich schlucke.
    »Carmen Schneider-Basedow«, liest Siegfried laut, der Stielaugen macht. »Die neue Chefredakteurin.«
    Aus seinem Mund hört sich das gar nicht gut an. Fast wie ein Todesurteil. Er schaut mich halb fragend, halb mitleidig an.
    »Vielleicht hat sie Ihre Kolumne einfach gestrichen.«
    Oh nein. Das ist jetzt nicht wahr, oder? Lieber Gott, mach, dass ich das nur träume. Ich kralle mich an der Tischplatte fest und fühle, wie mein Herz zu rasen beginnt. Es fällt mir fast aus dem Mund, so laut poltert es. Ich glaube, mir wird schlecht.

5
    Oh mein Gott. Wie soll es jetzt weitergehen? Meine Kolumne ist weg! Ohne Vorwarnung! Ohne einen Brief, ohne eine Mail oder, was doch das Mindeste an Anstand gewesen wäre, einen Anruf!
    »Guten Morgen, ich bin die neue Chefredakteurin, mein Name ist Schneider-Basedow. Liebe Frau Rheinfall, leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich das Blatt umzugestalten gedenke, und da hat Ihre Kolumne keinen Platz mehr. Aber ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg viel Glück.«
    Wenigstens das hätte in einer zivilisierten Welt möglich sein müssen! Mehrmals habe ich mit zitternden Fingern nach dem Telefon gegriffen und die Nummer der Chefredaktion gewählt. Doch immer wurde ich von irgendwelchen neuen Mitarbeitern des Blattes abgewimmelt.
    »Die Chefredakteurin ist in einer Besprechung.«
    »Sie ruft Sie zurück.«
    »Die Chefredakteurin ist die ganze Woche in New York.«
    »Sie hat keine Zeit, sie meldet sich bei passender Gelegenheit.«
    »Ihre Kolumne ist für einige Zeit auf Eis gelegt. Wir melden uns, wenn wir wieder einen Beitrag

Weitere Kostenlose Bücher