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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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eine Schneekönigin. Plötzlich fallen mir Tom-Konrad-Schlager ein, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie jemals gehört habe!
    »Ja, das ist es!« Irgendwann zieht Werner Gern einen schweren Markenkugelschreiber aus seinem Innentaschenfutter und beginnt, Personen und Handlungsstränge auf eine Serviette zu kritzeln. Ich muss mich mehrmals bremsen, ihm den Kugelschreiber nicht aus der Hand zu reißen, weil mir schon wieder etwas Besseres eingefallen ist.
    Wir bauen noch einen witzigen alten Hausmeister ein, der unbedingt singen muss »Ich bin Schreiner von Beruf«, und überlegen, ob wir es wagen können, ein lebendiges Pferd einzuplanen, für den Mega-Hit »Alles Glück dieser Erde ist auf dem Rücken der Pferde « .
    »Im zweiten Akt könnte dann die ganze Klasse nach Capri fahren«, schlage ich vor.
    Werner Gern zeigt mit seinem Buttermesser auf mich: »›Capri und vino italiano‹.«
    »Genau.« Dieser Mann verfügt über eine erstaunlich rasche Auffassungsgabe. Der vino italiano macht uns dann richtig Kopfzerbrechen. Es soll ja ein Kindermusical werden!
Wir diskutieren, ob wir Kinder über Alkohol singen lassen sollen oder ob wir den vino italiano nicht lieber für den Scheidungsanwalt reservieren, der mit seiner Mandantin am Ende in der Kneipe was trinken geht. »Sie sollten auch etwas essen. Dann kriegen wir vielleicht auch noch den zweiten Mega-Hit, ›Gute Butter für die Mutter‹, unter«, schlage ich vor, während der Hauptgang serviert wird.
    »Das war ein Nachkriegssong«, erklärt mir Werner Gern, »da sprach man noch von ›guter Butter‹.«
    Ich kneife die Augen zusammen und überlege, ob Werner Gern noch aus der Nachkriegsgeneration ist. Nein. Er sieht jünger aus.
    Wir plaudern und palavern, wir gestikulieren und lachen, wir kritzeln die Serviette voll, und als wir beim Nachtisch angekommen sind, haben wir Tom Konrads vierundzwanzig größte Hits in unserer Handlung untergebracht. Sogar »Hauptsache fair«.
    Die Ideen purzeln mir nur so aus dem Mund, ohne dass ich es verhindern kann.
    Werner Gern schaut mich über seiner Erdbeermousse im Rhabarberbett versonnen an:
    »Jetzt hat Sebastian Richter fast nichts mehr zu tun. Sie haben ihm die größte Arbeit ja bereits abgenommen.«
    Mein seliges Lächeln erstirbt. »Von wegen!«, beeile ich mich zu sagen und setze wieder einen ganz geschäftsmäßigen Blick auf. »Das hier ist nur ein grober Entwurf, den ich Sebastian Richter bei passender Gelegenheit unterbreiten werde.« Ich koste von der köstlichen Mousse und lasse sie mir genüsslich auf der Zunge zergehen.
    »Verstehe«, sagt Werner Gern und macht ein nachdenkliches Gesicht. Warum sieht der mich bloß so an? Ich verändere meine Sitzposition, und da stößt mein Fuß unter dem
Tisch aus Versehen an seinen. Oder war es das Tischbein? Nein, denn dann würde es nicht zurückzucken. Oder bin ich zurückgezuckt? Wieso zucken jetzt seine Mundwinkel? Ich tue so, als wäre mir die Serviette heruntergefallen, und tauche kurz ab.
    Ganz klar. Es war sein Fuß. Jetzt parkt er wieder artig neben seinem Stuhlbein.
    Hat er … Weiß er … Will er mir signalisieren, dass er …? Ich darf nicht die Contenance verlieren.
    »Die Dialoge, die ganzen szenischen Feinheiten, die Pointen - das muss noch alles auf den Punkt gebracht werden!«, sage ich, während ich wieder auftauche.
    »Und das kann eben nur Sebastian Richter.« Täusche ich mich, oder beißt sich Werner Gern auf die Unterlippe?
    Ich tupfe mir mit der Serviette die Mundwinkel ab und lege sie dann artig wieder auf meinen Schoß. »Und das kann eben nur Sebastian Richter«, wiederhole ich. »Und ich bin nur hier, um seine Interessen zu vertreten.«
    Unsere Blicke treffen sich.
    »Natürlich«, sagt Werner Gern.

16
    Kaum zu Hause angekommen, stürze ich mich mit Feuereifer auf mein Musical. Die Kinder werden angehalten, mich nur noch im äußersten Notfall zu stören. Sie sollen sich bitte ihr Essen allein warm machen und auch ihre nassen Handtücher selbst aufheben.
    Natürlich muss zuerst mal Siegfried kommen und mir eine professionelle Drehbuchsoftware installieren. Das herrliche Frühlingswetter hat selbst ihn dazu gebracht, auf seinen dunkelblauen Tuchmantel zu verzichten. Er trägt ein klein kariertes kurzärmeliges Hemd und eine einzelne rote Gerbera, die an einem dünnen Draht befestigt ist. Er überreicht sie mir mit den Worten: »Herzlichen Glückwunsch zum Vertrag! Du bist ja wirklich ein heller Kopf!«
    Dieses Wortspiel hätte ich ihm

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